Thay Phap Nhat

Da sein, Erkennen, Lieben


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Dinge sehen können. Alle Zen-Meister, alle Menschen, die die wahre, reine Natur ihres Selbst in ihrem Inneren erkannt haben und vollkommen präsent in diesem wahren Selbst verweilen, strahlen ganz von alleine das Licht der Weisheit und die Energie des Friedens aus. Das ist deshalb möglich, weil diese Energien der Weisheit und des Friedens kontinuierlich in ihrem Inneren strömen. Wenn wir in der Nähe eines solchen Zen-Meisters sind, fühlen wir uns friedlich, wir empfinden Liebe und Empathie in unserem Herzen. Ein Zen-Meister kann sehr viele Dinge in unserem Inneren und in unseren Augen erkennen, in dem Fenster zu unserer Seele. Doch wir brauchen uns deshalb nicht zu sorgen, denn er richtet seinen Blick auf uns stets mit Liebe und Nachsicht.

      Die wahre, reine Natur des Selbst gibt es nicht nur in einem Zen-Meister, sondern in jedem von uns. Um diese wahre, reine Natur des Selbst in uns zu erkennen, um die Liebe und das Verstehen in uns zu nähren, müssen wir stets in der Wirklichkeit verweilen, die gerade in diesem Moment geschieht. Um uns dieser Wirklichkeit bewusst zu sein, müssen unser Körper und Geist eins sein. Wo immer der Körper ist, muss der Geist sich ebenfalls aufhalten.

      Außerdem müssen wir üben, das Leben in all seinen Facetten mit den Augen der Liebe zu betrachten. Wenn wir, während wir von negativen Emotionen beherrscht werden, immer noch in der Lage sind, unseren liebevollen Blick beizubehalten, dann werden wir dadurch eine große Transformation erleben. Mit liebevollen Augen auf das Leben zu schauen wird uns viel Frieden und Befreiung bescheren.

      Das Leben mit liebevollen Augen zu betrachten

      Wird unser Leid vertreiben.

      Mitgefühl und Weisheit werden wachsen

      Und der Frieden wird zur Wirklichkeit.

      Im Leben wird es immer Hass und Liebe geben

      Wenn wir in unserem täglichen Leben keine Gelassenheit und Frieden in unserem Geist bewahren und das Leben nicht mit den Augen der Einsicht anschauen können, dann werden wir sehr leiden, sobald wir in die negativen Spiralen des Lebens hineingeraten. Eine dieser Spiralen ist die Spirale der Lästerei, der Gerüchteküche und der üblen Nachrede.

      In dem Wort „thị phi“ (Gerücht, üble Nachrede) auf Sino-Vietnamesisch bedeutet „thị“ richtig oder korrekt und „phi“ bedeutet falsch. Ein und derselbe Vorfall kann für eine Person richtig sein und für eine andere Person falsch. Wenn wir nicht über unsere eigene Einsicht verfügen, dann werden wir in dem fortlaufenden Richtig–Falsch des Lebens umkippen. Wenn wir beginnen zu schwanken, dann können wir unsere Ziele nur schwer erreichen.

      Wir müssen den Auffassungen anderer Menschen Gehör schenken, doch nicht weniger wichtig ist es, unserem eigenen Herzen zuzuhören, unseren eigenen tiefen und vielleicht sogar heimlichen Wünschen. Wenn wir erst einmal entschlossen sind, wenn wir unseren eigenen Weg klar vor uns sehen, dann sollten wir furchtlos und zielstrebig voranschreiten. Denn nur du selbst kannst dein Leben in die Richtung lenken, in die du gehen möchtest.

      Wenn wir wachsen wollen, wenn wir entschlossen und mit kräftigen Beinen vorangehen wollen, dann müssen wir unsere beiden Beine zum Gehen verwenden und unsere beiden Augen zum Beobachten nutzen. Wenn es jemanden gäbe, der uns dabei helfen könnte, wenn jemand mit seinen Beinen für uns gehen könnte, dann wären unsere eigenen Beine bald schon nicht mehr kräftig und gesund. Wenn jemand anderes anstatt unserer selbst die Welt für uns beobachten könnte, dann würden wir bald die Fähigkeit verlieren, unsere eigene Sicht auf die Dinge zu entwickeln.

      Wenn ein Kind gerade das Laufen zu üben beginnt, dann muss es viele Male hinfallen. Doch sobald die Beine stark genug sind und das Kind genügend geübt hat, kann es sogar rennen, springen, tanzen… und es wird überhaupt keine Angst davor haben, hinzufallen oder zu stürzen. Um auf unseren eigenen Beinen stehen und gehen zu können, brauchen wir viel Mut und Kraft.

      Die wahre Essenz des Lebens klar sehen zu können ist eine von vielen Fähigkeiten, die uns dabei helfen, genügend Kraft und Mut aufzubringen, um die Schwierigkeiten des Lebens zu überwinden, ganz besonders die üble Nachrede.

