Alfred Bekker

Juwelen, Mörder, Tote - Sechs Extra Krimis Juni 2018


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zeigte ein dünnes Lächeln.

      „Kann schon sein...“

      Robert blickte sich um. Das Innere des Ladens glich einem einzigen Chaos. Ein Judo-Anzug hing von der Decke herab. Robert sah ein paar alte Röhren-Radios neben einem hochmodernen CD-Player, der fast wie neu aussah. In einer Glasvitrine hatte Bernard sogar Armbanduhren und Schmuck. Selbst ein paar Eheringe waren darunter.

      Bernard, der bemerkt hatte, dass Roberts Blick an der Glasvitrine hängengeblieben war, meinte mit einem schelmischen Grinsen: „Interesse?“

      „Heiße Ware?“

      „Für wen hältst du mich!“

      „Ich denke nicht, dass ich mich in dir täusche, Bernard!“

      Der Mann hinter dem Tresen machte eine hilflose Geste und zuckte mit den Schultern.

      „Woher soll ich wissen, woher die Sachen kommen, die mir angeboten werden?“

      Robert musste unwillkürlich lachen.

      „Ich schätze, du hast auch noch nie jemanden danach gefragt, oder?“

      „Hätte das denn irgendeinen Sinn?“

      Bernard kam hinter dem Tresen hervor und trat nahe an Robert heran.

      „Was hast du auf dem Herzen?“

      Robert ließ noch einmal den Blick umherschweifen, so als suchte er etwas. Eine Spur von Misstrauen stand in seinem Gesicht.

      „Alles wie gehabt, Bernard?“

      „Alles wie gehabt!“

      Robert zog einen Zettel aus seiner Jackentasche und reichte ihn Bernard.

      „Lies dir die Sache durch und sag mir, ob du die Sachen besorgen kannst!“

      Bernard trat hinter den Tresen zurück und holte aus irgendeiner der unzähligen Schubladen eine Lesebrille hervor, deren Bügel er sich hinter die Ohren klemmte. Er überflog kurz die Liste und hielt sie dabei ins Licht. Dann hob er den Blick und nickte.

      „Ich denke, das wird gehen.“

      „In drei Tagen komme ich wieder nach Paris.“

      „Das wird knapp.“

      „Ja oder nein?“

      Bernard zögerte.

      „Ja, aber es hat seinen Preis.“

      8

      Elsa saß im Wohnzimmer und las in einer Zeitung. Die Glastür zur Terrasse stand offen. Von draußen war das Knattern eines Rasenmähers zu hören, den Aziz auf der Grünfläche umherschob.

      Als Elsa dann für einen Moment aufblickte, sah sie etwas schier Unglaubliches, etwas, das ihr den Atem zu rauben drohte.

      Aziz ließ den Rasenmäher los, seine Augen waren vor Schreck geweitet. Dann bildete sich auf seiner Stirn ein roter Punkt, der rasch größer wurde. Ein Ruck ging durch seinen Körper. Er wurde nach unten gerissen und blieb der Länge nach im Gras liegen. Der Marokkaner rührte sich nicht mehr.

      Das alles ging sehr schnell, zu schnell um noch irgend etwas unternehmen zu können. Und vor allem geschah es lautlos.

      Elsa sprang auf.

      Hinter der Hausecke tauchte jetzt ein dunkel gekleideter Mann auf, in dessen rechter Hand sich eine automatische Pistole mit Schalldämpfer befand.

      Und dann tauchte noch ein zweiter auf, ebenfalls mit einer Schalldämpfer-Pistole ausgerüstet. Die beiden stürmten am Pool vorbei auf die Terrassentür zu.

      Eine Schrecksekunde lang stand Elsa wie gelähmt da. Dann schnellte sie rückwärts, in Richtung Haustür. Als sie durch den Flur kam, riss sie im Vorbeilaufen den Schlüssel des Landrovers vom Haken.

