Ingeborg Schob

Studenten haben gefragt - Zeitzeugin erzählt


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gegenüber dem Führer Adolf Hitler:„Schenkt dem Führer ein Kind",denn dafür seien sie wie geschaffen. Dazu redete und erklärte er sehr viel. Für mich klang das verwirrend, und ich konnte das Ganze überhaupt nicht verstehen, wusste ich doch von zu Hause, dass nur verheiratete Leute Kinder bekommen können.Oft wurden wir Jungmädchen zu den unterschiedlichsten Zeiten aufgefordert, Dienst zu machen und mussten bereits sonntags schon um acht Uhr auf dem Schulhof der Pesta antreten. Wir marschierten im Anschluss singend mit dem Lied: "Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun sind auch wir…" und anderen Liedern, durch die Stadt. Ein Mal mussten wir im Schweigemarsch zum Bürgermeister-Smidt-Platz in der Nähe des Stadttheaters marschieren. Dort stellten wir uns auf und mussten Hetzlieder gegen die Juden singen. Die Texte möchte ich nicht zitieren. Ich erinnere mich, dass die Leute, die notgedrungen an uns vorbeigingen, alle den Blick von uns abwandten oder den Kopf senkten. Irgendwann im Jahr 1943 wurde plötzlich von uns verlangt, dass alle aktiven HJ-Mädchen ihren Ariernachweis schreiben sollten. Ich bekam den Befehl, in die große Holzbaracke des Bann zu kommen, die an der Uferstraße westlich der Geeste lag. Dort befand sich die Führung der Hitler-Jugend für Wesermünde. Mitzubringen waren Schreibpapier, Federhalter und Skriptol, so hieß die besondere Dokumenten-Tinte, und natürlich auch die beurkundeten Nachweise unserer Abstammung. Stillschweigend, aber äußerst verärgert, rückte meine Mutter das Geld heraus, damit ich Skriptol kaufen konnte. Jedes Mädchen aus meiner Gruppe musste fein säuberlich seine Herkunft dokumentieren, obwohl das bereits schon ein oder zwei Jahre vorher durch die NSDAP von meinen Eltern und von allen anderen Einwohnern verlangt worden war.Damals herrschte große Aufregung. Es begann eine unglaubliche Reisewelle, denn es mussten die Orte aufgesucht werden, in der die Vorfahren der Eltern geboren worden waren. Die Kirchen hatten Hochkonjunktur und gute Einnahmen. Kirchenbücher wurden gewälzt, um nach den notwendigen Herkunftsnachweisen zu forschen. Diese wurden von den beauftragten Kirchenleuten an Ort und Stelle beurkundet. Dieser Ariernachweis kostete viel Zeit und Geld und sorgte für erheblichen Unmut in der Bevölkerung. Auch in anderer Hinsicht veränderte sich vieles. Man gewann den Eindruck, dass die politische Führung die Zügel noch straffer in der Hand hielt als schon zuvor. Der Dienst bei der Hitlerjugend wurde jetzt noch genauer genommen.Oft stand eine Abordnung des Jungvolks bei uns vor der Wohnungstür und verlangte drohend die Teilnahme unserer Jungs am Dienst. Mutter sagte dann nur ganz plietsch, dass das nicht ginge, denn die seien zurzeit im Ernteeinsatz. In Wirklichkeit waren meine Brüder in Langen, um dort die Kaninchen zu versorgen. So zeigte unsere Mutter auf ihre Art ihren Unmut gegen das Regime. Eigentlich war es eine äußerst unangenehme Pflicht für die Jungs, täglich nach Langen fahren zu müssen um die Tiere zu füttern. Die Kaninchen mussten auch immer saubere Ställe haben. Bei etwa fünfzig Tieren brauchte es viel Zeit, sie ordentlich zu versorgen. Als Grünfutter mussten Schweinedistel und Löwenzahn gesucht werden. Das Futter durfte auch nicht feucht sein, damit die Tiere keinen Bläh-Bauch bekamen, das war bei Regen gar nicht so einfach. Im Winter bekamen die Tiere Heu, und darüber hinaus wurden Kartoffelschalen gekocht, damit sie in der Nacht davon fressen konnten. Das Kochen der Kartoffelschalen stank so scheußlich, dass die Jungs oft sagten: ,,Wir machen drei Kreuze, wenn das eines Tages vorbei ist." Die eigentliche Gartenarbeit nahm nicht soviel Zeit in Anspruch, weil diese jahreszeitlich unterschiedlich stark anfiel. Aber die Jungs wurden gar nicht gefragt, ob sie lieber etwas anderes hätten tun mögen. Diese Arbeit gehörte nun einmal zur Tagesordnung und musste erledigt werden. Da kannte unsere Mutter kein Pardon. Einmal musste ich einen ganz besonderen HJ-Dienst mitmachen: Es wurde eine Luftschutzübung angeordnet. Dazu mussten wir Jungmädchen uns auf einer großen Straßen-Kreuzung treffen, die in unmittelbarer Nähe des St.-Joseph-Hospitals lag. Man hatte verschiedene Feind-Brandbomben aufgebaut. Diese wurden vorgeführt, und es wurde erklärt, wie sie wirkten, auch wie man sie gefahrlos anfassen und wenn nötig, schnell aus dem Haus werfen konnte. Wir wurden besonders vor Phosphor-Bomben gewarnt, da man sich gegen diese nicht schützen kann. Diese Aktion war zwar lehrreich, aber hinterließ ein flaues Gefühl in meinem Bauch. Ich machte mir darüber Gedanken, ob in dem Mehrfamilienhaus, das wir bewohnten, die angeordneten Sicherheitsmaßnahmen im Ernstfall ausreichen würden. Auf jeder Etage zwischen den sich gegenüber liegenden Wohnungseingängen befand sich jeweils ein Eimer voll Sand und ein anderer voll Wasser. Daneben standen eine Schaufel und eine Feuerpatsche für Notfälle. So war es von der NSDAP angeordnet worden, und der Luftschutz-Wart des Hauses war dafür verantwortlich, dass alles komplett war. Man konnte nie wissen, was in der nächsten Stunde passieren würde. Wichtig war es für den Ernstfall, gut ausgerüstet zu sein. Nicht nur wir, sondern alle Menschen in der Stadt, hatten sich mit dieser Situation arrangiert. Wir waren tagtäglich durch eventuelle Angriffe alliierter Bomber bedroht und mussten uns damit abfinden, ja damit leben. Wir trotzten dieser Bedrohung, indem wir direkte Angst nicht zuließen, aber sehr wachsam waren und äußerlich anscheinend unbekümmert den alltäglichen Aufgaben nachgingen.Eines Abends erschien ein Schupo bei uns an der Wohnungstür und beanstandete rüde die kaputten Rollos im Wohnzimmer, weil dadurch Licht auf die Straße fiel. Wir konnten weder neue Rollos kaufen, noch konnten wir Material bekommen, um die verdammten Dinger zu reparieren. Lange Zeit suchten wir vergeblich nach Ersatz. Solange der Schaden nicht behoben war, vermieden wir es, abends Licht einzuschalten um keinen weiteren Ärger zu bekommen.

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