Karin Kehrer

Diener des Feuers


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meinte mit einer Spur Belustigung in seiner Stimme: „Vielleicht sollte ich mich mit Lalana zusammentun, was denkst du? Ich habe gemerkt, dass sie Interesse an mir hat.“

      Xarga fuhr erschrocken auf. „Du wirst nicht wagen, das zu tun. Das wäre dein Untergang!“

      Er lachte leise über ihre Reaktion. Nicht, dass er ernsthaft daran dachte, die schöne Wassermagierin für sich zu gewinnen. Er fühlte sich ihr nicht ebenbürtig.

      „Ich muss sie finden“, murmelte er, mehr zu sich selbst.

      Sie sah ihn fragend an. „Was meinst du damit?“

      „Meine fehlende Hälfte“, erklärte er. „Neerma ist es leider nicht, das habe ich gemerkt, als ich sie geküsst habe.“

      Xarga zog die Augenbrauen hoch. „Du glaubst also noch immer an diesen Unsinn von der wahren Liebe und dem Gleichklang der Seelenmelodien, den dir Sel Dragmon eingeimpft hat “, stellte sie ungerührt fest.

      „Es ist kein Unsinn“, fuhr er auf. „Ich weiß, dass es sie gibt. Ich habe sie nur noch nicht gefunden. Sie ist für mich noch nicht erreichbar. Es geht mir wie mit meiner Arbeit. Ich trete auf der Stelle, drehe mich im Kreis, verliere kostbare Zeit.“

      Die Erdmagierin sah ihn fragend an. „Suchst du jetzt mehr nach deiner fehlenden Hälfte oder nach der Lösung deines anderen Problems?“

      Er lachte bitter. „Langsam weiß ich es selbst nicht mehr. Ich glaube, ich werde noch verrückt, wenn ich nicht bald Erfolg habe.“ Yal sagte nicht, wobei.

      Mit einem Ruck erhob er sich. „Ich werde mich wohl wieder an meine Arbeit machen. Ich danke dir für deine Gastfreundschaft.“

      Xarga nickte. „Komm gut heim, mein Junge.“

      Ein Lächeln flog über sein Gesicht. Er hob grüßend seine Hand und ging, so sacht und leise, wie er gekommen war. Sein langer, schwarzer Umhang wehte zur Tür hinaus.

      Kapitel 7

      „Du siehst nicht besonders gut aus.“ Linda musterte sie mit sorgenvoller Miene. Catherine zuckte zusammen. Ihre Freundin nahm sich selten ein Blatt vor den Mund.

      „Warum um alles in der Welt hast du dein Haar abschneiden lassen? Es war so schön. Du weißt, dass ich dich immer darum beneidet habe.“

      Catherine nickte. Sie warf einen flüchtigen Blick auf die raspelkurze Frisur ihrer Freundin. Sie hatte schon wieder die Haarfarbe gewechselt. Catherine konnte sich nicht mehr daran erinnern, welche Farbe das Haar Lindas wirklich hatte. Diesmal war es ein warmes Kastanienbraun. Es stand ihr gut, machte sie jünger. Und das sagte sie ihr auch.

      Linda lachte, ihre braunen Augen strahlten. Doch schlagartig wurde sie wieder ernst.

      „Was ist nur los mit dir? Ich weiß, dass alles furchtbar schlimm für dich war und wir haben uns alle wirklich bemüht, dir zu helfen. Aber es ist jetzt beinahe ein Jahr her. Du solltest endlich wieder zum normalen Alltag zurückkehren. Ich wollte dir ein paar Tage Ruhe gönnen, nachdem du mich angerufen hattest, weil ich dachte, wenn du einmal einen Tapetenwechsel hast, würde dich das aufmuntern. Es ist mir schwer genug gefallen, nicht alles liegen und stehen zu lassen, um dich abzuholen. Das war eine ziemlich verrückte Idee – so alleine loszufahren. Wir haben uns alle große Sorgen gemacht.“ Sie zog an ihrer Zigarette und warf ihr einen forschenden Blick zu.

      Catherine rührte in ihrer Teetasse, beobachtete die braune Flüssigkeit, wie sie die Wand der Tasse benetzte, wieder zurückschwappte und einen leichten Rand auf dem weißen Porzellan zurückließ. Sie schwieg, wusste nicht, wie sie es Linda erklären sollte. Es hatte keinen Sinn. Es war ein Versuch gewesen, vor allem wegzulaufen. Eine kopflose, sinnlose Flucht. Die schrecklichen Bilder ließen sich nicht verbannen, folgten ihr überall und immer auf Schritt und Tritt, waren eingebrannt in ihr Gehirn. Auf ewig.

