Emma Mahler

Nichts ist, wie es war


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bestätigte meinen Verdacht.

      Freust du dich? Ich bin wirklich schwanger!

      Ich will das Kind nicht, lass dir was einfallen! War seine Reaktion auf die Bestätigung der Neuigkeit.

      Das war wie ein Keulenschlag. Es ist doch auch sein Kind!

      Mein Frauenarzt tröstete mich, dass Väter manchmal so reagieren. Er findet sich schon mit der Situation ab. Er muss sich erst mit dem Gedanken anfreunden. Bei manchen Männern ist das so.

      Er will das Kind nicht! Sagte ich ihm.

      Und sie? Ich möchte es!

      Dann behalten sie ihr Kind. Das ist ihre Entscheidung.

      Ich bekomme unser Kind! teilte ich im meine Entscheidung mit.

      Wieder dieses böse Grinsen. Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Auch das wird mir noch leid tun!

      Die Schwangerschaft war ein Drama. Seit ich meinem Mann mitgeteilt hatte, dass ich mein Baby bekomme, war er seltener Gast in unserer Wohnung. Nächtelang kam er nicht heim. Nicht einmal nach der Arbeit. Und wenn er dann endlich kam, dämmerte meistens nicht nur der Morgen. Er roch nach Parfüm und seine Kleider waren mit Make-up verschmiert. Wenn ich ihn darauf ansprach, meinte er nur, dass bilde ich mir ein. Da ist halt aus Versehen, mal jemand hingekommen.

      Du hast doch eine andere?

      Das bildest du dir auch ein!

      In dem letzten Monat meiner Schwangerschaft, fuhr er mich zu einer Untersuchung. Beim Bremsen rollte ein Lippenstift vor meine Füße. Wem gehört den der? Das wird deiner sein! Nein. Ich schaute ihn von der Seite an, das war nicht mehr der Mann, den ich geheiratet hatte. Kalt, rücksichtslos ist er geworden.

      Dann gehört er der Gerda.

      Das ist meine Schwester. Das ist nicht meiner, so eine Farbe würde ich nie tragen, entrüstete sie sich.

      Also doch, er geht fremd! Aber ich höre das Gras wachsen.

      Malte und ich waren ihm egal.

      Durch ein fürchterliches Geräusch wachte ich auf. Mein Sohn lag neben mir. Mein Mann war ja sowieso nie da. Erschrocken stemmte ich mich hoch. Im neunten Monat geht das nicht mehr so schnell. Wieder, das Geräusch. Kratzt da einer am Rollo? Starr vor Angst saß ich in meinem Bett. Da durchzuckte mich ein stechender, völlig bekannter Schmerz.

      Wehen! Ich bekam Wehen. Und allein, mit einem Dreijährigen. Was nun? Ich achtete auf die Abstände. Was mache ich jetzt. Völlig auf mich konzentriert, bemerkte ich meinen Mann erst, als er im Schlafzimmer stand.

      Ich habe Wehen! Kurz erklärte ich ihm, die Situation.

      Da meinte er, wir warten noch etwas, dann fährt er mich zu meinem Frauenarzt. Legte sich hin und schlief. Wir hatten ja noch Zeit und er war soo müde. Schließlich war es schon vier oder fünf. Da darf man müde sein. Oder etwa nicht?

      Ein paar Stunden später war ich bei meinem Frauenarzt.

      Heute Abend haben sie ihr Kind. Es dauert zwar noch, aber fahren sie gegen Abend in die Klinik.

      Mein Mann lieferte mich in der Klinik ab. Untersuchung.

      Das Kind kommt zu bald! Wir müssen sie an den Wehenhemmer anschließen.

      Was heißt das?

      Infusion, Ihr Kind darf noch nicht kommen.

      Telefonklingel.

      Wo bleibst Du, rief jemand ins Telefon. Gleich, wir müssen nur eine Patientin versorgen.

      Die ganze Nacht lag ich wach. Die Infusion brachte meinen Kreislauf völlig durcheinander. Meine Hände zitterten so stark, dass ich nicht mal von der Teetasse trinken konnte, ohne zu verschütten.

