Edgar Rice Burroughs

TARZANS DSCHUNGELGESCHICHTEN


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wurde sein schriftstellerischer Erfolg allerdings immer mehr von privaten Problemen überschattet. 1934 ließ er sich scheiden und heiratete ein Jahr später Florence Dearholt. Doch schon 1942 wurde auch diese Ehe geschieden. Nach der Bombardierung von Pearl Harbor begab sich Burroughs 1941 als Kriegsreporter nach Hawaii. Nach dem Krieg kehrte er nach Kalifornien zurück, wo er, nach vielen gesundheitlichen Problemen, 1950 einem Herzanfall erlag.

      In Burroughs Werk vermischen sich Science Fiction und Fantasy. Er etablierte Geschichten vor einem planetarischen Hintergrund in der Science Fiction. Dabei war Burroughs bewusst, dass seine Literatur bei den Kritikern nicht ankam. Er machte auch nie ein Hehl daraus, dass er schrieb, um Geld zu verdienen.

      Die Helden seiner Romane und Erzählungen haben keine Alltagsprobleme. Bei den Charakterzeichnungen schwach, sprudeln Burroughs Geschichten über vor Ideen und Action. Die Helden seiner Romane haben verschiedene Merkmale gemeinsam, beispielsweise das Geheimnis um ihre Herkunft. Entweder haben die Helden nie eine Kindheit erlebt, oder können sich nicht daran erinnern, oder aber sie sind wie Tarzan und The Cave Girl Waisen. Ein weiteres Merkmal von Burroughs Geschichten ist der, wie Brian W. Aldiss es nennt, ausgeprägte sexuelle Dimorphismus. Das jeweils dominante Geschlecht ist hässlich.

      Obwohl es in den Romanen und Geschichten Burroughs von schönen, nackten Frauen nur so wimmelt, werden sexuelle Beziehungen weder angedeutet noch erwähnt. Burroughs Welt scheint eine präpubertäre zu sein. Doch ist die Jungfräulichkeit immer in Gefahr (vgl. Aldiss). Fast schon zwanghaft mutet an, dass es in den Geschichten Burroughs, die zwischen 1911 und 1915 geschrieben wurden, nicht weniger als 76 Mal zu Vergewaltigungsdrohungen kommt, die natürlich alle abgewendet werden können. Zu den Bedrohern der weiblichen Unschuld gehören verschiedene Marsianer, Sultane, Höhlenmenschen, japanische Kopfjäger und Affen.

      E. F. Bleiler schreibt über Burroughs, seine Texte seien „Fantasien von Erotik und Macht.“

      Der Apex-Verlag veröffentlicht Burroughs' Venus-Romane (in der deutschen Übersetzung von Thomas Schlück), Neu-Übersetzungen des Tarzan- und des John Carter-Zyklus sowie als deutsche Erstveröffentlichung die Pellucidar-Serie.

TARZANS DSCHUNGELGESCHICHTEN

      Teeka, in üppiger Behaglichkeit hingestreckt im Schatten eines Baumes, bot unzweifelhaft ein höchst anziehendes Bild junger, weiblicher Lieblichkeit. Wenigstens kam es dem Affentarzan so vor, der im tief herabgebogenen Zweig eines benachbarten Baumes saß und zu ihr hinuntersah.

      So musste man ihn sehen, wie er sich auf dem schwanken Zweig eines Urwaldriesen schaukelte. Die leuchtende Sonne des Äquators durchbrach den grünen Baldachin über ihm wie ein Gewebe und überströmte seine braune Haut mit Lichtpünktchen, sein schön gemeißelter Körper bog sich in leichter Anmut, in Betrachtung versunken neigte er das Haupt und verschlang den Gegenstand seiner Anbetung mit den klugen grauen Augen - wie die Wiedergeburt eines Halbgottes der Vorzeit sah er aus.

      Wer hätte annehmen können, dass er seine Kindheit an der Brust einer hässlichen, behaarten Äffin verbracht hatte und dass er (seit dem Tode seiner Eltern in jener kleinen Hütte vor dem landumschlossenen Hafen am Dschungelrand) in seiner ihm bewussten Vergangenheit keine anderen Genossen gekannt hatte als die mürrischen Bullen und die knurrenden Weibchen von Kerschaks Horde – Kerschak, der große Affe!

      Wer umgekehrt die Gedanken in seinem scharfsinnigen, fähigen Gehirn hätte lesen können, das Verlangen, die Wünsche und Hoffnungen, welche Teekas Anblick bei ihm erweckte, würde ebenso wenig an die wahre Abstammung des Affenmenschen geglaubt haben. Dass er der Sohn einer edlen, englischen Dame war, dessen Vater sich rühmen konnte, dem englischen Hochadel anzugehören, das hätte aus seiner Gedankenwelt niemand schließen können.

      Dem Affentarzan war seine Herkunft unbekannt. Dass er John Clayton, Lord Grey Stoke, Mitglied des Oberhauses war, wusste er nicht. Aber wenn er es auch gewusst hätte, hätte er es doch nicht verstanden.

      Ach, Teeka war wirklich schön!

      Kala war natürlich auch schön gewesen - die Mutter erscheint uns immer schön - aber Teeka war schön in ganz anderem, eigenem Sinne, in einem unerklärbaren Sinne, den Tarzan gerade um diese Zeit in noch recht unbestimmter und traumhafter Form zu empfinden begann.

      Seit Jahren waren Tarzan und Teeka Spielgefährten gewesen und Teeka blieb immer noch mutwillig und zum Spielen geneigt, während die gleichaltrigen jungen Bullen bereits sauertöpfisch und mürrisch wurden. Falls sich Tarzan überhaupt darüber Gedanken machte, konnte er seine wachsende Vorliebe für das junge Weibchen leicht damit begründen, dass sie allein von allen früheren Spielkameraden mit ihm zusammen weiter Spaß an den bisherigen Streichen hatte.

      Aber als er heute zu ihr hinabspähte, fand er sich in Bewunderung von Teekas Gestalt und Gesicht - was er früher nicht getan hatte, denn keine von diesen Eigenschaften hatte etwas mit Teekas Geschicklichkeit zu tun, die sie beim Springen durch die unteren Waldterrassen oder bei dem urwüchsigen Abschlagen oder Versteckspielen entwickelte, Spiele, welche Tarzans fruchtbares Gehirn ersonnen hatte.

      Tarzan kratzte sich auf dem Kopf, wühlte mit den Fingern tief in dem schwarzen Haarschopf, der sein wohlgeformtes Jungengesicht einrahmte - er kratzte sich auf dem Kopf und seufzte. Teekas neuentdeckte Schönheit verursachte ihm plötzlich Verzweiflung. Er beneidete sie um den hübschen Rock aus Haaren, der ihren Körper bedeckte. Er hasste seine eigene, glatte, braune Haut mit einer Mischung aus Abscheu und Verachtung. Vor Jahren hatte er noch die Hoffnung gehegt, er werde eines Tages doch wie alle seine Brüder und Schwestern ein Haarkleid bekommen, aber er hatte aus diesem tröstlichen Traum schließlich erwachen müssen.

      Dann besaß Teeka große Zähne, natürlich nicht so große wie die Männchen, aber immerhin mächtige, hübsche Dinger im Vergleich zu seinen armseligen, weißen. Und erst ihre hervorstehenden Brauen, ihre breite, flache Nase und ihr Mund!

      Wie oft hatte Tarzan versucht, seinen Mund zu einem kleinen, runden Kreis zu ziehen und dann die Backen aufzublasen und rasch mit den Augen zu zwinkern; aber er bekam doch nie einen so verschmitzten und unwiderstehlichen Ausdruck heraus, wie ihn Teeka fertigbrachte.

      Als er sie an diesem Nachmittag bewundernd belauschte, kam ein junger Affe, der bisher träge unter der feuchten, verfilzten Matte aus verwesenden Pflanzen in der Nähe nach Nahrung gesucht hatte, plump in der Richtung auf Teeka angewackelt. Die übrigen Affen von Kerschaks Horde trieben sich sorglos herum oder lagen träge in der heißen Mittagshitze der Tropendschungel herum. Ab und zu war einer davon nahe vor Teeka vorbeigegangen, ohne dass Tarzan ihm Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Warum zog er aber jetzt die Brauen zusammen und spannte die Muskeln, als Taug vor der jungen Äffin anhielt und sich dicht neben ihr niederhockte?

      Tarzan hatte den Taug stets gern gehabt. Seit der Kindheit hatten sie sich gebalgt, Seite an Seite hatten sie am Wasser gehockt, um mit ihren raschen, starken Fingern Pisah, den Fisch, herauszufangen, wenn dieser schlaue Bewohner der kühlen Tiefe nach dem Köder von Insekten heraufkam, den Tarzan auf den Wasserspiegel des Tümpels geworfen hatte.

      Sie beide hatten zusammen Tublat geplagt und den Löwen Numa gehänselt. Warum fühlte also Tarzan, dass sich seine kurzen Nackenhaare sträubten, nur weil sich Taug nahe zu Teeka hockte?

      Allerdings war Taug nicht mehr der lustige Affe von gestern. Wenn seine Backenmuskeln die riesigen Fangzähne bloßlegten, konnte man nicht länger annehmen, Taug sei in der spielfrohen Stimmung wie damals, als er sich mit Tarzan im Scheinkampf über den Rasen kollerte. Der Taug von heute war ein ungeheurer, mürrischer Affenbulle, ein finsterer Geselle. Doch hatte er sich mit Tarzan noch nie gezankt.

      Einige Minuten sah der junge Affenmensch zu, wie sich Taug enger an Teeka presste. Aber als seine große Pfote mit rauer Zärtlichkeit die schlanke Schulter des Weibchens streichelte, schlüpfte Affentarzan wie eine Katze auf den Boden und näherte sich den beiden.

      Er fletschte die Fangzähne unter der zum Knurren hochgezogenen Oberlippe und rollte ein tiefes Brummen aus seiner breiten Brust. Taug sah auf und blinzelte mit seinen blutunterlaufenen Augen. Teeka erhob sich halb und schielte nach Tarzan. Ahnte sie den Grund der Störung? Wer kann das sagen. Aber sie war ein Weibchen,