Hans-Georg Lanzendorfer

Aphorismen, Gedanken und Sinnsprüche


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Langeweile. Es ist annehmlich und einfach geworden, die innere Ruhe mit ‹Lifestyle›-Aktivitäten zu kaschieren und die bescheidene Zufriedenheit mit Befriedigung zu kompensieren. Mit der Sättigung materieller Lüste und Begehrlichkeiten werden die Menschen ‹befriedigt› und ‹zufriedengestellt›, mit der Erzeugung neuer Bedürfnisse bei Laune gehalten.

      Bewegung, Tanz und Freude sind ein schöpferisch-natürliches Prinzip. Niemals hat die schöpferische Natur in ihren schöpferisch-natürlichen Gesetzen und Geboten das Vergnügen, die Schwelgerei oder die Ausgelassenheit verboten. Impulse und Informationen der ‹Lebensfreude› lassen Pflanzen, das Getier und Tiere wachsen und gedeihen oder neue Kreaturen und Lebensformen auferstehen. Doch selbst die kreierende Schöpfung kennt den Schlummer und die Ruhephasen.

      Permanente Daten-Überflutung zwingt den zwischen Hast und stetiger Betriebsamkeiten hin- und her geworfenen Menschen in die innere und äussere Ruhelosigkeit. Beständig angetrieben und in unentwegter Überforderung, verfällt er allmählich und vielfach gänzlich unbemerkt der Lethargie und Unzufriedenheit. Psychische und bewusstseinsmässige Störungen nehmen überhand und zerstören dem Menschen die Welt seiner Gefühle und Empfindungen. Das moderne Thema ‹Burnout-Syndrom› begleitet viele Menschen durch den Alltag. Vermeintliches Ausgebranntsein ist ein Zustand ausgesprochener psychischer Erschöpfung. Die Leistungsfähigkeit und Motivation sind stark vermindert. Frustrierende Erlebnisse und deren mangelhafte Verarbeitung führen vermehrt zu Illusionen und Apathie, zu psychosomatischen Erkrankungen und Depression. Das Phänomen ist international nicht als psychische Krankheit anerkannt, denn es wird als ein Problem der Unfähigkeit zur Lebensbewältigung und als eine körperliche und psychische berufliche Überlastung betrachtet.

      Zu den wesentlichen Grundlagen und Voraussetzungen für eine harmonische Lebensführung gehören die innere Ruhe, Zufriedenheit und die Genügsamkeit. Diese Eigenschaften sind keineswegs selbstverständlich, sondern sie müssen als wertvolle Tugenden und Charakterstärken hart erarbeitet und erlernt werden. Ruhe und Zufriedenheit prägen und stärken das innere und äussere Fundament des Hauses und des körperlichen Instruments, in dem wir leben und mit dem wir in der Gegenwart des Diesseits wandeln. Sie sind die Basis eines inneren und äusseren Friedens und wichtiger Garant für die Gesundheit unseres fleischlich-materiellen Körpers, des Bewusstseins, der Psyche und des Gefühlslebens. Fehlen diese tragenden und psychisch wertvollen Bausteine, dann nimmt die Unzufriedenheit überhand und die Statik der bewusstseins- und gefühlsmässigen Befindlichkeit ist nicht mehr ausgewogen. Das Instrument unserer persönlichen Individualität wird instabil und früher oder später in sich zusammenbrechen.

      Unzählige Menschen klammern ihre ‹Hoffnung› an die unverdienten und bequemen Annehmlichkeiten. Sie ‹träumen› von Lotto- oder Reisegewinnen, Werbepreisen oder von horrenden Börsenerträgen, und davon versprechen sie sich ein Leben in beständiger Zufriedenheit und einem mühelosen Wohlbehagen.

      Eine ausgeprägte Besitzgier und das unablässige Streben nach dem schnöden Mammon machen letztendlich krank, denn sie fressen sich wie gefährliche Parasiten durch das menschliche Bewusstsein, die Psyche und das Gedanken- und Gefühlsleben.

      In der Regel geht dieses materialistische und evolutions-entfremdende Konzept nicht auf. Obschon der Kühlschrank und die Speisekammer überquellen, im Kleiderschrank längst kein Platz mehr ist, das Urlaubsgeld vorhanden und der neue Wagen in der Garage steht, wächst in den Mammonsdienern eine permanente Unzufriedenheit. Nichts ist unbefriedigender als die permanente Befriedigung. Dem reifen und in seiner Ratio gewachsenen Menschen zeigt sich jene Wahrheit täglich, dass eine innere Leere niemals mit materiellem Reichtum oder mit schnöden Vergnügungssüchten ausgeglichen werden kann. Erfolgreich mit einem Attrappen-Leben und mit der vordergründigen Befriedigung künstlicher Bedürfnisse kaschiert, wachsen im raffgierigen Menschen während Jahren still und leise die quälende Unzufriedenheit, die Unruhe und eine innere Leere unbemerkt heran. Ihre Früchte sind vergiftet und bedrohen unentwegt die zwischenmenschlichen Beziehungen, wobei Partnerschaften, Freundschaften und Familien zerbrechen. Atemlos jagt der Unzufriedene dem materiellen Luxus hinterher, um dadurch die verlorenen inneren Werte der Ruhe und Genügsamkeit anderweitig zu kompensieren. Das bereits Vorhandene und mühsam Erreichte verlieren schnell den Glanz der befriedigenden Errungenschaft. Jegliche Wertschätzung und die Bescheidenheit gehen den krankhaft ruhelosen Menschen verlustig. Verbleibende Energie wird in lebensunnötige Begierden investiert und der schnöden Vergnügungssucht geopfert. Irrtümlich werden noch immer zahlreiche Menschen von dem verheerenden Glauben angetrieben, im materiellen Besitztum, bei Vergnügungen, regelmässigen Feiern, Partylife oder unterhaltender Ausgelassenheit eine nachhaltige Zufriedenheit und eine innere Glückseligkeit zu finden. In Tat und Wahrheit sind jedoch die Unzufriedenen in ihrer Ruhelosigkeit alles andere als mit sich und der Welt im Reinen. Neid und Missgunst, Eifersucht und Leidenschaft sowie Egoismus sind das Wesen und die Essenzen ihres falschen Denkens.

      Die Unzufriedenen und permanent Mäkligen schaffen es mit einer pessimistischen und trägen Denkweise, ihren Mitmenschen innert Kürze das Leben zu erschweren. Durch ihre stetige Nörgelei verderben sie ihrer Umgebung jegliche Freude, rauben deren Ausgeglichenheit und werden für ihre Umwelt zu einer psychischen, gefühls- und bewusstseinsmässigen Plage. Die Unzufriedenen und Ruhelosen geizen nicht mit parteilicher Kritik an ihrer Umwelt. Klare Entscheidungen, ehrliche Stellungnahmen oder die Verantwortung werden gerne weit von sich geschoben. Im Nachhinein wird dafür jede kleinste Gelegenheit genutzt, in besserwisserischer Weise lautstark eine unbegründete Krittelei und Bemängelung zum Ausdruck zu bringen, um dadurch die eigene Schmähsucht zu befriedigen.

      In der Regel fehlt es den unzufriedenen Menschen an eigenen Ideen, am eigenen Antrieb und an einer eigenen Motivation und Initiative. Kreative Einfälle nehmen jedoch ihre Urheber in die Pflicht, rufen nach Verantwortung, Selbstbestimmung und nach einer Umsetzung in die Praxis. In einer unlogischen Denkweise halten sich die Unzufriedenen und Mäkligen jedoch lieber im Hintergrund, um bei Misserfolgen aus sicherer Entfernung jegliche Schuldbarkeit und Verfehlungen den äusseren Lebenskreisen zuzuweisen.

      Lustlosigkeit, Faulheit und träge Bequemlichkeit spiegeln sich im Alltag von zahllosen Unzufriedenen. Die tägliche Arbeit wird für diese Menschen zum selbstauferlegten strapaziösen Zwang, und der Freizeitstress zum enttäuschenden Frustrationserlebnis. Vom Sturmwind ihrer permanenten Wankelmütigkeit gebeutelt, werden sie auf den hohen Wellen ihrer Launenhaftigkeit stetig hin- und hergeworfen.

      Die ruhelose Unzufriedenheit, Verdrossenheit und der Unmut sind üble und oftmals selbstkreierte Psyche-Seuchen. In eigener Regie, durch ein falsches Denken und als Folge von unlogischen Gedankengängen erworben, handelt es sich bei der Unzufriedenheit im klassischen Sinne um das Produkt einer sträflich vernachlässigten Selbsterziehung und einer überdenkensnotwendigen Lebensgrundhaltung. Unzufriedenheit, Missstimmung oder ein allgemeiner Unmut als negative Gefühlsregungen oder schlechte Laune können durch angemessene und gegenteilige Gedankengänge sowie dementsprechende Handlungen neutralisiert und in eine wertvolle und erquickende Zufriedenheit umgewandelt werden. Dem fahrig Unzufriedenen fehlen jedoch vielfach das nötige Interesse, die Motivation sowie die Einsicht in diese Tatsache. Angetrieben von den Kräften der Selbstbemitleidung und von der selbsterzeugten Behaglichkeit des Leidens absorbiert, bleiben dem unzufriedenen Nörgler vielfach keinerlei Ressourcen und keine Energiereserven zum Aufbau einer motivierten Umkehr in die neutral-positive Ausgeglichenheit und Genügsamkeit.

      Diese destruktive Haltung ist dem zufriedenen Menschen höchst befremdlich. Der alltägliche Umgang mit dem unzufriedenen Pessimisten ist anstrengend und bedrängend. Die Unzufriedenheit stellt höchste Ansprüche an ihre Umwelt. Unverhohlen fordert sie in ihrem selbstgewählten Elend Verständnis und Entgegenkommen. In sich selbst uneins und von sich selbst entfremdet, erwarten die Unzufriedenen in ihrer inneren und psychischen Befindlichkeit, von fremder Hand genährt zu werden. In Tat und Wahrheit unstillbar und von äusserer Hand niemals wirklich befriedet, erweist sich dieses Bestreben als Trugschluss sondergleichen, denn ein stetig Unzufriedener und Quengler findet immer einen guten Grund, zu nörgeln und zu reklamieren.

      Zufrieden mit sich selbst und mit der Welt im Reinen, schätzt der Genügsame die innere Ruhe und die Gelassenheit. Gezielt weiss er die Gunst und Kraft einer bewussten Selbstbestimmung nützlich umzusetzen. Wohlbedacht und bewusst ersonnen, gestaltet und formt er die inneren und äusseren