Willi Glasauer

Der Affe mit der Zauberflöte


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zu öffnen, an der Informationen über das Gänseblümchen gespeichert sind und zwar in einer Doppelhelix. Das ist so etwas wie eine verdrehte Strickleiter oder eine Wendeltreppe. Die Sprossen der Leiter – oder die Stufen der Wendeltreppe, je nachdem, was du dir vorstellen willst – sind mit Buchstaben markiert: A, C, G und T. Vier Buchstaben, die vier Basen bezeichnen: Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin. Die Reihenfolge, in der diese Basen angeordnet sind, bestimmen den genetischen Code, so wie die Reihenfolge von Buchstaben ein Wort ergeben.

      Die Ribosomen schreiben die Reihenfolge der Buchstaben ab, sie kopieren die Geninformationen für unser Gänseblümchen. Ich kann euch nicht alle Einzelheiten dieser „Transkription“, wie man diesen Vorgang nennt, beschreiben, ich war ja selbst nicht dabei, ich kann mich nur auf die Erklärungen der Ribosomen verlassen. Zurück im Protoplasma der Zelle übergeben sie ihre Aufzeichnungen anderen Ribosomen in weißen Kitteln, auf denen rRNA steht, ribonosale RNA. Das sind Chemiker, die nun diese Informationen buchstabengetreu in Proteine übersetzen, sozusagen die Idee eines Gänseblümchens in ein wirkliches Gänseblümchen umsetzen, vom Genotyp in eine Phänotyp - „Translation“ nennt man das.

      Die Chemiker sehen natürlich nur die Reihenfolge der Buchstaben, das Original kennen sie nicht. Ihnen ist es egal, ob die Eiweißketten ein Gänseblümchen, ein Elefant, ein Kaktus oder ein Mensch wird, sie alle bestehen aus demselben Material, sie richten sich nach dem genetischem Code, den die Boten-Ribosomen kopiert haben.

      „Eine Grundvoraussetzung der Vererbung ist die langfristige zuverlässige Kopierbarkeit des Erbmaterials, der Gene“ steht in jedem Lexikon.

      Hat ein Ribosom mal seine Brille vergessen und ein G mit einem C ver-wechselt, so kann das verheerende Folgen haben. Der geringste Schreibfehler, selbst kleine, unscheinbare Änderungen des genetischen Codes können kaskadenartig im Laufe der Evolution zu immer größeren Unterschieden führen. Man spricht dann von Mutation. Die Evolution lebt von Mutationen – doch davon später.

      Ich wurde als Virenkiller in diese eukaryotische Zelle integriert. Viren, diese Schmarotzer, die sich selbst nicht ernähren können und daher auf Wirte angewiesen sind, schleichen sich oft mit gefälschten Pässen in die Zellen ein und verbreiten Fake News, was zu Zank und Streit, nicht selten sogar zum Ruin der Zelle führt.

      Wie schnell ist eine Zelle zerstört und wie lange hat es gedauert, eine Zelle aufzubauen, noch dazu eine derart komplizierte wie diese eukaryotische mit ihrem mysteriösen Kern. Wie viele Bakterien gingen die seltsamsten Verbindungen ein, Symbiosen nach dem Motto: Hilfst du mir so helf ich dir. Milliarden von Jahren vergingen, Milliarden von Versuchen wurden gemacht, um aus dieser Tretmühle, immer nur dasselbe „ich“ zu erzeugen, herauszufinden. Es musste doch im Leben mehr geben!

      Und dann, vor ein und ein halb Milliarden Jahren, die große Symbiogenese, ein plötzliches Aufleuchten, ein Finden – Heureka! Die eukaryotische Zelle.

      Die gesamte Zeitrechnung der Evolution richtet sich nach diesem Ereignis.

      Eukaryotisch heißt mit dem Kern, während Zellen ohne Kern prokaryotisch vor dem Kern, also bevor es Zellen mit Kern gab, benannt werden. Dieser Kern war die Wende, die bewirkte, dass sich die Evolution wie nach einem Dammbruch rasant in eine bestimmte Richtung entwickelte. Diese eukaryotische Zelle ist der Urahn aller höheren Lebensformen, der Tiere sowohl auch der Pflanzen.

      Durch einen verblüffend einfachen Trick veränderte dieser Kern den Lauf der Evolution. Wir, die Prokaryoten, verdoppeln unsere Chromosomen vor der Zellteilung, damit nach der Zellteilung in jeder Zelle wieder die gleiche Anzahl von Chromosomen wie vorher vorhanden sind. Die Urzelle ist nicht tot, sie lebt als zwei neue, identische Zellen weiter. Die Eukaryoten hingegen halbieren die Anzahl der Chromosomen. Die Chromosomen sind paarweise, diploid, um den Kern verteilt. Kommt es zur Zellteilung, werden diese Paare erbarmungslos getrennt, in der neuen Zelle sind somit nur halb so viele Chromosomen vorhanden. Neu hinzugekommen sind aber ein X und ein Y förmiges Chromosom. Woher die kommen konnten mir selbst die Ribosomen nicht sagen. Doch seither gibt es zwei Geschlechter auf der Welt, ein männliches, das Y Chromosom und ein weibliches, das X Chromosom. Sind in einer Zelle sowohl ein X als auch ein Y, so handelt es sich um eine männliche Zelle, ein Spermatozoon. Befinden sich hingegen zwei X in der Zelle, so ist sie weiblich, ein Ei oder Ovum. Vereinen sich diese Zellen, bringen sie natürlich auch die übrigen Chromosomen mit, so dass sich die vorher getrennten Chromosomenpaare wieder zu voller Anzahl treffen - doch welch Überraschung, der Partner ist ein anderer wie vorher. Die Paare wurden gemischt wie bei einem Kartenspiel. Die Anzahl der Karten bleibt dieselbe, doch die Mischung der Karten ist stets neu. Das Spiel kann beginnen – hast du gute Karten, sprich Gene, kannst du ein Genie werden, hast du aber schlechte Karten erwischt, so kannst du damit herzlich wenig anfangen.

      Diese Mischung der Erbinformationen, ausgelöst durch die Sexualität, die Vereinigung von männlichen und weiblichen Zellen, ist wie ein Dammbruch, der die Evolution von einem stillen See in einen reißenden Fluss verwandelte.

      Doch die Mutterzelle stirbt, sie wiederholt sich nicht in neuen Zellen, die Zellen sind verändert.

      Du siehst zwar Papa und Mama irgendwie ähnlich, bist aber weder Papa noch Mama. Du bist ein einmaliges Wesen, das es weder vor dir gab, noch nach dir geben wird. Diese Einzigartigkeit musst du aber mit dem Tod bezahlen.

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