      Gerade erst, bevor sie sich mit Linda in dem kleinen Restaurant in der Nähe von Merlin’s Cave traf, war ihr die Auslage eines kleinen Spielzeugladens aufgefallen. Darin saß eine Puppe, so eine, wie Sarah sie gehabt hatte. Eine von diesen Babypuppen, die alle möglichen Geräusche von sich geben, wenn man auf ihren Bauch drückt. Sarah hatte sie im Arm gehalten, als sie starb.

      Catherine hatte diese heiße Welle gespürt, wie immer, wenn die Erinnerung mit aller Macht an die Oberfläche drängte. Sie hatte sich abgewandt und war rasch weitergegangen. In Zukunft würde sie um dieses Geschäft einen großen Bogen machen.

      „Hast du schon eine Ahnung, was du machen wirst?“, fragte Linda leise in ihre Gedanken.

      Catherine schüttelte den Kopf.

      „Du solltest dir so bald wie möglich einen Job suchen. Das lenkt dich vielleicht ein wenig ab.“ Linda legte die Hand auf ihren Arm und streichelte ihn.

      Catherine lächelte müde. „Was soll ich schon tun? Du weißt, ich habe mein Studium nicht beendet. Ich kann nichts. Niemand wird mich nehmen wollen.“

      „Du hast doch immer diese reizenden kleinen Artikel geschrieben, bevor …“ Linda brach ab.

      Catherine wedelte ungeduldig mit der Hand. „Ich kann nicht schreiben. Nicht eine Zeile. Es ist, als wäre mein Gehirn blockiert. Mir fällt einfach nichts ein.“

      Linda seufzte. „Weißt du, ich mache mir wirklich große Sorgen um dich.“ Aber ihr Blick war dabei nicht auf Catherine gerichtet. Etwas hatte sie abgelenkt. Ein Mann war soeben gekommen und steuerte auf den einzigen freien Tisch in ihrer Nähe zu.

      Catherine folgte ihrem Blick und erstarrte. Er sah aus wie Paul. Diese lässige Bewegung, mit der er sich setzte, breite Schultern, kurz geschnittenes, dunkles Haar, goldumrandete Brille. Sie zwinkerte mit den Augen. Der Mann lächelte, sie hatte ihn wohl ziemlich auffällig angestarrt. Es war natürlich nicht Paul – Paul war tot.

      Er lächelte wieder, diesmal fragend, und sie senkte verlegen den Kopf.

      Linda grinste. „Gefällt er dir? Er sieht toll aus, nicht?“

      Catherine schüttelte den Kopf. „Ich dachte, es wäre Paul“, sagte sie tonlos.

      Linda starrte sie entgeistert an. „Du spinnst. Du musst wohl echt aufpassen, dass du nicht wieder in der Psychiatrie landest, wenn du so weitermachst.“ Es war nicht besonders nett, was sie da sagte. Catherine spürte die Ungeduld in der Stimme ihrer Freundin. Das Verständnis für ihre Lage würde wohl bald erschöpft sein.

      Catherine schluckte hart. Aber sie weinte nicht, hatte keine Tränen mehr. Ihre Hand krampfte sich um die Tasche. „Ich möchte gehen“, sagte sie kurz. Linda nickte und winkte dem Kellner, um die Rechnung zu bezahlen.

      Catherine fühlte die Blicke des Mannes vom Nebentisch auf ihr ruhen, als sie aufstanden und auf die Straße traten. Doch sie sah sich nicht um.

      Linda hakte sich bei ihr unter. „Möchtest du noch etwas unternehmen?“ Ihre Freundin bemühte sich sichtlich um einen versöhnlicheren Ton.

      Catherine schüttelte den Kopf. „Ich bin müde.“

      Linda war bestimmt enttäuscht. Ihre Freundin hatte sich extra das Wochenende frei genommen, um sie zu besuchen.

      Linda lächelte ein wenig verkrampft. „Weißt du was? Wir werden einfach gemütlich durch die Straßen spazieren und dann eine Kleinigkeit essen. Danach kannst du dich immer noch ausruhen. Und ich werde mich ins Nachtleben stürzen!“

      Catherine lächelte zurück. „Gut, wenn du meinst. Es gibt hier allerdings nicht viel Zerstreuung. Im King Arthur’s Castle Hotel tritt eine Folkband auf.“

      Linda verdrehte die Augen. „Gott bewahre mich davor! Hier wird man auf Schritt und Tritt von diesem King Arthur-Getue verfolgt. Außerdem hasse ich Folkmusik!“

      *****

      Yal fluchte, als ihn eisige Kälte in seinem Haus empfing. Dieser dumme Gnom hatte wieder einmal vergessen, auf das Feuer zu achten!

      „Irko!“,