Claudia Wagner

Schlank werden - schlank bleiben


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müssen. Ich muss zugeben, auch für mich hat Essen etwas mit genießen zu tun. Und eine Mahlzeit, egal zu welcher Zeit, war immer etwas, was mir nie über wurde. Übergewichtige haben allerdings nur einen Genuss, und das ist das Essen. Normalgewichtige sind nicht auf diesen einen Genuss festgelegt, sie genießen dreierlei Dinge: Das Essen, ihre Figur und den leichteren Umgang mit ihrem Körper.

      Sich etwas einreden

      Nachdem ich mein Normalgewicht erreicht hatte, traf ich vor dem Supermarkt eine Bekannte wieder, die ich das letzte Mal gesehen hatte, als ich noch stark übergewichtig war. Es war Winter und ich dick in meine Kleidung eingepackt. Mehr oder weniger guckte nur das Gesicht aus meinen Anziehsachen hervor. Schade, dachte ich, so sieht sie gar nicht, wie sehr ich abgespeckt habe.

      Doch da täuschte ich mich. Sie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus und fragte, wie ich es geschafft habe, so viel abzunehmen. Das zeigte mir, dass ich in der Vergangenheit eine ganz andere Vorstellung von mir hatte. Als ich noch übergewichtig war, verdeckte ich meinen übergewichtigen Körper mit weiter Kleidung. Ich war der irrigen Meinung, so sehe ich wenigstens ein wenig schlanker aus. Heute weiß ich, dass das schlicht falsch gedacht war. Selbst wenn man mit Kleidung wirksam etwas verdecken könnte, nützt das nur wenig, denn man ist überall dick: an den Fingern, im Gesicht, am Hals, an den Füßen. Das wird von anderen Menschen sehr wohl wahrgenommen, egal, wie sehr man es zu verdecken versucht.

      Durch den täglichen Blick in den Spiegel gewöhnte ich mich an meinen Anblick. Sah ich mich auf einem Foto, war das zwar unangenehm, es wirkte jedoch nicht wirklich abschreckend.

      Das tat es erst, als ich mich an den Anblick meines Normalgewichts gewöhnt hatte. Und das tat es gewaltig. Zu Zeiten meines Übergewichts habe ich eine Bekannte getroffen, die ich seit mehr als einem Jahrzehnt nicht gesehen hatte. Auch sie hatte stark zugenommen, doch ich fand, dass sie deutlich übergewichtiger war als ich. Nachdem ich einige Jahre lang schlank war und mich an meine neue Figur gewöhnt hatte, sah ich mir das Foto von diesem Treffen noch einmal an. Heute kann ich nicht mehr finden, dass ich weniger übergewichtig war. Wie meine Bekannte stand ich halb breitbeinig da und die Kleidung (es war Sommer) verdeckte nicht wirklich meine Fettpolster. Ich konnte nicht glauben, dass ich diejenige dort auf dem Foto war und mir ging durch den Kopf, was andere damals von mir gehalten haben mögen. Zwar hatte ich das Bild, nachdem es gemacht wurde, gesehen, mehrmals sogar, aber ich erschrak erst, als ich mich an den Anblick von 35 kg weniger Gewicht gewöhnt hatte.

      Welche Vorbereitungen traf ich?

      Wer abnehmen will, muss weniger essen. Punkt. Bekannten Weisheiten wie: „Sie müssen sich vorstellen, Sie sind bereits schlank“ oder „Gehen Sie dreimal in der Woche ins Fitness-Studio“ oder „Ingwer-Tee steigert den Grundumsatz“ waren für mich nie eine Lösung. Sie entsprachen weder meinen Vorstellungen vom Gewichtsverlust, noch konnte oder wollte ich meine Gewohnheiten ändern. Natürlich klingt es gut und man macht sich Hoffnungen, wenn man von Erfolgen bei „schlank im Schlaf“ oder „Eiweiß statt Kohlehydrate“ hört. Das mag auch funktionieren, zumindest für ein paar Wochen oder Monate. Als langfristige Lösung sehe ich es nicht, denn „Eiweiß statt Kohlenhydrate“ bescherte mir bereits einen Misserfolg.

      Die meisten schlanken Menschen, egal wo auf der Welt, werden gar nicht wissen, wie viele Kalorien sie täglich zu sich nehmen müssen. Sie werden auch noch nichts davon gehört haben, dass man abends nur Eiweiß essen sollte oder Kartoffeln und Brot dick machen. Sie essen einfach nur normal, ohne sich groß darüber Gedanken zu machen, was sie essen. Warum dann also eine spezielle Diät? Warum Kalorien zählen oder ständig auf den Fettgehalt achten? Scheinbar geht es auch anders.

