Jürgen Ruszkowski

Schiffsreisen damals - Band 123 in der maritimen gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski Teil 1


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Zeitung vom 4. März 1908 (Morgenausgabe) war zu lesen, dass „die Fahrten namentlich für Vergnügungsreisende, die in den einzelnen Häfen einige Stunden oder wenige Tage Aufenthalt genießen und so hinreichend Zeit für Ausflüge und Besichtigungen finden, in Betracht kommen.“

      Wie verlief eine solche Fahrt im Allgemeinen? Der 19jährige Johannes Hubert aus Cranz an der Elbe schildert in seinen „Lebenserinnerungen des Kapitäns Johannes Hubert“ (aus Jürgen Ruszkowski: „Seemannsschicksale", Band 2e) sehr eindrucksvoll eine Reise, die er als Vollmatrose an Bord der „PERA“ erlebte und die gut zwei Monate dauerte.

       Mit Passagieren nach Levante

      Also musterte ich wieder auf einem anderen Schiff an. Es war die „PERA“, ein Fracht- und Passagierdampfer, der 80 Fahrgäste mitnehmen konnte und Tourenfahrten nach der Levante machte. 60 Passagiere fuhren mit, als am 26. April 1899 die Reise losging. Das Wetter war gut und die Gäste guter Laune, in der Hauptsache deshalb, weil sie noch nicht seekrank waren. Der Dampfer lief bei gutem Wetter 13 bis 14 Kilometer, das war in der damaligen Zeit eine sehr große Fahrt.

      Am 28. April kamen wir in Le Havre an. Früh um sechs Uhr kam dann die „Schwarze Gang“ an Bord. Schwarze Gang war ein anderer Name für den Zoll, der ja bei Auslandsreisenden ein ungern gesehener Gast ist. Sie fanden aber nichts, vielleicht waren aber auch die Verstecke zu gut, wer kann das heute noch wissen. Das meiste unserer Ladung war für Griechenland bestimmt und zwar für Patras, Korinth, Piräus, Athen und Saloniki, der Rest der Ladung ging nach Smyrna und Konstantinopel, Konstanza in Rumänien, Odessa und Batum.

      Das Schiff war wunderbar eingerichtet und damals eines der besten Schiffe Deutschlands. Bei Kap Finistere und Gibraltar wurden Flaggensignale gegeben, die Nachrichten wurden dann an die Reederei weitergeleitet. Drahtlose Telegrafie gab es ja an Bord noch nicht, heute ist das alles selbstverständlich.

Grafik 5

       Passagiere und Schiffsführung an Bord der „PERA“ Weihnachten 1902.

      Am 12. Mai 1899 waren wir dann in der Nähe von Algier. Zwei Tage später sahen wir Malta, und da es gerade Tag wurde, konnten wir die Insel gut sehen. Die Passagiere waren natürlich alle an Deck, sie wollten für ihr Geld auch etwas haben. Wir fuhren deshalb auch ganz dicht an Malta vorbei.

      Durch den griechischen Archipel ging die Fahrt dann weiter, und abends waren wir in Patraa. Einen Tag hatten wir dort Aufenthalt. Durch den Kanal von Korinth dampften wir nach Korinth. Der Kanal ist an einigen Stellen so eng, dass sich zwei Schiffe nicht begegnen können.

      Dass aus Korinth die Korinthen kommen, weiß inzwischen wohl jedes Kind, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass wir dort Korinthen und Rosinen als Ladung übernahmen. Die Gegend ist wunderschön, und da wir an einem Sonntag dort waren, hatten wir auch Gelegenheit, mal an Land zu gehen und einen Ausflug in die Umgebung zu machen. Mit einem Eselsgespann kamen wir wieder zurück, übrigens wurde die Ladung auch mit Eselgespannen an Bord gebracht.

      Die Fahrt ging am 21. Mai 1899 weiter und zwar nach Piräus, der Hafenstadt von Athen. Wir kamen abends an, blieben aber ein paar Tage länger, weil wir dort unsere Hauptladung löschen mussten. Hier haben wir in unserer Freizeit herrliche Ausflüge gemacht. Wir waren in Athen und Umgebung, alles wurde besichtigt, die Altertümer bestaunt, und wir waren sehr beeindruckt von all den Sehenswürdigkeiten. Aber auch die Bewohner dieses Landes sahen uns gern als ihre Gäste, und wir wurden häufig eingeladen. Die Bevölkerung war überhaupt sehr deutschfreundlich. Unsere Ladung bestand hauptsächlich aus Südfrüchten, und wir versorgten uns auch damit. Viele Fahrgäste stiegen hier aus, sie wollten länger in diesem schönen Land bleiben.

      Wir hatten aber immer noch 31 Passagiere an Bord. Am 23. Mai machten wir uns auf den Weg nach Saloniki. Auch dort holten wir Südfrüchte an Bord, und am 27. Mai 1899 kamen wir nach Smyrna, dem Teppichland. Hier war nun wieder Gelegenheit, kleine Nebengeschäfte zu machen. Ich habe mir dort einen Teppich eingehandelt, wo der aber später geblieben ist, weiß ich nicht mehr. Sicher habe ich ihn versilbert. Die Fahrt durch die Dardanellen war herrlich, wie es wohl immer besonders schön ist, wenn man etwas zum ersten Mal sieht. Konstantinopel ist eine einzig schöne Stadt und beeindruckte uns sehr. Die Bauten machten auf uns einen großen Eindruck, und wir hätten gerne einmal gewusst, wie es hinter den Haremsmauern aussah.

