ob im Haus genügend geheizt wurde und das morsche alte Gemäuer keine Feuchtigkeit zog.
Seine Frau lag ihm immer in den Ohren, dass manche Mieter es damit nicht genau genug nähmen und Räume, die wenig benutzt wurden, einfach "verkommen" ließen. Quant kannte Klara nicht persönlich, aber er nahm an, dass die Bekanntschaft mir ihr genauso unerfreulich sein würde wie mit ihrem Mann.
"Ich bin wirklich in Zeitnot", protestierte er. "Wenn Sie bitte entschuldigen wollen?"
"Gut, dann eben beim nächsten Mal."
Er sah zu, wie der andere den Gartenweg zur Straße entlangging. Vor dem Tor wandte Witzigmann sich noch einmal nach dem Haus um, studierte irgend etwas auf dem Dach – die morschen Ziegel oder den abbruchreifen alten Kohlenkamin –, schüttelte resigniert den Kopf und verschwand durch die Pforte.
Großer Gott, dachte Quant. Er hätte sich lieber ein eigenes Haus angeschafft. Das Geld seiner Eltern reichte sicher zwei- oder dreimal dafür. Aber sein "kleines Hobby", wie er es fast liebevoll nannte, erlaubte es ihm nicht, ständig an einem Ort zu bleiben.
Die Polizei war ziemlich raffiniert, wenn es darum ging, den Kreis immer enger zu ziehen und jemanden wie ihn zu fassen. Er hatte sich eine kleine Bibliothek zugelegt, um ihre Arbeitsmethoden aus erster Hand zu studieren und dagegen gewappnet zu sein.
Sehr aufschlussreich war "Horwells Führer für Anwärter des gehobenen Polizeidienstes". Dort konnte man nachlesen, wie erfindungsreich sie waren, um auch noch aus den kleinsten Spuren Kapital zu schlagen.
Er ging in den Vorraum und berührte Franziskas Wange. Sie hatte sich auf die Seite gedreht; ihr Körper lag schräg über der Kante, als drohe sie jeden Moment vom Sofa zu rutschen. Die rechte Hand war herabgesunken und auf den Boden gefallen …
Vielleicht war sie dabei kurz erwacht? Quant nahm ihre Hand und betrachtete sie – ihre unlackierten, sauber manikürten Fingernägel. An den Fingerknöcheln waren winzige Spuren einer Prellung zu erkennen.
2
Sobald er den Eisenwarenladen im Zentrum mit seinen düsteren Schaufenstern betrat, fühlte er sich schlagartig in die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zurückversetzt. Er liebte den Geruch der gebohnerten Parkettbodens und die alten Werbegraphiken, auf denen die Mädchen sinnlich rote, leicht geöffnete Lippen hatten, obwohl sie doch nichts weiter als banale Messingkupplungen oder Sägeblätter anpriesen.
Die Verkäufer in ihren blauen Arbeitskitteln gingen so gewissenhaft und umständlich vor, wenn sie auf ihren Schiebeleitern zu den kleinen Holzschubladen hinaufstiegen, dass man unwillkürlich zögerte, nach einer Schraube mit Sechsmillimetergewinde und passenden Eisenwinkeln zu fragen, denn dabei wurde einem unweigerlich ein Vortrag über Warenkunde gehalten.
Zuerst zog der Verkäufer einen zerfetzt aussehenden Katalog mit verblassten Zeichnungen und Fotos unter der Ladentheke hervor. Dann begann er endlos darin zu blättern und gab zu jeder ähnlich aussehenden Abbildung einen fachkundigen Kommentar ab, wobei sein Zeigefinger lange Zahlenkolonnen entlang fuhr.
Das Ergebnis war meist von der Art, dass Sechsmillimeterschrauben zwar momentan ausgegangen seien, dass es aber Achtmillimeterschrauben und passende Eisenwinkel gab, die genau den gleichen Zweck erfüllten.
Quant steuerte auf den Teil der Theke zu, wo die wenigsten Kunden warteten. Ein Mädchen mit Sommersprossen und pinkfarbenen Perlonstrümpfen – das einzige weibliche Geschöpf unter all den altgedienten Verkäufern – stand gerade hoch oben auf der Leiter vor einer herausgezogenen Schublade, so dass man einen Blick auf ihre wohlgeformten Beine werfen konnte.
"Wir schicken Sie immer ganz nach oben, da wo die seltenen Schrauben sind", sagte der Mann mit der Schlägermütze vor ihm und lächelte anzüglich. "Der Ausblick ist eine kleine Sünde wert, oder?" Er musste um die Sechzig sein, hatte nikotingelbe Finger und kleine blaue Einsprengsel im frühzeitig gealterten Gesicht, wie man sie manchmal bei Bergleuten findet.
