Hermann Christen

Balkany Knights


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      "Hoffentlich. Fon wegen Kuno und Pfoban", fuhr Paul fort, "die führen fich auf wie unter Tollwut, wenn fich wer auch nur in die Nähe der Bärenhöhle wagt. Die nehmen daf mit der Auffichtpflicht fehr, fehr Ernpft. Haben fogar fon ein Ful-Difpenf beantragt, um fich beffer fokuffieren pfu können. Aber Rudolf hat nein gefagt und Merlin hat ihnen angedroht, Konif Mutter pfu informieren, wenn fie die Abwefenheit von Buddlibär dapfu nupfen, die Fule pfu fämpfen", Paul schaute gedankenverloren in den Himmel, "Daf ift allef. Mehr gipft nicht pfu berichten. Aber die pfu haufe wollen auch wiffen, wie ef euch geht."

      "Gut", seufzte Eichhörnchen, "wenn man mal davon absieht, dass Buddlibär in Milano zum Fußballspiel will…"

      "Fuffballpfiel – toll! Da käme ich auch gerne mit, aber Merlin hat mir eingebläut, daff ich pfäteftenf morgen pfurück fein muff."

      "Jetzt hilf du ihm auch noch", nörgelte Eichhörnchen, "ich versuch's ihm auszureden."

      "Milano liegt auf dem Weg", sagte Paul, "Daf würde dir gut tun, weil du immer fo viel nachdenkft – Fuffball mach den Kopf frei."

      "Nur wenn dir einer die Kugel an den Kopf hämmert", zweifelte Eichhörnchen, "auf jeden Fall bin ich dagegen."

      "Dann halt mich mit Gewalt zurück", grollte Buddlibär, "ich geh und mach den Mischka. Ob's dir passt oder nicht."

      "Mifka?"

      "Auch so eine Idiotenidee", rüffelte Eichhörnchen und verdrehte die Augen, "Buddlibär soll das Maskottchen machen."

      "Ich finpf gut, wenn er daf macht. Ift ja niemand hinter ihm her", er hüpfte Buddlibär auf die Knie, "ich würd mich von Eichhörnchen nicht umpfimmen laffen. Daf wird ficher obertoll!"

      "Danke", grunzte Eichhörnchen sauer, "ich dachte, dass du die Stimme der Vernunft unterstützt – und jetzt das."

      "Ef ift nicht vernünftig, allef waf Pfaff macht pfu unterlaffen", er wandte sich an Buddlibär, "geht da hin und geniefft ef. Ift doch eine Erhohlungfreife, nicht? Und du", er nahm Eichhörnchen ins Visier, "du follteft allef ein biffchen entfpannter fehen."

      Buddlibär blickte Paul dankbar und Eichhörnchen triumphierend an: "Stimmt, du sagst selber, dass wir eine Ferienreise machen. Da gehört Vergnügen dazu! Es bleibt dabei: ich geh nach Milano und mach den Mischka."

      Buddlibär saß übellaunig auf der Ladefläche des blauen Lasters von Vladimirs Kollegen. Seit sie überstürzt aufgesprungen waren schimpfte Eichhörnchen pausenlos. So mussten sich Buran und Tschoban fühlen, wenn Rudolf in der Waldschule die wöchentliche Standpauke hielt.

      "Ich hatte Recht! Das Fußballspiel ist eine Schnapsidee ", schulmeisterte Eichhörnchen aufgebracht, "jetzt haben wir den Salat. Nach der Episode am Zoll werden die alles aufbieten was sie haben, um dich zu erwischen."

      Was konnte er denn dafür? Nachdem Paul weg war, marschierten sie zum Zoll. Dort wurden sie angehalten - dafür sei der Zoll da, erklärte Eichhörnchen – und Vladimir nach seinen Papieren gefragt. Buddlibär und Eichhörnchen wurden durchgewinkt – Tiere werden beim Grenzübertritt nur überprüft, wenn sie anschließend geschlachtet werden.

      Sie warteten drüben auf Vladimir. Dieser zeigte seinen Pass und die Sache wäre gegessen gewesen, wenn er den Zöllner nicht sofort in ein Gespräch über Fußball verstrickt hätte. Nach zwei Minuten erhöhten sich Taktfrequenz und Lautstärke, weil der Zöllner ein 4:0 für Milano voraussagte und Vladimir heftig dagegenhielt.

      "Spartak hat keine Chance und die AC wird gewinnen", bekräftigte der Zöllner, "weil bei uns weniger Italiener spielen als bei euch."

      "Moglich", konterte Vladimir überlegen, "aber ich hab Mischka mit – Mischka Premium-Maskottchen."