Grafik 6

       Passagiere und Schiffsführung an Bord der „PERA“ im August 1909 auf einer der letzten Reisen des Kapitäns Johann Hinrichs

      Von der Reederei aus wurden verschiedene Feste auf unserem Schiff gefeiert. Viele Damen und Herren, die in Konstantinopel ansässig waren, wurden eingeladen, und es ging dann an Bord hoch her. Wir erlebten das aber nur als Zaungäste, denn noch waren wir ja nicht Kapitäne, und bis dahin war es noch ein weiter Weg. Wir hatten aber auch so unseren Spaß. Durch den Bosporus setzten wir unsere Reise fort. Die Durchfahrt war sehenswert, all die herrlichen Bauten, prunkvollen Paläste mit märchenhaften Gärten! Wir schauten uns bald die Augen aus dem Kopf, Haremsdamen konnten wir aber nirgends entdecken, die interessierten uns nun mal ganz besonders. In Konstantinopel blieben wir nur vier Stunden.

      Am 5. Juni 1899 verließen wir Odessa und fuhren weiter nach Batum. In Konstantinopel hatten uns alle Passagiere verlassen, wir waren nun wieder nur Frachtdampfer. Batum am Schwarzen Meer wird die russische Riviera genannt. Die Gegend ist aber auch wunderschön, und es gab viel zu sehen. Heute nach sechzig Jahren sind mir alle meine Reisen noch so gegenwärtig, als hätte ich sie erst gestern erlebt. In Hamburg kamen wir am 24. Juni 1899 an.

       Die Sonnenfinsternis von 1905

      Text aus der website www.friedensblitz.de/sterne/sonne/1905.html

      Die Sonnenfinsternis vom 30. August 1905 war weltweit ein Aufsehen erregendes Ereignis, denn mit Beginn der astrophysikalischen Forschung stellte die Sonne ein Hauptforschungsgebiet dar. Über die Sonne war zu dieser Zeit noch relativ wenig bekannt. Da die Kernphysik in den Kinderschuhen steckte, war über den Mechanismus, wie die Energie der Sonne erzeugt, noch nichts bekannt. Folglich waren die Theorien über die Natur der Korona, der Chromo- und der Photosphäre sehr unzureichend, und Sonnenflecken sowie Protuberanzen stellten ungelöste Probleme dar. Bei der Finsternis von 1905 kam der glückliche Umstand hinzu, dass sie von vielen verhältnismäßig leicht zugänglichen Orten der Erde beobachtet werden konnte. Die Zone der Totalität erstreckte sich vom Winnipeg-See in Kanada, über Labrador, den Atlantik, Spanien, die Balearen, Algerien, Tunesien, Ägypten bis nach Saudi Arabien.

      Von vielen großen Observatorien wurden Expeditionen entsandt. So kam es, dass auch die Hamburger Sternwarte unter ihrem Direktor Professor Dr. Richard Schorr Interesse an einer eigenen Reise hatte. Der Hamburger Expeditionsstandort sollte der kleine Ort Souk-Ahras in Nordalgerien werden.

      In Hamburg existierten damals keine Instrumente zur Sonnenbeobachtung, so dass diese neu beschafft werden mussten. Die Aufgabe, Mittel fair den Kauf von Spezialteleskopen zu beschaffen, schien Schorr wohl relativ leicht gefallen sein, denn der Bau der Hamburger Sternwarte in Bergedorf stand kurz vor der Bewilligung, und Schorr hatte zur Abdeckung von Finanzierungslücken eine Reihe einflussreicher Kaufleute besucht, um sie um Unterstützung zu bitten. Ihm waren daher die vielen Geldquellen wohl bekannt. Von der Kellinghusen-Stiftung, der Jänisch-Stiftung und von Eduard Lippert hatte er sehr bald 5.000 Mark zusammen, vom Hamburger Senat weitere 10.000 Mark. Von diesen Geldern wurden neben den Reisekosten zwei größere Instrumente finanziert. Das eine war ein Fernrohr mit einem Objektiv von 16 cm Durchmesser und einer Brennweite von 20 m. Das zweite neue Instrument war ein Teleskop zur Planetensuche innerhalb der Bahn des Merkurs. Es wurde ebenfalls bei Zeiss gekauft und bestand aus zwei gegeneinander ein wenig geneigten Fernrohren. Mit diesem „Doppeläquatorial" konnte der östliche und der westliche Rand der Sonne gleichzeitig aufgenommen werden.

      Als die Instrumente Mitte Juli in Hamburg eintrafen, wurden sie zunächst im Garten der Sternwarte am Millerntor probeweise aufgestellt. Der kleine Garten war mit den vielen Geräten restlos gefüllt. Unter den Instrumenten befand sich auch ein damals exotisches Gerät: