Lara Myles, Barbara Goldstein

In Gedanken bei dir


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auf den Stufen zum Parkplatz noch einmal umwandte, sah sie ihn mit gekreuzten Beinen lässig am Schalter lehnen und sie angrinsen.

      Mit hochgezogenen Schultern stapfte Cassie zu ihrem Mietwagen, um zum Arches Nationalpark zu fahren. Auf den Trails konnte sie das Flugzeug hoffentlich nicht hören und die Fallschirmspringer nicht sehen.

      Hey, da parkte ein Wagen, gleich neben ihrem. Ein verrosteter, staubiger Pickup. Nummernschild aus Arizona, Grand Canyon State. War das seiner? Cassie warf einen Blick auf den Beifahrersitz. Dort lag eine CD. Love over Gold von Dire Straits. Prima Musik für lange Fahrten. Das Lied Telegraph Road passte toll zur Landschaft des Colorado Plateaus. Auf dem Handschuhfach klebte ein Sticker. I love Sedona. Stammte er von dort?

      Als Cassie einen Schritt zurücktrat, um in ihren Wagen zu steigen, prallte sie gegen ihn.

      »Hallo, Fremde!«, lächelte er, und er brachte sie völlig durcheinander. Cassie konnte den Blick nicht von ihm wenden.

      »Hallo.«

      Er hielt ihr einen Umschlag hin. »Hier, bitte.«

      Cassie starrte auf das Foto des Skydivers, der mit ausgebreiteten Armen über Canyonlands schwebte. »Was ist das?«

      »Unser Ticket.«

      In diesem Augenblick war es passiert, einfach so. Sie hatte sich in ihn verliebt. »Ich verstehe nicht ...«

      »In der Maschine ist kein Platz mehr frei. Also hab ich umgebucht.« Er zwinkerte verschwörerisch. »Ich hab denen gesagt, du bist meine Freundin. Du springst daher mit mir. Ich meine, wenn du dich traust, während des Fluges auf meinem Schoß zu sitzen.«

      Was hätte sie sagen sollen, außer: »Okay. Danke.«

      »Gern geschehen.«

      »Cassie O’Shea.«

      »Alex Lacey.«

      »Freut mich.«

      »Jetzt schon? Ich hatte gehofft, erst nach dem Sprung ...«

      »Du ...« Sie schlug nach ihm, aber er lachte nur.

      Seine Freundin, hm? Ganz schön selbstbewusst! Aber so war er. Mit Freude sprang er ins Leben, legte sein Herz in alles, was er tat, und lebte spontan und intuitiv.

      Alex half ihr, die Gurte anzulegen. O ja, er hatte seinen Spaß, als sie sich auf dem Parkplatz auf den Bauch legte, die Beine anhob, die Füße kreuzte und die Hände in die Schultergurte krallte. Lachend packte er ihre Füße und zog sie hoch, bis sich ihr Rücken durchbog wie während des Sprungs. Dann nahm er ihre Hände und breitete ihre Arme aus.

      Für das Erinnerungsvideo standen sie Arm in Arm vor dem Flugzeug. Dann klinkte Alex sich in Cassies Gurte ein, schob sie vor sich her in die Maschine und zog sie auf seinen Schoß. Thumbs up, und los ging’s.

      Während des halbstündigen Fluges legte Alex seine Arme um sie, und Cassies Hände lagen auf seinen Knien. Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken, die Wärme seines Körpers, selbst seinen Herzschlag. Er hielt sie fest an sich gepresst, als sie gemeinsam zur offenen Tür taumelten, und er lachte ausgelassen, als sie zusammen sprangen. »Yahoohoohoo!«

      Der Flieger über ihnen wurde immer kleiner. Eine Minute freier Fall! Sechzig Sekunden mit Alex, der sie an sich presste und in den Nacken küsste: Ein Viel-Glück-Kuss!

      Die Welt drehte sich um sie! Der kalte Luftstrom und der Ruck an den Tragegurten, als Alex den Fallschirm öffnete, versetzten Cassie in ein Hochgefühl, und sie schrie vor Vergnügen! Adrenalin pur!

      Alex hing jetzt über ihr, packte ihre Hände und breitete ihre Arme aus. Wie ein Doppeldecker drehten sie ihre Runden über Canyonlands, und die roten Felsformationen von Island in the Sky rasten auf sie zu. Der Himmel glühte in den feurigen Farben des Sonnenuntergangs, und Cassie genoss die Schönheit der Landschaft unter ihr und Alex’ Körper über ihr.

