Peter Klapprot

Yeshu und seine Geschichte


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blieb undurchdringlich, sein Lächeln dort schien gemalt wie auf diesen Bildern. Fragend blickte er von einem zum andern.

      „Ihr habt eine lange Reise unternommen, warum?“

      Noch schwiegen die Astrologen. Die wohlige Wärme nach dem Bad war ihnen in der Gegenwart dieses Mannes vergangen. Sie tranken von dem Tee mit Lavendel und Hibiscus.

      „Nun?“

      Die Katze öffnete ihre Augen. Ohne sich zu strecken, sprang sie davon.

      „Ihr habt recht. Viele Wochen waren wir unterwegs.“

      „Das macht man nicht ohne Nutzen. Habt ihr gefunden, was ihr gesucht habt?“

      „Verzeiht, wir haben nicht gesucht, wir haben gefunden.“

      „Also was habt ihr gefunden?“ Die Stimme wurde schärfer.

      „Ein Kind, ein goldenes Kind.“

      „Ein Götze?“

      „Nein, nicht aus Gold, ein lebendiges Kind.“

      „Was ist golden daran?“

      „Es ist so rein, so ungetrübt, so strahlend, dass man es nur mit Gold vergleichen kann.“

      „Man könnte es auch mit einem König vergleichen?“

      „Ihr sagt es.“

      Abrupt nahm Herodes eine andere Sitzhaltung ein und beugte sich vor.

      „Was nun? Erzählt die ganze Geschichte und lasst mich nicht dauernd fragen.“

      Ein anderer sprach weiter: „Wir studieren die Mineralien und die Pflanzen, um diese Welt zu verstehen und um die Not der Menschen zu lindern. Manchmal muss etwas ins Fließen gebracht werden und manchmal muss etwas, was zu sehr strömt, besänftigt werden. Doch oft ist das Schicksal der Menschen tragisch und alle Heilmittel versagen. Dann bleiben nur die Sterne, um die irdischen Geschicke zu deuten. Wer die Sterne zu lesen vermag, dem ist es manchmal erlaubt, in die Zeitläufte einzugreifen.“

      Das Gesicht des Königs verriet Spannung, vielleicht Wut. Er gab einen Laut von sich, einem Knurren glich.

      „Vor neun Monaten haben wir beobachtet, dass sich etwas verschiebt am Firmament. Wir warteten auf einen neuen Stern, aber zwei Sterne verschmolzen zu einem. Das war das Zeichen für uns, dass eine neue Zeit beginnt. Ihr sagt es ja selbst. Wir waren überrascht, denn wir erwarten das Neue aus dem Osten, aber dieser Doppelstern stand im Westen, wohin das Alte und die Toten gehen. So wussten wir von der Größe der Hoffnung und wir beschlossen aufzubrechen, das Wunder mit eigenen Augen zu sehen.“

      „Und dieses Wunder ist ein Kind“, warf der König ungeduldig ein.

      „Ja und nein.“

      Jetzt lachte der König hämisch.

      „Ja, wir fanden ein Kind. Wir rechneten damit, auf ein gewaltiges Heer zu treffen oder eine Flotte, die über das Meer fliegt und neue Länder unterwirft. Wir waren vorbereitet, ein Erdbeben zu erleben oder eine Feuersbrunst, dass sich eine Insel aus der Tiefe des Meeres erhebt. Wir glaubten auf unbekannte Völker mit wundersamen Sitten zu treffen. Aber wir fanden ein Kind.“

      Der König zuckte bloß mit den Schultern.

      „Wir waren verwundert, aber der Doppelstern, alle Orakel, alle Weissagungen, alle Träume wiesen auf dieses Kind“, fuhr der Dritte fort.

      „Warum waren wir Wochen gereist, um ein Kind zu finden? Wir hätten in Palmyra, woher wir stammen, hunderte finden können, in jedem Haus ein Neugeborenes. Aber da wurde uns klar, wir hatten die Strapazen der Reise auf uns nehmen müssen, um zu verstehen. Denn im Anblick des Nachbarkindes hätten wir es nicht erkannt, das Heilige, den Widerschein des Himmels. Im Anblick dieses Kindes wurden unsere irdischen Augen blind und unsere inneren Augen öffneten sich.

