Eckhard Lange

Die Vergessenen


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      Eckhard Lange

      Die Vergessenen

      Vermutungen über vier Frauen aus den Anfängen des Christentums

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       JUNIA - 1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       LYDIA - 1

       2

       3

       4

       4

       5

       6

       7

       8

       PRISKA - 1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       12

       PHOEBE - 1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       EINIGE ANMERKUNGEN ZUM BESCHLUß

       Impressum neobooks

      JUNIA - 1

      Johanna hatte ihre Freundinnen in ihrem großzügigen Haus in Magdala versammelt, und fast alle waren erschienen. Nur Maria, die Mutter des Meisters, trauerte noch immer um den Sohn, obwohl die Nachricht seiner Auferweckung sie ein wenig getröstet hatte. Aber die Aufregungen der Wochen zuvor, der schmerzliche Anblick des Gefolterten, das Miterleben seines Todeskampfes am Kreuz hatten sich tief in ihr Gemüt eingeprägt, das ließ sich nicht einfach verdrängen. So hatte sie Johanna die Nachricht überbringen lassen, sie fühle sich noch nicht in der Lage, den Weg von Kapernaum herüber zu wandern.

      Die anderen Frauen hatten sich im Atrium des Anwesens des Chusa versammelt, die Sklavin reichte frische Datteln und Weintrauben, süßes Brot und den mit Wasser vermischten Wein von den Hängen Galiläas. Während ihre Mutter die Gäste begrüßte, saß die kleine Junia still in einer Ecke und schrieb eifrig auf ihrer Wachstafel, doch wer genau hinübersah, konnte unschwer erkennen, daß sie mehr auf das Gespräch der Frauen horchte als die Rechenaufgaben zu lösen, die ihr Vater ihr gestellt hatte. „Ich muß die Getreidelieferungen zusammenzählen, die im Palast eingegangen sind,“ hatte er ihr gesagt, „da kannst du mir sicherlich schon ein wenig behilflich sein.“ Stets hatte er ihr Aufgaben überlassen, an denen sie etwas lernen konnte, und da er die Listen natürlich immer selber aufstellte und nachrechnete, konnte er die Ergebnisse der Tochter ohne große Mühe damit vergleichen und so Lob oder Tadel aussprechen.

      Doch an diesem Tag galt Junias Aufmerksamkeit dem, was die Frauen dort über den Meister sprachen. Auch früher waren seine Worte, die Heilung eines Kranken, eine Auseinandersetzung mit seinen Kritikern Thema dieser Zusammenkünfte gewesen. Da hatten sie dann auch über die Hoffnungen auf die kommende Herrschaft Gottes geredet, über die Feste, die der Meister diese Herrschaft vorwegnehmend mit vielen Menschen schon gefeiert hatte, über die geheimnisvollen Andeutungen, die er so oft schon gemacht hatte. Doch diesmal drehte sich alles um dieses erschreckende und doch auch tröstliche, ja Freude weckende Erlebnis, das Johanna gemeinsam mit Maria aus Magdala, Maria Klopas und Salome am Grabe des Meisters hatten. Und Junia nahm das alles auf, ihre kindliche Fantasie sah es wie mit eigenen Augen, was die Frauen dort erzählten.

      Sie kannte ja den Meister. Mehrfach war er zu Gast in ihrem Hause gewesen, hatte auch mit der Achtjährigen nicht nur ernsthaft gesprochen wie mit jemand,