Michael Schenk

Sky-Troopers 2 - Die Beutewelt


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aus der Ferne.

      Die seltene Mahlzeit zu zweit, die sie nun genossen, die leichten Schatten unter seinen Augen … Es war nicht alleine das Alter und die Sehnsucht, die Nähe der Tochter zu spüren. Joana spürte, dass ihr Vater von Sorgen geplagt war.

      „Chief?“

      Eine seiner Augenbrauen hob sich unmerklich. „So hast du mich immer als kleines Mädchen genannt, wenn du dir etwas Besonderes gewünscht hast. Ich schätze, diesmal geht es dir aber nicht um ein echtes Indianerpferd, oder?“

      „Dein Haar wird grau und deine Falten werden tiefer.“

      „Du könntest es ein wenig höflicher formulieren und von meiner zunehmenden Weisheit sprechen.“

      Sie lachten beide und Joana langte über den Tisch hinweg und ergriff die Hand des Vaters. „Du bist in Sorge. Ich spüre das. Und ich fühle, dass es mit dem neuen Antrieb zusammenhängt. Du hast diese kleine Falte auf der Stirn, wenn du ihn erwähnst.“

      John räusperte sich. „Lassen wir meine Falten einmal beiseite. Aber du hast recht, mein Kleines. Allerdings ist es nicht der Nullzeit-Sturzantrieb, der mich beunruhigt, sondern die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Wir sprachen ja bereits darüber, dass Handel und Kolonisation anderer Planeten wohl zunehmen werden. Darin sehe ich eine Gefahr, denn die Menschheit wird sich zunehmend zerstreuen und in Splittergruppen zerfallen.“

      „Splittergruppen?“

      „Im Augenblick leben wir auf nur wenigen Welten. Die meisten sind nicht dicht besiedelt und bilden richtige Gemeinschaften. In diesen leben verschiedene Interessengruppen. Sie haben gemeinsame Regeln, an die sie sich halten und die das Zusammenleben erst ermöglichen. Wenn wir mühelos auch die fernsten Welten erreichen können, dann kann es sein, dass die Gegensätze aufbrechen, denn es besteht kein Zwang mehr, miteinander auszukommen. Man weicht dem Konflikt und der Konfliktlösung aus, indem man sein eigenes Reich gründet.“

      „Und du hältst das für schlecht?“

      „Ich befürchte, dass es früher oder später keine gemeinsame Ordnung mehr geben wird. Das Direktorat wird weise handeln müssen, damit wenigstens ein lockerer Bund bestehen bleibt.“

      „Du sprichst von Konflikten. Glaubst du, dass es jemals wieder einen Krieg zwischen Menschen geben könnte? Wie damals den Kolonialkrieg, der zur Bildung des Direktorats führte?“

      „Mein Kleines, wir Menschen sind nicht wirklich zivilisiert. Zwar geben wir uns den Anschein, weil die gemeinsamen Regeln es erfordern, doch die meisten Menschen sind bereit, diese Regeln zu brechen. Es gibt noch immer Habgier, Betrug und Gewalt, und was in kleinerem Maßstab existiert, kann sich auch wieder ausbreiten. Zudem sehe ich noch eine andere Gefahr. Denk an die Hanari.“

      Joana nickte mit nachdenklichem Gesicht. „Ich verstehe. Die Hanari werden sich entwickeln, aber ich glaube nicht, dass sie jemals unsere Feinde werden. Sie wissen, was wir für sie getan haben. Aber wenn wir auf eine nichtmenschliche Intelligenz gestoßen sind, so wird es wohl auch noch andere geben. Intelligenzen, die technisch weiterentwickelt sind.“

      „Und die möglicherweise eine feindselige Einstellung haben. Bei deren Erstkontakt es vielleicht zu fatalen Missverständnissen kommt.“ Der Hoch-Admiral blickte zur Panoramascheibe hinüber. „Seit den Anfängen der Raumfahrt, vor über zweihundert Jahren, sucht die Menschheit nach Anzeichen für intelligentes außerirdisches Leben. Dann sind wir zufällig auf die Hanari gestoßen, deren Zivilisation noch nicht einmal den einfachsten Funksender entwickelt hatte. Bei der Vielzahl der Sternensysteme wäre es von uns vermessen, zu glauben, wir seien die einzige raumfahrende Intelligenz. Wir sind nur noch nicht auf sie gestoßen, doch der Kontakt mit den Hanari zeigt uns, dass dies nur eine Frage der Zeit ist. Jetzt, mit dem Nullzeit-Sturzantrieb, kann es noch ein paar Jahre dauern, bis ein Erstkontakt erfolgt. In gewisser Weise mag es dann gut sein, wenn die Menschheit künftig über mehr Planeten verstreut ist. Wir können nicht ausschließen, dass es zu einem Konflikt kommt, auch wenn ich glaube, dass ein interstellarer Krieg, wenn es ihn denn jemals gäbe, für keine Seite zu gewinnen ist.“ Er sah Joana in die Augen. „Stell dir einmal die Frage, ob wir unsere Freunde, die Hanari, militärisch hätten bezwingen können.“