      Wir sahen einen goldenen Himmel, darin die Planeten ihre Bahnen zogen, ein jeder in seinem Klang. Wir sahen einen Garten, inmitten ein Baum. Niedere Tiere bildeten seine Wurzeln und verbanden ihn mit der Erde und saugten ihren Saft. Eine mächtige Schlange war sein Stamm, daraus wuchsen seine Äste, Vögel und Säuger. Die Insekten waren seine Zweige. Über und über blühte der Baum und das Licht Gottes leuchtete aus ihm. Eine Frau, ganz nackt, trat an ihn heran. Ihr Mann, auch ganz unverhüllt wie Gott ihn schuf, folgte ihr. Die Frau pflückte eine Frucht des Lebens von dem Baum und reichte sie ihm. Er nahm sie und da sah er, was er ohne sie nicht sehen konnte. Ein Regenbogen zerbarst und wir und der Mann standen im inneren Kreis.“

      „Da sahen wir die Welt, die uns geschaffen hat.“

      „Auf diese Art sind alle Kinder heilig und golden. Es blieb uns nur, die Häupter zu neigen und unsere Gaben darzubringen.“

      Herodes stand auf und verbeugte sich: „Auch ich möchte diesem Kinde huldigen! Wo kann ich es finden?“

      Kapitel 3

      Eine müde Sonne quälte sich über die Berge von Jericho. Das Gesicht von Herodes konnte sie nicht erwärmen. Finster blickte er in das milde Morgenlicht. Die Nacht hatte kaum Schlaf gebracht. Eine Tür in seinem Innern war aufgegangen, eine Tür, von der geglaubt hatte, dass es sie nicht mehr gäbe. Die Königswürde hatte seine Seele in eine Straßen mit festen Mauern rechts und links verwandelt.

      Jetzt war sie auf, die Tür und etwas war hinaus gekommen und griff nach ihm, dem König. Etwas Altes, etwas sehr Altes, etwas ohne Gesicht, ohne Hände. Es griff nicht nach ihm, es kam über ihn wie ein Nebel. Und er kam von hinten. Wie oft hatte er diesen Nebel schon beiseite gekämpft, wie oft der Sonne zum Durchbruch verholfen. Vergebens. Er fühlte sich schwer und kraftlos und allein, sehr allein. Schnell stand er auf und rief nach den Dienern. Sie sollten die Hohepriester bringen und zwar schnell.

      „Wo ist diese Missgeburt?“

      Herodes war außer sich. Wie ein eingesperrter Panther lief er im Thronsaal auf und ab.

      „Ein Kind ein Heiliger! – Wo kommen wir dahin. Heiligkeit, Ruhm, Ehre, das alles hat man sich zu erarbeiten. Ein Kind, ein goldenes, die Welt, die uns geschaffen hat. Ha! Meine Kinder sind die Frucht meines Leibes. Sie gehören mir. Ich kann mit ihnen verfügen, wie es mir beliebt. Wenn ich will, kann ich sie lieben. Aber ich kann sie auch weggeben. Ich brauche sowieso nur einen Nachfolger. Versteht ihr! Ich kann sie auch töten, meine Kinder. Das ist die Sitte bei allen Völkern. Kinder sind privat, mein Eigentum, niemand hat mir dareinzureden.

      Wenn ich diese Reden höre, der Widerschein des Himmels! Der Himmel ist weit weg. Kinder sind irdisch, sie sind aus Fleisch und Blut, aus meinem Blut. Niemand raubt sie mir, so wie mir niemand die Königswürde raubt.“

      Betreten blickten die Berater zu Boden. Nicht noch den Zorn des Despoten reizen.

      „Was nun?“, forderte Herodes herrisch. „Was ist nun mit diesem Kind? Gibt es Prophezeihungen?“

      „Ja, erhabene Hoheit, Jupiter und Saturn sind verschmolzen und haben die Zeit des Wandels angekündigt.“

      „Wandel, ja sicher gibt es Wandel. Ich bringe dieser Provinz den Wandel. Ich bin der Wandel. Was ist mit diesem Kind?“

      „Ja, es heißt in den alten Schriften, dass ein Stern über dem Hause Jakobs aufgehen wird...“

      „Ein Stern aufgehen? Verschmelzen ist nicht aufgehen!“

      „Jupiter ist der Stern der Könige und Saturn ist der Stern des Volkes Israel. Wenn die beiden verschmelzen, ist das das Zeichen, dass ein Kind geboren wird, dem der Thron gegeben wird und dass es auf ewig herrschen wird.“

      „Ein Kind kann kein König sein“, warf Herodes trotzig ein.

      „Die Menschen werden sich um einen neuen König scharen, heißt es.“

      „Aber der neue König, der bin doch ich! Die Menschen werden sich um mich scharen. Sie werden mich lieben, sie werden es lernen. – Das Kind, das Kind?“

      „Es