      Alex zog an den Steuerschlaufen, um den Flug zu stabilisieren und den Schirm zu lenken. Und er zeigte Cassie alles: Dead Horse Point mit der engen Schleife des leuchtend grünen Colorado. The Land of Standing Rocks mit seinen Canyons und Mesas im Herzen von Canyonlands. The Maze, ein unzugängliches Labyrinth aus engen Schluchten. The Needles, rot und ockerfarben gestreifte Felszinnen am fernen Horizont. Selbst einen der Arches konnte Cassie sehen, als Alex sie darauf aufmerksam machte. Er war Geologe, verriet er ihr. Er kannte sich hier aus.

      O ja, und wie! Sie landeten fünf Meilen westlich der Drop Zone am Rand eines Canyons. Vom Wind abgetrieben? Von wegen! Alex wusste offenbar genau, was er tat.

      Den Landeaufprall fingen sie mit angewinkelten Beinen ab, dann fielen sie übereinander in den Sand. Bevor Alex die Schultergurte abschnallen und den Fallschirm einholen konnte, bauschte ein Windstoß die Seide auf. Vom geblähten Fallschirm ließ er sich mit ihr über den Rand des Canyons ziehen, kichernd, lachend, johlend vor Vergnügen, trotz der Gefahr.

      Sie sprangen über den Felssturz und landeten schließlich wie zwei Basejumper zwischen den vertrockneten Büschen im weichen Sand. Na toll! Und jetzt? Alex holte den Fallschirm ein und verstaute ihn im Rucksack, dann marschierten sie los. Die Landschaft glühte vor Hitze. Sie folgten einem schmalen Flusslauf nach Süden. Sie gingen. Sie schauten. Sie staunten. Sie redeten. Als Cassie stolperte, fing Alex sie auf. Wenn sie durstig wurde, gab er ihr einen Lifesaver mit Kirschgeschmack zum Lutschen. Als sie rasten wollte, hockte er neben ihr auf dem Felsvorsprung und legte seinen Ellbogen ganz selbstverständlich auf ihr angezogenes Knie.

      Nach acht Meilen erreichten sie den Highway nach Moab. Als sie die mit Büschen und Bäumen überwucherte Böschung hinaufkletterten, standen sie direkt vor Hole ’n the Rock, einem roten Felsen mit einer Höhlenwohnung, einem Souvenir Shop und einem Trading Post. Hier wartete der Pickup, der sie nach Moab bringen sollte. Während der Fahrt legte Alex seinen Arm um sie, und Cassie lehnte sich an ihn, als würden sie sich seit vielen Jahren kennen, nicht erst seit wenigen Stunden.

      Er rieb seine Nase an ihrer Wange und küsste sie sanft.

      Sie wich ihm nicht aus. »Wofür war der?«

      »Du siehst erschöpft aus nach der langen Wanderung. Ich dachte, der Kuss würde dir gut tun.«

      Sie lachte. Dann drehte sie sich zu ihm um und küsste ihn auf die Lippen. »Du siehst aus, als könntest du auch einen vertragen.«

      Ankunft in Moab: Alex und Cassie standen auf dem Parkplatz, verschwitzt, verstaubt, verlegen, verliebt. Und jetzt? Cassie wollte ihn zum Abendessen einladen, um sich für den Sprung bei ihm zu bedanken. Sie wollte ihn gerade fragen, in welchem Motel er wohnte, und ob sie bei ihm mal schnell duschen konnte ...

      ... da klingelte sein Handy.

      Alex zog es aus der Tasche seiner Jeans, schaute auf das Display und presste die Lippen aufeinander. »Hallo, Shyla. Wie geht’s dir?« Seine Stimme klang sanft. »Ich komme gerade aus Canyonlands zurück, deshalb konntest du mich nicht erreichen. Der Sprung war toll ... Ja ... Okay ... Keine Ahnung, Shyla, ich weiß noch nicht, wann ich zurückkomme ... Ich brauche noch etwas Zeit für mich ... ein paar Tage ...«

      In ihr zerbrach etwas. Ein Traum. Eine Sehnsucht.

      Na klar, Alex hatte eine Freundin.

      Während er mit Shyla sprach, drehte Cassie sich um und ging mit Tränen in den Augen. Als sie den Highway erreichte, weinte sie mit zuckenden Schultern.

      Eine Weile saß Cassie reglos auf dem Bett und versuchte, die verträumten Erinnerungen an die Zeit vor zehn Jahren abzuschütteln. Wie schnell sie sich in Alex verliebt hatte! Wie überwältigend ihre Gefühle für ihn gewesen waren!

      Wenn sie zurückblickte, gab es vieles, das sie gern ändern würde. Entscheidungen, die sie heute anders treffen würde. Die Höhen und Tiefen einer turbulenten Beziehung, verletzte Gefühle und zerstörte Hoffnungen. Und Tränen, von denen sie sich wünschte, sie hätte sie nie geweint.

      Eines stand fest: Sie beide, Alex und sie, hätten sich mehr Zeit füreinander nehmen sollen, für ihre Liebe und ihr Glück.

      Nun war es zu