      Für keine meiner früheren Diäten hatte ich jemals Geld ausgegeben. Weder für Nahrungsergänzungsmittel, noch für spezielle Gerichte, Drinks oder irgendwelche Geräte. In meinen Augen ist der Kauf eine Handlung, um das Gewissen zu beruhigen und um das Gefühl zu haben, nun aktiv gegen sein Übergewicht vorzugehen. Damit geht man allerdings nicht das eigentliche Problem an. Mir lag auch nichts an einem regelmäßigen Gang ins Fitness-Studio, weil ich mich genauso gut im Park oder in freier Natur sportlich betätigen könnte. Mir ging es nicht darum, Geld zu sparen, vielmehr zeigte es mir, dass ich mich nicht wirklich für Sport interessiere und somit auch das Fitness-Studio nur eine Form der Beruhigung des Gewissens wäre. Das Leben grundlegend zu ändern gelingt, wenn überhaupt, nur selten. Es heißt, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Mit der Diät versuchen, sein Leben umzukrempeln, nur weil man Gewicht verlieren will, geht oft schief. Bald ist die anfängliche Euphorie verflogen und man verfällt wieder in alte Gewohnheiten.

      Übergewicht zu verlieren und das Gewicht anschließend zu halten bedarf nur kleiner Korrekturen in den Essgewohnheiten. Dazu muss man sich nichts kaufen, das Leben muss nicht umgestellt werden, man muss auf nichts verzichten oder etwas essen, was man nicht mag. Noch viel weniger ist es nötig, Ernährungs- oder Diätexperte zu werden.

      * * *

      Mit Blick auf meine Kinderzeit glaubte ich eine Zeitlang, irgendwann wieder so leben zu können, wie Leute, die nie Probleme mit ihrem Gewicht hatten. Ich täuschte mich gewaltig. Von den zwei Dingen: 1) nicht über das Essen nachzudenken und 2) einfach nur weniger zu essen, statt eine Diät auszuprobieren, klappte das erste nicht und das zweite nur mit zwei Regeln. Eine Regel hieß, regelmäßig etwas essen, die andere, keine:

      Zwischenmahlzeiten

      Viele Ernährungsberater empfehlen fünf kleine Mahlzeiten am Tag. Ich bin diesen Weg bewusst nicht gegangen. Der Magen muss nicht immer etwas zum Arbeiten haben. Er braucht Ruhepausen. Es ist schön, ein Hungergefühl zu bekommen und sich dann an einen gedeckten Tisch zu setzen. Dieses Gefühl musste ich erst wieder aufkommen lassen und mich daran gewöhnen. Bei vielen kleinen Mahlzeiten kommt kein Hunger auf. Wie soll man feststellen, ob der Körper Nahrung braucht, wenn ständig etwas gegessen wird?

      Zwischenmahlzeiten waren für mich nicht nötig, weil ich während meiner Abnehmphase drei Mahlzeiten am Tag aß, und nach Frühstück und Mittagessen wusste, die nächste Mahlzeit ist nicht mehr fern. Ein paar Stunden ohne Mahlzeit sollte jeder gesunde Mensch aushalten können. Ich wollte weg vom ewigen Essen. Bei mehreren Zwischenmahlzeiten gewöhnte ich mir jedoch nicht das Warten auf den Hunger an. Das Hungergefühl ist wichtig, denn es zeigt uns, dass der Körper Nahrung braucht. In der Zeit, als ich zu viel aß, kannte ich kein Hungergefühl. Das Fehlen des Hungergefühls kann also kein wünschenswerter Zustand sein.

      Das Problem meines Übergewichtes war, wie bereits erwähnt, dass ich zu viel aß. Da wirkt es in meinen Augen geradezu kontraproduktiv, wenn ich viele kleine Mahlzeiten esse. Doch gerade das wird immer wieder vorgeschlagen, hauptsächlich deshalb, weil mit Zwischenmahlzeiten der Stoffwechsel angeregt wird. Für sinnvoller halte ich es – und mein Erfolg scheint mir Recht zu geben – sich daran zu gewöhnen, NICHT die ganze Zeit zu essen. FdH (Friss die Hälfte) ist also nicht die ganze Wahrheit, sondern „FdH, und nur dreimal am Tag“.

      Auch bei Obst machte ich keine Ausnahme, sondern aß es unmittelbar vor oder nach der Hauptmahlzeit.

      * * *

      Anders sah es mit dem Durst aus. Wird viel Obst und Gemüse gegessen, kommt kaum ein Durstgefühl auf. Meiner Beobachtung nach reicht diese Menge an Flüssigkeit fast aus, wenn man gesund ist, jedoch meldet sich der Körper nicht deutlich genug, wenn er nicht genügend Flüssigkeit für die Entgiftung hat. Ich hatte bei einer früheren Diät viele Tage zu wenig getrunken, weil ich glaubte, die Flüssigkeit des Obstes wäre ausreichend, und es hatte fast böse Folgen gehabt.

      Reichliche Flüssigkeitszufuhr ist allerdings kein Ersatz für das Essen. Wenn der Hunger zu groß wurde, habe ich etwas gegessen, selbst wenn die letzte Mahlzeit noch gar nicht so lange her war. Es gab Tage, da aß ich schon zwei oder drei Stunden nach dem Mittagessen Abendbrot, weil ich das Gefühl hatte, es an diesem Tag nicht bis zum Abend auszuhalten. Dabei war ich nach dem Mittagessen durchaus satt gewesen. Ein derartiges Vorziehen der letzten Mahlzeit hatte für mich keine