Alfred Bekker

Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018


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lächelte dünn.

      „Wenn er mir schmeckt, dann wäre das keine schlechte Voraussetzung!“ Dann wurde sein Gesicht wieder ernst. Er zuckte mit den Schultern; eine Geste, die locker wirken sollte - in Wahrheit aber wohl Verlegenheit verriet. „Es macht mir keine Freude, Sie oder jemand anderen umzubringen. Ich habe aber andererseits keinerlei Skrupel...“

      „Das haben Sie ja bereits unter Beweis gestellt“, versetzte Elsa bitter. Sie dachte an den toten Aziz.

      „Sie reden, als wüssten Sie wirklich kaum etwas über Steiner - Robert...“

      „Was wollen Sie damit sagen?“

      „Vielleicht sollte ich Ihnen ein paar Dinge über Ihren Freund erzählen... Und vielleicht denken Sie dann nicht mehr ganz so schlecht von uns...“

      Elsa sah auf und musterte ihn nachdenklich. Was konnte der Schwarzbart damit meinen?

      Sein Mund wurde breiter. Er hatte ihre Verwirrung bemerkt und schien sie regelrecht ein wenig zu genießen. „Ihr Freund ist ein Killer“, sagte er dann so sachlich und kühl, wie man so etwas nur sagen kann. „Er verdient sein Geld damit, für Geld Menschen umzubringen, die irgendwem im Wege sind.“

      „Das glaube ich nicht!“

      „Es entspricht der Wahrheit. Sie können es mir glauben oder auch nicht. Das ist mir letztlich völlig gleichgültig.“ Er machte eine unbestimmte Bewegung mit der Hand. „Ihr Freund ist letztlich eine Art Kollege von uns!“

      Sie sah ihn an. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie wirkte fassungslos und schüttelte leicht den Kopf. Es dauerte einen Moment, bis sie bemerkte, dass ihre Hände zitterten.

      „Sie lügen“, sagte Elsa dann leise.

      Der Schwarzbart zuckte mit den Schultern. Er sah sie mit seinen dunklen Augen nachdenklich an.

      „Lieben Sie ihn?“, fragte er.

      „Was geht Sie das an?“

      „Nichts.“

      „Was soll die Frage dann?“

      „Ich will nur darauf hinaus, dass Steiner für Sie wohl so etwas wie ein blinder Fleck ist! Wahrscheinlich würden Sie mir noch nicht einmal glauben, wenn ich eine Liste seiner Opfer samt den jeweiligen Beweisen vor Ihnen ausbreiten würde...“

      Elsa antwortete nicht. Sie wandte ein wenig den Kopf zur Seite. Das Telefon klingelte.

      Die Augen des Schwarzbartes verwandelten sich in schmale Schlitze, und nur einen Sekundenbruchteil später blickte Elsa bereits wieder in die blanke Mündung seines Revolvers, den er blitzartig hochgerissen hatte. Elsa war wie erstarrt. Sie wagte keine Bewegung. Es klingelte ein zweites und ein drittes Mal.

      „Ist das – Robert?“, fragte der Schwarzbart.

      „Ich weiß es nicht.“

      Der Schwarzbart atmete tief durch.

      „Wer könnte es sonst sein? Haben Sie Bekannte hier in Marokko?“

      „Nein.“

      „Gehen Sie, und nehmen Sie den Hörer ab.“

      Elsa rührte sich zunächst nicht. Sie schluckte. Der Schwarzbart lächelte.

      „Sie wissen doch, was Sie zu sagen haben nicht wahr - ich meine, falls es Robert ist!“

      Sie nickte. „Ja.“

      „Fragen Sie ihn, wann er zurückkommt. Haben Sie verstanden?“

      „Ja, ich habe verstanden.“

      „Der geringste Fehler - und Sie sind tot! Ihr Leben bedeutet uns nichts. Denken Sie immer daran.“

      „Ich denke an nichts anderes, seit Sie hier eingedrungen sind!“

      „Das ist gut so. Und nun gehen Sie!“

      Der Schwarzbart bewegte den Lauf seiner Pistole. Als Elsa nicht sofort reagierte, packte er sie am Arm und schob sie vor sich her.

      Einen Augenblick später standen sie am Telefon. Elsa nahm den Hörer ab. Der Schwarzbart stand neben ihr und horchte mit ihr an der Muschel.

      „Hallo?“

      Elsa spürte ihren Puls schlagen. Und dann hörte sie eine Stimme, die ihr eigentlich so vertraut war und ihr in diesem Moment doch so fremd vorkam.

      Es war Robert.

      Robert Jensen. Oder Steiner. Oder irgend jemand anderes. Was weiß ich schon über diesen Mann?, dachte sie.

      „Ist alles in Ordnung, Elsa?“

      „Ja, sicher... Was sollte denn nicht in Ordnung sein?“

      „War nur eine Frage.“

      „Wo bist du jetzt?“

      „Paris. Wird noch ein bisschen dauern.“

      „Schade.“

      „Ist leider nicht zu ändern, Elsa. Ich komme morgen oder übermorgen. Vorher rufe ich aber noch an.“

      „Robert...“

      „Ja?“

      Elsa versuchte den Kloß herunterzuschlucken, der ihr auf einmal im Hals zu stecken schien.

      „Robert, ich liebe dich.“

      Eine kurze Pause folgte. Elsa sah in das Gesicht des Schwarzbarts, der nur wenige Zentimeter neben ihr stand. In seinen Augen blitzte es. Es war keine Kunst, in diesem Augenblick seine Gedanken zu lesen.

      Irgend etwas schien Robert misstrauisch gemacht zu haben. Es konnte alles mögliche sein, was nicht gestimmt hatte. Vielleicht der Tonfall in Elsas Stimme, vielleicht ein Geräusch aus dem Hintergrund, das nicht passte.

      Elsa schluckte.

      Im Gesicht des Schwarzbarts zuckte ein Muskel.

      Vielleicht zwei, vielleicht auch drei Sekunden waren vergangen, dann kam das, worauf sie beide - der Schwarzbart und Elsa - aus unterschiedlichen Gründen warteten.

      „Ich liebe dich auch, Elsa“, sagte Robert.

      Elsa suchte nach einem Zeichen in seinem Tonfall, einem Zeichen dafür, dass er etwas bemerkt hatte. Aber was sollte er schon bemerkt haben?

      Es ist eine Illusion, darauf zu hoffen, sagte sie sich selbst. Eine verdammte Illusion... Aber an irgendetwas musste sie sich schließlich klammern - und warum nicht daran?

      Es war letztlich nicht weniger vielversprechend, als auf das Wohlwollen dieser Männer zu vertrauen.

      „Ich muss jetzt Schluss machen“, hörte sie wie in Trance Roberts Stimme an ihrem Ohr.

      „Mach's gut.“

      „Du auch.“

      Robert legte auf.

      Der Schwarzbart nahm Elsa den Hörer aus der Hand und hängte ihn ein. Sie sah ihm an, dass er nicht zufrieden mit ihr war. Er blickte sie mit zusammengekniffenen Augen an. Der Narbige stand etwas abseits, und Elsa war froh darüber. Er hätte sie vermutlich geschlagen. Der Schwarzbart schien weniger roh zu sein.

      „Ich habe alles gemacht, wie Sie gesagt haben,“ sagte Elsa unsicher.

      Der Schwarzbart nickte.

      „Ja. Ich hoffe, dass er nichts gemerkt hat.“

      „Hat er nicht.“

      „Woher wollen Sie das so genau wissen? Einen Moment lang dachte ich...“

      „Ich weiß es eben!“

      Der Schwarzbart zuckte mit den Schultern.

      „Na gut. Was glauben Sie, was passiert, wenn er doch Verdacht geschöpft hat?“

      „Ich