Alfred Bekker

Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018


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und ein zweites Mal, diesmal auf Aziz' Frau - feuerte.

      Sie bekam eine Kugel in den Leib und dann eine eine zweite in die Brust. Mit einem unterdrückten Stöhnen sank sie in sich zusammen, während Elsa zitternd zur Seite wich.

      Sie begegnete den ruhigen, dunklen Augen des Schwarzbarts und blickte ihn einige Augenblicke lang einfach nur verständnislos an.

      Dabei wagte sie es nicht, sich zu rühren. Sie sah die Waffe und dachte: wenn er mich jetzt töten will, gäbe es nichts, was ich dagegen tun könnte!

      Sie schluckte. Sie fühlte die Furcht und das Grauen kalt in sich emporkriechen, aber gleichzeitig war sie selbst erstaunt, wie ruhig sie in diesem Moment war.

      Der Schwarzbart hatte seine Waffe noch immer nicht gesenkt. Er stand einfach da und musterte sie.

      „Warum?“, fragte Elsa.

      „Es war notwendig.“

      „Das ist nicht wahr!“

      „Sie hätten überleben können, wenn Sie es geschafft hätten, die beiden davon zu überzeugen, dass es besser ist, anderswo nach diesem Araber zu suchen!“

      „Warum machen Sie es nicht komplett!“, meinte Elsa trotzig, während sie spürte, wie ihr Tränen des Zorns in die Augen traten. „Bitte! Warum schießen Sie mich nicht auch über den Haufen?“

      In die Furcht, die sie empfand, mischte sich nun auch eine deutliche Portion Hass. Und ein wenig davon hatte sogar in ihren Worten mitgeschwungen.

      Der Schwarzbart bewegte den Lauf seiner Pistole hin und her.

      „Kommen Sie rein“, brummte er. „Und machen Sie keinen Ärger!“ Der Narbige kam herbei und machte sich daran, die Leichen ins Haus zu befördern. Elsa bekam den Befehl, ihm dabei zu helfen.

      „Nicht in den Flur!“, meinte der Schwarzbart. „Steiner muss nicht gleich unsere Visitenkarte vorfinden, wenn er zurückkommt!“

      Sie legten sie in eine Abstellkammer. Danach versuchte der Narbige, so gut es ging die Blutflecken zu entfernen.

      Währenddessen arbeitete es in Elsas Kopf fieberhaft. Sie musste eine Möglichkeit finden, von hier zu entkommen, bevor die beiden Killer sie nicht mehr brauchten. Denn genau in dem Augenblick, würden sie sie töten.

      Noch war das nicht der Fall. Noch konnte jeden Moment das Telefon klingeln. Und wenn Robert sich meldete, dann brauchten sie an der Leitung eine Stimme, die keinen Verdacht erregte und ihn glauben ließ, alles sei in Ordnung und er könne gefahrlos zurückkehren.

      Es musste einen Weg geben! Wenn ihr die Flucht gelang, dann würde sie nicht nur ihr eigenes Leben retten, sondern vermutlich auch das von Robert.

      Robert... Immer wieder hatte sie sich gefragt, ob das, was sie über ihn erfahren hatte, ihre Gefühle geändert hatte. Sie war sich nicht sicher.

      Aber wahrscheinlich war der Teil in ihr, der ihn nach wie vor liebte, stärker - selbst unter der Voraussetzung, dass jedes Wort von dem, was diese beiden Männer ihr gesagt hatten, stimmte.

      Seltsam, dachte sie. Ich habe immer gedacht, es sei unmöglich, jemanden zu lieben, der sein Geld mit Mord verdiente.

      Elsa versuchte, sich in Gedanken Entschuldigungen zurechtzulegen. Entschuldigungen für Robert. Aber sie fand nichts.

      Und wahrscheinlich gab es auch gar nichts. Aber an diese Möglichkeit mochte sie nicht denken. Ihr Glaube an ihn war derart fest, dass sie selbst darüber erschrak.

      „Ich möchte mich duschen“, sagte Elsa an den Schwarzbart gewandt. „Seit Sie hier sind, hatte ich noch keine Gelegenheit mehr, mich zu waschen.“

      Der Schwarzbart zuckte mit den Schultern.

      „Tun Sie das. Aber Sie müssen warten, bis mein Freund mit der Entfernung der Blutflecken fertig ist. Er wird auf Sie aufpassen.“

      „Haben Sie so große Angst davor, dass ich weglaufen könnte?“

      „Wir müssen auf Nummer sicher gehen.“

      „Das Bad ist oben. Sollte ich vielleicht aus dem Obergeschoss springen?“

      Der Schwarzbart verzog den Mund zu der Ahnung eines Lächelns.

      „Sie könnten versuchen, die Regenrinne hinunterzuklettern“, erklärte er dann kühl und ungerührt. Elsa schluckte.

      Der Schwarzbart blickte sie mit seinen dunklen, ruhigen Augen an, und es schien ihr in diesem Moment, als würde er bis in ihr tiefstes Inneres hineinblicken.

      Er hatte ins Schwarze getroffen. Genau daran hatte Elsa gedacht: an die Regenrinne und die Rohrleitung, die von ihr hinunterführte. An den metallenen Halterungen hätte sie sich festhalten können. Und da sie nicht besonders schwer war, hätte sie darauf vertrauen können, dass sie nicht aus der Wand herausbrachen und sie in die Tiefe stürzen ließen.

      In diesem Augenblick kam der Narbige zurück.

      Er sagte etwas auf Italienisch, und der Schwarzbart gab eine knappe Erwiderung. Dann begleitete der Narbige sie hinauf.

      Es war trotzdem angenehm, sich zu duschen - auch wenn der Narbige dabei nicht von ihre Seite wich. Es hätte nur noch gefehlt, dass er sie sogar in die Duschkabine begleitete!

      Während sie sich auszog, stand er da und musterte sie kühl. Im ersten Moment hatte sie die Befürchtung, dass ihn das auf die Idee bringen konnte, sein Vergnügen bei ihr zu suchen. Aber sie erkannte bald, dass in dieser Richtung kaum eine Gefahr bestand.

      Diese Männer waren keine Vergewaltiger, keine unbeherrschten Triebtäter. Sie waren eiskalt, und das Töten schien ihnen nicht das Geringste auszumachen.

      Allerdings hatten sie auch kein krankhaftes Vergnügen daran. In ihrer Handlungsweise lag eine absolut opportunistische Logik - kein Hass, keines der Gefühle, an die man für gewöhnlich zuerst denkt, wenn es um Mord geht.

      Sie machten ihre Arbeit. Und sie glaubten an die Gewalt, als ein wirkungsvolles Mittel, bei dessen Einsatz sie nicht den geringsten Skrupel kannten.

      Elsa zog sich wieder an.

      Der Narbige beachtete sie kaum. Er stand da und spielte mit seiner Pistole herum.

      Nachdem Elsa sich die Haare geföhnt hatte, gingen sie wieder hinunter. Dann klingelte plötzlich das Telefon.

      Der Schwarzbart bedeutete Elsa, den Hörer abzunehmen, und sie gehorchte. Es war Robert. Er käme übermorgen, sagte er. Und er müsse schnell Schluss machen, weil er kein passendes Kleingeld mehr habe.

      Als Elsa den Hörer eingehängt hatte, fluchte der Schwarzbart laut vor sich hin.

      „Übermorgen...“, murmelte er. „Bis dahin wird uns die Verwandtschaft dieses Gärtners die Türen einrennen!“ Er wandte sich an den Narbigen und sagte etwas auf Italienisch zu ihm.

      Elsa verstand kein Wort, aber sie konnte sich denken, was es bedeutete, denn gleich darauf machte sich der Narbige auf den Weg, das Auto wegzufahren, mit dem Aziz' Frau und sein Cousin gekommen waren.

      „Während Sie sich Ihrer Körperpflege gewidmet haben, habe ich die Vorräte in der Küche etwas genauer unter die Lupe genommen. Es ist nicht mehr allzuviel da.“

      „Wollen Sie mir das zum Vorwurf machen? Schließlich habe ich Sie nicht eingeladen.“

      „Schon gut, schon gut!“

      Es dauerte eine ganze Weile, bis der Narbige zurückkehrte. Elsa vermutete, dass er den Wagen ein Stück die Straße entlanggefahren war, um ihn dann irgendeinen Steilhang hinunterzustürzen. Dann war er wohl zu Fuß zurückgekehrt; jedenfalls schloss Elsa das daraus, dass er sich nach seiner Rückkehr den linken Schuh auszog, um eine Blase zu behandeln. Aziz' Wagen hatte der Narbige einfach in die Garage gestellt. Dort würde er nicht mehr auffallen.

      Die nächsten Stunden flossen ziemlich zäh dahin. Der Narbige