      Guten Morgen, wir machen ein paar Untersuchungen. Wir bringen sie gleich ins Untersuchungszimmer. Warum hat ihr Kind nicht kommen dürfen? fragte mich der Arzt.

      Was? Das fragen sie mich? Ihr Kollege sagte, es wäre zu früh. War ich die ganze Nacht umsonst an dem Wehenhemmer?

      Ihr Kind könnte eigentlich schon da sein! Jetzt lassen wir die Infusionsnadel drin und wenn wieder Wehen kommen, lassen wir ihr Kind kommen. Der Arzt lächelte mich dabei an.

      Wenn nicht gestern, dann halt heute oder morgen. Oder?

      Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag. Umsonst gewartet. Mein Baby wollte nicht mehr. Vielleicht hat es das komische Deckel auf, Deckel zu Spiel nicht mehr mitspielen wollen.

      Ich möchte heim. Da wartet mein Sohn auf mich. Gut, Fr. S. Aber wenn sie Wehen bekommen, kommen sie sofort.

      Hallo, das ist mein zweites Kind. Ich bleib da bestimmt nicht daheim.

      Wäsche über Wäsche. Die Wohnung sah schlimm aus. Ich putzte, wusch und hatte alle Hände voll zu tun, wieder Ordnung zu schaffen. Wie schafft ein Mann in einer Woche so einen Saustall. Alles lag rum.

      Mein Sohn war die ganze Woche bei der Oma gewesen. Langsam ekelten ich mich seine Make-up verschmierten Sachen überhaupt anzufassen.

      Sonntagabend, Ziehen in meinem Rücken. Wehen?

      Zuviel gearbeitet. Aber wer fragt schon danach! Ich war die Haushälterin meines Mannes. Mehr nicht!

      Montag lieferte er Malte und mich bei meiner Schwester ab. Sie hatte Geburtstag. Er fuhr zur Arbeit. Sagte er jedenfalls. Meinem Sohn gefiel es, er war gern bei meiner Schwester und ihren Töchtern. Da konnte man herrlich ausgelassen spielen.

      Meine Fruchtblase platzte.

      Du musst sie ins Krankenhaus fahren, sagte meine Schwester zu ihrem Mann. Geht das Fruchtwasser weg, kann es schnell gehen.

      Ins Auto, Tasche in unserer Wohnung holen und ins Krankenhaus. Aus dem Radio klang fröhlich laute Musik. So schön bin ich noch nie ins Krankenhaus gefahren worden.

      Ich wollte dich ablenken. ich hatte Angst, dass dein Baby im Auto kommt, gestand mir mein Schwager als ich wieder daheim war. Tschüss mach's gut Schwägerin. Und wo war mein Mann. Normalerweise war schon lange Dienstschluss.

      Das Kind rutscht nicht ins Becken. Nicht einmal die Infusion für Wehen nützte was. Zwei Ärzte bemühten sich, da nach zu helfen. Ich wurde bewusstlos. Als ich wieder zu mir kam, hörte ich die Schwester am Telefon sagen: Nein, Herr S. ihr Baby ist noch nicht da.

      Die Schmerzen und die Medikamente machten mich völlig apathisch. Das halte ich nicht mehr lange aus. Erschöpft sagte ich: Ich kann nicht mehr. Lasst mich doch einfach sterben. Die Schwester hielt mir den Mund zu. Irgendwie wurde mein Sohn geboren. Die Ohnmacht schützte mich vor den starken Schmerzen.

      Wo bin ich? fragte ich. Mir tätschelte jemand das Gesicht.

      Gott, sei dank sie sind aufgewacht!

      Zwei Ärzte standen neben mir und lächelten mich an. Wo ist mein Kind? Was habe ich?

      Sie haben einen Sohn!

      Wieder dieses liebe oder mitfühlende Lächeln. Langsam schob eine Schwester, das Bettchen mit meinem friedlich schlummerten Sohn zu mir.

      Ich möchte ihn in meine Arme nehmen.

      Nein, er liegt in einem Wärmebettchen. Da sollten wir ihn jetzt nicht rausnehmen! Die Erklärung des Arztes.

      In meinem Bett dachte ich über die lange schwierige Zeit, über die fast über meine Kraft gehende Geburt und über meinen Sohn, den ich noch nicht mal im Arm halten