Rainer Garbe

Es hat noch draußen


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die Geschwister oft wurden, während sie in ganz jungen Jahren nebenan in ihren Betten lagen. Er nannte es immer „Austreten“ und erledigte es im Stehen, sodass sie den Strahl im Abfluss spritzen hören konnten. Um einiges lauter aber waren seine Fürze, die sie einzeln zählten und dabei auch auf die Länge und Lautstärke achteten. Eins, zwei, drei, vier wurde dann gekichert und kommentiert. Und wenn der Vater sie noch tratschen hörte oder Licht brennen sah, schickte er seinem „Gute Nacht“ noch ein sanftes „Murkst euch aus!“ oder „Macht finster!“ hinterher. Berger schüttelt sich und leert weiter das Regal. Als es schließlich geräumt ist, spürt er eine tiefe Befriedigung. Erfreulich wenig zu entsorgen ist am Waschbecken und dem darüberhängenden Schränkchen. Zwei angerostete Nagelscheren und ein Kamm, in dem noch Haare stecken: das Letzte, was von ihrem Körper geblieben ist. Berger schaut ein paar Sekunden auf die grauen gewellten Haare, bevor er den Kamm in den Sack fallen lässt. Nur noch die Spraydosen auf dem Regal und die alten Putzlappen hinter der Tür, dann ist das Bad geräumt. Der erste leere Raum im Haus. Dieser Erfolg muss belohnt werden, also Kaffee und Kuchen.

      Er hat so konzentriert gearbeitet und sich in seine Erinnerungen fallen lassen, dass er erst jetzt merkt, wie warm es draußen ist. Minuten später sitzt er wieder im Eiscafé, im ruhigeren hinteren Teil am Fenster, wo nur drei ältere Frauen am Nebentisch plaudern. Die Inhaberin grüßt ihn schon mit einem freundlichen Hallo und bringt wieder Kaffee und Käsekuchen. Berger öffnet das kleine Fenster, schaut auf den Langerfelder Markt, hört die Vögel zwitschern.

      Einen Spaziergang durch die Straßen würde er jetzt gerne machen, die Sonne im Gesicht. Aber sie müssen sich ranhalten. Bald ist Sommer, dann wird es noch genügend Gründe geben gegen die Arbeit im Haus. Die Tennissaison steht bevor, das heißt: Mannschaftsspiele an mindestens fünf Wochenenden, andere Turniere nicht mitgerechnet. Dazu kommt natürlich der Job und der eine oder andere Urlaub oder Kurztrip. Und da ist auch noch Britta, Bergers Freundin, die ihn nicht nur als Entrümpler erleben will.

      Ich muss mich aufs Ausräumen konzentrieren, darf mich nicht ablenken lassen von den Dingen, den Erinnerungen. Wie ein Unbeteiligter, ein Besucher. Aber nein. Das würde nicht funktionieren. Das hier ist mein Abschied. Von dir, vom Vati, von meiner Kindheit.

      Auf einmal überkommt ihn eine wohltuende Gelassenheit. Er hat doch Zeit. Er kann sich in Ruhe von seiner Vergangenheit verabschieden. Und das wird er auch tun. „Uns drängt ja nichts“, hätte der Vater gesagt.

      Der Keller fällt ihm ein. Da will er heute doch noch einmal reinschauen. Seit Jahrzehnten ist er da unten nicht mehr gewesen. Ob der Tenniskoffer, den er dem Vater vor mehr als 30 Jahren zu Weihnachten geschenkt hat, noch in der Waschküche liegt? Wäre doch Kult, mit dem Ding im Club aufzulaufen. Oder die alten Holzschläger: den schwarzen mit dem orangen und roten Balken im Herz, den Björn Borg damals spielte.

      Er nimmt seine Jacke, zahlt und geht über den Marktplatz. Müllsäcke muss er noch besorgen, bei „Seifen-Gans“. Hier kaufte er immer sein DuschDas. Später war eine Zeitlang ein Früchte-Shampoo der Renner, Erdbeer und Apfel seine Lieblingssorten. Einmal probierte er sogar einen Tropfen davon, weil es so lecker roch: schmeckte natürlich nach Seife. Berger hält kurz inne, als er das Geschäft betritt: eine ähnliche Stille wie im Elternhaus. Es riecht nach altem Putzmittel, spärliches Neonlicht fällt in die wenigen Regalreihen. Aus dem hinteren Teil des Ladens erscheint eine Frau in einem Kittel und geht langsam in Richtung Kasse. Ihre und Bergers Schritte sind kaum zu hören auf dem abgewetzten Linoleumboden. Einige der Regale sind nur zum Teil gefüllt. Berger greift sich eine Rolle Müllsäcke und bezahlt, sein Blick fällt auf die Kasse: ein älteres Modell. Sein förmliches „Auf Wiedersehen“ beantwortet die Frau mit einem melodischen „Tschööhö!“

      Als er wieder im Flur seines Elternhauses steht und auf die Packung Gummihandschuhe schaut, entscheidet er: genug für dieses Mal. Das Bad ist geräumt, und morgen ist auch noch ein Tag.

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