Quant war immer wieder überrascht, mit welcher schlafwandlerischen Sicherheit alte Kerle wie er, die sicher längst an Prostatabeschwerden und chronisch wiederkehrenden Leistenbrüchen litten, das Gespräch auf die einzige Sache in der Welt brachten, die sie physisch überforderte und ihnen weniger Vergnügen bereiten würde als ein gutes Abendessen.
Er betrachtete wortlos die angeschraubten Muster der Eisenwarenkollektion an den Wänden. Ihre Dekoration sah so verstaubt aus, als wenn sie dort schon seit einem halben Jahrhundert hingen. Was er brauchte, waren Schienen, an denen man die Flurgarderobe im Keller bequem auf Rollen zur Seite bewegen konnte.
Die Schienen sollten zusammen mit den Rollen im Sockel und hinter der Deckenverblendung verborgen sein. Und die Garderobe musste einen versteckten Riegel haben, dann würde es nämlich so aussehen, als sei sie bombenfest an der Wand montiert – damit niemand auf den Gedanken kam, dahinter einen Durchgang zu suchen.
Für Fremde bestand der Keller aus nichts weiter als einem unverdächtig wirkenden Gang, der praktisch die Verlängerung der Kellertreppe darstellte, einem Verschlag unter der Treppe und drei Holztüren in der rechten Wand.
Hinter der einen war die ehemalige Waschküche, daneben lag der Heizungskeller, dessen Öltank aus Platzmangel wie die eine Hälfte einer überdimensionalen weiblichen Brust in die Wand des Nachbarkellers hineinragte, und hinter der dritten Tür befand sich sein Werk- und Studioraum, das sogenannte "Labor", in dem auch seine Aufnahmegeräte standen.
Die Keller im Anbau hatten den Vorteil, dass sie nur vom Durchgang des Labors aus zugänglich waren, wo jetzt die ausgemusterte Garderobe hing. Er würde einfach seine Arbeitskleidung in der Garderobe unterbringen, weil sie dann so aussah, als erfülle sie einen Zweck.
"Sechsmillimeterschrauben sind ausgegangen", sagte der Verkäufer.
"Dann nehme ich Achtmillimeterschrauben und passende Winkel", erklärte er schnell, ehe der andere seine zerfledderten Musterbüchern hervorholen konnte.
Als er mit seinem Paket und den Schienenstangen den Laden verließ, sah der Himmel blauviolett aus – als wenn es gleich ein schweres Gewitter geben würde. Er hatte eben das schützende Dach des Taxistands erreichte, da klatschten auch schon die ersten Tropfen auf den Asphalt.
Quant ließ sich mit seinem Paket und den Schienen an der Ecke vor dem Haus absetzen. Taxis, das hatte er herausgefunden, waren sicherer, weil man so keine unnötige Vorstellung mit dem eigenen Wagen gab, an den sich später vielleicht einmal jemand erinnern würde.
Der Faktor "Erinnerung" bei Zeugen wurde meist unterschätzt. Er ließ den Chevrolet so oft wie möglich in der Garage und benutzte ihn nur, wenn er seinen geschlossenen Laderaum brauchte.
Franziska war noch nicht wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht – vielleicht hatte er die Dosis doch ein wenig zu hoch gewählt? Selbst wenn man sich gründlich mit der Materie befasste und die richtigen Lehrbücher studierte: ein erfahrener Anästhesist hatte einem einfach ein paar Jahre Praxis voraus.
Er entschloss sich, nachmittags zum Schlittschuhlaufen zu fahren. Es war immer sehr anregend, den jungen Mädchen beim Laufen zuzusehen – wie sie ihre Pirouetten zogen, vor Kälte in der ungeheizten Halle in die Fäustlinge bliesen oder in der Kurve ihre Wollmützen verloren.
Er fand, es gab nichts Interessanteres auf der Welt als weibliche Schönheit.
3
Weil die Tribüne ungeheizt war, ging er lieber nach unten ins Café. Von den Tischen hinter der Scheibe waren die Läufer auf der Eisfläche sogar noch besser zu beobachten. Er brauchte Ruhe für seine Studien. Selbst zwischen all den anderen über die Bahn zu kurven, während man dauernd von dicken Hintern angestoßen wurde oder Gefahr lief, beim Sturz eine spitze Metallkante in die Halsschlagader zu bekommen, hätte ihn nur abgelenkt.
Seinem geübten Blick entging nichts, keine Falte um den Mund.
Ob ihre Beine in den falschen Proportionen zum Körper standen.
Oder