      Der Mond erstrahlt am Himmel. Er schadet überhaupt niemandem, aber trotzdem gibt es Menschen, die ihn nicht mögen. Wenn wir dies verstehen können, dann werden wir genügend Mut haben, um auf dem Pfad voranzuschreiten, den wir für uns persönlich gewählt haben. Ein mildes, friedliches Lächeln wird in unserem Gesicht erblühen angesichts der „richtigen“ und „falschen“ Dinge des Lebens.

      Ich möchte eine alte, sehr interessante Volksgeschichte mit dir teilen. Sie lautet wie folgt:

      In einer wenig beschäftigten, ruhigen Zeit fragte der König Đường Thái Tông seinen eng vertrauten Hofbeamten namens Hứa Kính Tôn: „Ich sehe, dass Sie einen ehrbaren Charakter haben, der nicht mit den gewöhnlichen Leuten verglichen werden kann. Warum werden dennoch so viele Gerüchte über Sie erzählt?“

      Hứa Kính Tôn antwortete: „Eure Majestät. Der Regen im Frühling strömt wie Öl über die Erde. Die Bauern freuen sich, weil das Wasser in ihre Reisfelder eindringt, doch die Fußgänger hassen den Regen, weil er die Straßen rutschig macht. Der Mond im Herbst strahlt hell und klar wie ein Spiegel, der am Himmelszelt hängt. Die Dichter freuen sich, weil sie eine Gelegenheit haben, ihre Gedichte im Mondlicht vorzutragen, doch die Einbrecher hassen den Mond, weil das Licht des Mondes in jedes Haus hineinscheint, sodass sie nicht unbemerkt eindringen können. Himmel und Erde sind von Natur aus unvoreingenommen, sie bevorzugen oder benachteiligen niemanden. Trotzdem wird das Wetter von vielen Menschen kritisiert, sie hassen die Sonne oder den Regen. Ich selbst bin noch nicht einmal eine perfekte Person, wie könnte ich da der Kritik und den abfälligen Bemerkungen anderer Leute entgehen? Also denke ich, dass man gegenüber den Gerüchten in der Welt einen kühlen Kopf bewahren sollte und ihnen nicht voreilig Glauben schenken sollte. Wenn ein König den Gerüchten über seine Beamten Beachtung schenkt, dann wird er ihnen schaden. Wenn Eltern an die Gerüchte glauben, die über ihre Kinder verbreitet werden, dann werden sie ihre Kinder im Stich lassen. Wenn Mann und Frau den Gerüchten über einander Beachtung schenken, dann werden sie sich trennen und ihre Familie wird auseinander brechen. Das Gift der Gerüchte ist stärker als das einer Schlange, die Klinge der Gerüchte ist schärfer als das eines Schwertes. Gerüchte können töten, ohne eine Blutspur zu hinterlassen.“

      Im Leben wird es immer Hass und Liebe geben.

      Hoch am Himmel erstrahlt der Mond in Liebe.

      Der heilige Pfad führt zu Liebender Güte, Mitgefühl, Freude und Gleichmut -

      Er öffnet sich weit und leuchtet in alle zehn Richtungen.

      Das Glück im Hier und Jetzt finden

      Als ich heute morgen aufgewacht bin, habe ich mich besonders friedlich gefühlt. Morgens aufzuwachen und den neuen Tag mit einem Lächeln zu begrüßen ist zu einer Gewohnheit für mich geworden. Es hat mir dabei geholfen, mein Bewusstsein alle Geschehnisse des Lebens beleuchten zu lassen. Die Vögel singen draußen vor meinem Fenster. Ihr Klang ist melodisch und friedlich. Die Sonnenstrahlen durchfluten bereits mein Tee-Zimmer. Ich kann die Wärme der Sonnenstrahlen spüren, die sich in meinem Zimmer ausbreitet.

      Das Leben ist wirklich ein Genuss. Wir genießen den gegenwärtigen Moment, der gerade ist. In diesem Genuss ist auch das Zurückkehren zu sich selbst und das Erkunden der Schönheit im Hier und Jetzt enthalten. Die Gegenwart streckt uns immer ihre Arme entgegen, um uns willkommen zu heißen. Ob wir dies spüren können, hängt davon ab, ob wir ein waches Bewusstsein haben. Wenn wir wirklich wach und in diesem Moment präsent sind, dann werden wir mit der fantastischen Schönheit des Lebens in Berührung kommen können.

      Das wahre Glück ist nur im gegenwärtigen Moment zu finden. Das Glück liegt in dem, was ist. Das Glück liegt niemals in dem, was kommt oder in dem, was war. Präsent zu sein im gegenwärtigen Moment, genau im Hier und Jetzt, bedeutet, das wahrzunehmen, was ist. Genau in diesem Moment stehen wir außerhalb des Zeitstroms. Wir werden zu einer unsterblichen Person. Nur solche Menschen, die im Strom der Vergangenheit und der Zukunft leben, sind weiterhin im Kreislauf von Geburt und Tod gefangen. Diejenigen Personen jedoch, die stets im gegenwärtigen Moment verweilen,