      „Niemals“, sagte sie prompt im Brustton der Überzeugung. „Wir könnten ihre Welt besetzen und sie unterdrücken. Doch sie würden fraglos von uns lernen und eines Tages würde ihr Widerstandswillen in einer Revolte münden. Es sei denn, wir rotteten sie vollständig aus, indem wir ihre Welt unbewohnbar machten.“ Joana sah ihren Vater ernst an. „Solche perversen Gedanken gefallen mir nicht. Sky-Trooper sind dazu da, um Leben zu schützen, und nicht, um es zu nehmen.“

      „Ich bin froh, dass du so denkst, und ich hoffe, dass Direktorat und Sky-Command auch in ferner Zukunft so denken. Ein interstellarer Konflikt würde nichts als Elend und Hass hervorrufen.“

      „Du sprichst gerade so, als würdest du fest mit einem solchen Konflikt rechnen.“

      John Redfeather schüttelte den Kopf. „Nein, das tue ich nicht. Aber als Hoch-Admiral der Direktorats-Flotte muss ich mich auch mit solchen Möglichkeiten auseinandersetzen. Gleichgültig, ob in der Zukunft ein Konflikt zwischen uns Menschen oder mit einer nichtmenschlichen Rasse droht, unsere Sky-Navy und die Sky-Cavalry dürfen niemals das Mittel zum Zweck sein. Sie sind das Schild zwischen einem potenziellen Feind und der hilflosen Zivilbevölkerung, und ihr Schwert darf nicht der Vernichtung dienen. Ein Soldat sollte niemals Tod und Vernichtung zur Maxime seines Denkens erheben, er muss vielmehr dem Leben dienen. Wenn er kämpft, dann nur, um die Voraussetzungen, auch nötigenfalls mit Gewalt, zu schaffen, dass sich Feinde an einen Verhandlungstisch setzen. Dass man miteinander redet und eine friedliche Lösung herbeiführt.“

      „Als ich meine Kompanie auf der alten Heimat der Hanari in den Kampf führte, war keiner meiner Trooper heiß darauf, jemanden zu töten, obwohl wir es nicht ganz vermeiden konnten. Ich hörte auch nicht, dass sich irgendeiner damit brüstete.“

      „Es war eine Rettungsmission. Eine gemeinsame Anstrengung der vereinten Menschheit, um unsere Brüder im All zu retten. Es gab nur wenige Gegenstimmen und natürlich diese verdammte ‚Human Rights‘, die auch vor Terror nicht zurückschreckte, um die Rettung zu sabotieren. Ja, mein Kleines, dieser Einsatz war etwas, auf das wir alle wirklich stolz sein können.“

      „Darauf trinke ich“, meinte Joana und hob ihr Glas, auch wenn es nur Wasser enthielt.

      John Redfeather schüttelte den Kopf. „Nicht damit. Warte, ich hole uns den Single Malt.“

      Sie tranken beide sehr selten Alkohol und wenn, dann nur in Maßen und zu besonderen Gelegenheiten. Die Flasche, welche John Redfeather aus dem kleinen Getränkefach holte, war schon vor etlichen Jahren geöffnet worden. Er schenkte eine Fingerbreite in die Gläser und sie tranken den alten Whiskey mit Genuss.

      Der Hoch-Admiral trat mit seinem Glas zu der Panoramascheibe und winkte Joana zu sich. „Vor rund acht Stunden erhielt ich die Meldung, dass die D.S. Lightning aus dem Sturz gekommen ist. Sie ist nun im Anflug auf die Basis.“ Er tippte an das Implant. „Bild Anflugkontrolle, Dock-Pylon Drei, auf Fenster projizieren, Vergrößerung Vier.“ Für einen Augenblick schien eine Unschärfe über den Klarstahl zu ziehen, dann zeigte die Scheibe das Bild aus Sicht der Anflugkontrolle von der gegenüberliegenden Seite der Basis. Ein anfliegendes Raumschiff trat in den Mittelpunkt. „Nun“, meinte Redfeather leise, „was hältst du von deinem neuen Schiff?“

      „Mein neues Schiff?“ Joana sah irritiert auf das Bild.

      „Die D.S. Lightning ist der Prototyp der neuen Patrouillenkreuzer des Direktorats“, erklärte ihr Vater. „In Zukunft braucht man solche Riesenschiffe wie unsere brave Trafalgar wohl nicht mehr. Es gibt Pläne, sie als Rettungsschiff umzurüsten. Mit dem Nullzeit-Sturzantrieb kann man schnell auf den Notruf einer Kolonie reagieren und Hilfe entsenden. Aus den alten Trägerschlachtschiffen werden Rettungsträger, die vollgestopft sind mit Hilfsgütern für die verschiedensten Katastropheneinsätze. Die Kampftruppen unserer Sky-Cav werden ein paar zusätzliche Fähigkeiten erlernen müssen. Die Rettung verschütteter Personen, Bekämpfung von Großfeuern, Versorgung verletzter oder