      Der Zöllner äugte misstrauisch hinüber. Als katholisch erzogener Italiener war er auf Aberglauben abgerichtet: Hexenverbrennungen, Ablasshandel und zahllose als Dogmen des als unfehlbar geltenden Firmenbosses getarnte Vorurteile und Richtlinien hatten über die Jahrhunderte Spuren im Genom hinterlassen.

      Er schätzte die Chancen von Mischka gegen das Teufelchen, das Maskottchen der AC, ein: klein, in die Jahre gekommen, asthmatisch und dekadent war es, abgenutzt von zahllosen Lustreisen in die Stadien in ganz Europa. Erst letztes Jahr wurde es suspendiert, weil es seinen Nachbrand im Taufbecken des Fraunmünster Domes in München gelöscht hatte. Nachdem Milano die folgenden vier Spiele in Serie verlor, wurde es rehabilitiert. Seitdem lief es wieder einigermaßen.

      Der Zöllner kam zum Schluss, dass hier Gleichgewichte zu Ungunsten der AC verschoben wurden. Teufel waren Gestalten der Phantasie und selbst der Papst hatte seine Existenz per Dekret abgeschafft.

      "Geht nicht", erklärte er, "Maskottchen können nur rein, wenn sie eine Arbeitsbewilligung haben – oder Verwandte in hohen Positionen..."

      Das verstand Vladimir, denn zu Hause war es gleich – außer das mit der Arbeitsbewilligung. "Mischka muss mit. Ist freies Europa. Und er schon drüben."

      Der Zöllner winkte seine Kollegen heran. Plötzlich heulte ein Motor auf und ein blauer, verbeulter Laster fegte hupend herüber.

      "Ist Freund", schrie Vladimir, riss dem verdutzen Zöllner den Pass aus den Händen. "Mach, hopp. Dawai!"

      Er sprang in den Wagen. Eichhörnchen und Buddlibär kletterten auf die Ladefläche. Schlitternd fegte das Gefährt los. Buddlibär sah wie sich der Zöllner das Käppi vom Kopf wischte und wütend darauf herum trampelte. Dann kreischte der Laster um eine Kurve und der Zoll verschwand aus dem Blickfeld.

      Deswegen war Eichhörnchen wütend: "Wegen dem Blödsinn wird die ganze italienische Polizei, die Armee, Interpol und wer weiß sonst noch wer hinter uns her sein. Wenn's besonders dumm läuft auch noch Tierfreunde, die dich retten wollen. Inkognito können wir uns nach dieser Vorstellung abschminken."

      "Wir haben doch nix getan", verteidigte sich Buddlibär schwach, "dass Maskottchen eine Arbeitsbewilligung brauchen, wusste ich nicht."

      "Die schieben uns ab", ignorierte Eichhörnchen Buddlibärs Einwand, "wärst du Eisbär, dann hätten wir eine Chance…"

      Buddlibär blickte seinen Freund fragend an.

      "Braune und Schwarze habens schwer in Italien – hab ich irgendwo mal gelesen. Und schau uns an: braun und dunkelbraun."

      Es brütete verärgert: "In Milano sagen wir tschüss und gehen. Klar?!"

      "Aber ich hab Vladimir doch versprochen, den Mischka zu ma…"

      "Nix Mischka, klar! Wir haben andere Ziele. Wenn der Wagen anhält, war's das mit dem Mischka!"

      Eichhörnchen verzog sich in die von Buddlibär entfernten Ecke des Lasters und drehte ihm den Rücken zu.

      Der Wagen fuhr von der Autobahn ab und erreichte die Innenstadt. Die Häuserschluchten schüchterten Eichhörnchen ein. Überall parkten Autos, auch mitten auf der Straße. Doch statt auszusteigen hupten die Fahrer.

      Buddlibär verstand nicht: "Warum parken die mitten auf der Straße?"

      "Das ist Stau. Wie im Wald, wenn du einen Stein vor den Eingang des Ameisenhügel legst."

      "Die laufen aber drum herum", berichtigte Buddlibär, "und hupen nicht."

      Er klopfte an die Scheibe der Fahrerkabine: "Warum fahren wir nicht um den Stau herum?"

      Der Fahrer beugte sich aus dem Fenster und rief gut gelaunt: "weil da auch Stau ist."

      Buddlibär zuckte die Schultern und hockte sich wieder hin.

      "Warum glotzen die Leute so?"

      "Vielleicht weil du den Mischka machen kommst?", frotzelte Eichhörnchen, "Spartak spielt nicht jeden Tag in Milano."

      "Dann bist du einverstanden?", rief Buddlibär erfreut und klopfte wieder an die Scheibe. "Eichhörnchen will auch, dass ich den Mischka mache", schrie er. Der Fahrer hob den ausgestreckten Daumen durch das geöffnete Fenster in die Höhe und klopfte mit der anderen Hand auf Vladimirs Schulter.

      Endlich