      Sie hatte den Wagen vor der Tür abgestellt. Wenn sie großes Glück hatte, konnte sie es vielleicht bis dorthin schaffen und mit dem Landrover flüchten.

      Als sie die Haustür aufriss, wirbelte sie kurz herum und blickte in ein hartes, narbiges Gesicht. Sie musste unwillkürlich schlucken.

      In den Augen ihres Gegenübers sah sie ihren Tod. Warum nur?, dachte sie verzweifelt. Was wollten diese Männer von ihr? Was suchten sie hier?

      Die Pistole mit dem Schalldämpfer schnellte hoch. Der Killer legte nur kurz an und feuerte, aber Elsa hatte sich rechtzeitig aus der Schusslinie gebracht. Nur ein Klicken war zu hören, dann schlug das Projektil glatt durch die Haustür.

      Kein Schussgeräusch war zu hören. Es war gespenstisch.

      Elsa rannte los und hörte hinter sich die Schritte ihre Verfolgers. Sie hatte die Tür instinktiv hinter sich zugeknallt, und dann war sie auch schon beim Landrover.

      Wenig später saß sie hinter dem Steuer. Der Zündschlüssel hinein und herumgedreht, der Motor sprang an. Gleichzeitig ging die Haustür auf, und der Narbige kam heraus.

      Ein zynisches Grinsen spielte um seine dünnen, blutleeren Lippen, als er erneut die Waffe hob, diesmal ganz langsam und ruhig, ohne den geringsten Anflug von Eile oder gar Hektik. Er war sich seiner Sache sehr sicher.

      Elsa setzte den Wagen ruckartig zurück, während eine Kugel durch das Glas der Frontscheibe ging und dann den Beifahrersitz aufriss.

      Großer Gott!, durchfuhr es sie. Kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn und lief ihren Rücken hinunter. Ihre Knie zitterten, und ihre Hände schienen mit einem Mal völlig kraftlos zu sein.

      Sie war mit dem Wagen auf ein Rasenstück gefahren. Jetzt legte sie den Vorwärtsgang ein und riss das Lenkrad herum. Der Narbige zielte schon wieder. Noch im letzten Moment konnte sie hinter das Armaturenbrett tauchen, als erneut eine Kugel durch den Wagen pfiff. Diesmal war der Schuss von der Seite gekommen und hatte beide Seitenscheiben zertrümmert.

      Nur ja nicht die Nerven verlieren!, dachte sie. Sie trat kräftig auf das Gaspedal, und der Landrover brauste voran. Vor ihr lag das geschlossene, gusseiserne Tor.

      Einen Moment zögerte sie, aber als der nächste Schuss - diesmal von hinten - knapp an ihr vorbeipfiff, wusste sie, dass ihr keine andere Wahl blieb. Sie raste auf das Tor zu.

      Meine letzte Chance!, dachte sie. Wenn das Tor aus seinen Halterungen herausbricht, geht es vielleicht gut. Und wenn nicht... Sie wagte nicht, diesen Gedanken zu Ende zu denken.

      Elsa trat das Gaspedal durch, und ein paar Sekunden später krachte es furchtbar. Sie wurde nach vorne geschleuderte. Das Lenkrad presste sich unangenehm gegen ihren Bauch, irgendwo schlug sie mit dem Kopf an und war einen Augenblick lang benommen.

      Das Tor hatte gehalten, so viel dämmerte ihr. Sie stöhnte.

      Als sie den Kopf hob, blickte sie direkt in den Schalldämpfer ihres Verfolgers. Sie zitterte, als der Mann die Waffe durchlud und an ihren Kopf setzte. Sie war unfähig, irgend etwas zu tun. Statt dessen saß sie hinter dem Lenkrad und starrte ihr Gegenüber an wie das Kaninchen die Schlange. Der Puls ging ihr bis zum Hals.

      Sie schloss die Augen. Aus dem Hintergrund drang die Stimme des zweiten Mannes. Es klang Italienisch und war wohl so etwas wie ein Befehl. Elsa verstand kein Wort.

      Der