Elsa Merten

Mora und...was bleibt.


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      Elsa Merten

      Mora und...was bleibt.

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1.Kapitel: Erinnerungen.

       2. Kapitel: Zum Anfang.

       3. Kapitel: Kinder- und Jugendzeit.

       4. Kapitel: Kriegsjahre.

       5. Kapitel: Die erste Liebe.

       6. Kapitel: Kriegsende.

       7. Kapitel: Eine eingefädelte Ehe.

       8. Kapitel: Vor und nach der Währungsreform.

       9.Kapitel: Der Text einer langen Nacht zum Leben einer mittlerweile erwachsenen Frau und Mutter.

       9.1 Kapitel: Man schrieb mittlerweile das Jahr 1955.

       9.2 Kapitel: Sich anbahnende Veränderungen.

       9.3 Kapitel: Rückblicke und Neuanfänge.

       10. Kapitel: Nach einer langen Nacht und einem langen Blick hinter aufgerissenen Vorhang.

       11.Kapitel: Brief an Mora.

       12. Kapitel: Was bleibt.

       Impressum neobooks

      1.Kapitel: Erinnerungen.

      Mora und…was bleibt.

      "Mir ist nichts erspart geblieben." Diese fünf Wörter, in die Mitte eines Zettels geschrieben, der einem Notizbuch entrissen worden war, starrten mich aus grellweißem Papier an.

      Fast schien es mir, als würden sie mich abwartend mustern, so wie Mora mich in

      ernsten Augenblicken zu mustern pflegte und sie begannen damit, diese paar Wörter,

      mich zu erinnern, zu erinnern und füllten dabei den ganzen Raum aus, in dem ich

      stand.

      „Du hast noch erfahren konnte, was Dir erspart geblieben war“, ging es mir durch den

      Kopf.

      Den Zettel an mich nehmend, verließ ich das kleine schmale, rechteckig geschnittene

      Zimmer, in das nur Licht durch die nach Süden ausgerichtete Balkontür eindringen

      konnte. Es war ihr in den letzten Jahren, nachdem wir aus dem Haus waren, eine Art

      Arbeitszimmer geworden.

      In diesem kleinen Zimmer ließ sie anrührende Verse und Heimatgeschichten entstehen,

      die in ihr auf selbstverständliche Art und Weise lebten, sie gar bedrängten, bis sie sie

      dann aus sich herausgelassen und niedergeschrieben hatte.

      Gedankenverloren ging ich auf die Küchentür zu. Fast behutsam, als würde ich noch

      einmal ihre warme Hand spüren können, drückte ich die Türklinke herunter.

      Dort, in dieser Küche, hatten die spontansten Gespräche stattgefunden und sich die

      ehrlichsten und intimsten Gedanken offenbart und eingenistet.

      Ich stand am großen Fenster, das den Blick zum Vorgarten und zur Straße hin frei gab

      und ließ zu, dass mein Durchatmen kurz stotterte.

      Von der Flut der immer wieder hier eintauchenden Morgensonne war jetzt nichts zu

      spüren. Mattigkeit atmete der Raum an diesem späten Nachmittag. Ich sah hinaus in

      den von ihr angelegten Vorgarten, in dem es verschwenderisch blühte. Es war nicht zu

      übersehen, dass Mora das hatte, was man den grünen Daumen nannte. Die meisten der

      farbig verschiedenartig blühenden Sträucher und Blumen hatte sie selbst gezogen. So

      auch die kleinwüchsigen rosa und weiß blühenden Wild-Rosenbüsche, die beidseitig und

      dicht gedrängt den Weg zum Gartentürchen säumten. Sie drückten sich eng aneinander, schoben dabei ihre Blüten dem Betrachter entgegen und es schien mir, als würden die vom Westen her einfallenden letzten Sonnenstrahlen an diesem Nachmittag den Weg und die Röschen von nie vorher gesehener Helligkeit ausleuchten.

      Den Zettel hatte ich noch immer in der Hand, gepresst zwischen Daumen und

      Zeigefinger.

      Die Pracht der Blüten im Vorgarten erreichte mich nicht mehr, als ich mich dem kleinen Tisch in der Ecke zuwandte. Ein kleines Notizbuch inmitten des Tisches zog mich an. Ehe ich es berührte hakte mein Blick fest an dem gefalteten Papierblatt darunter.

      Ich erkannte den Brief, meinen letzten Brief an sie und die eben noch eingetretenen wärmenden Gedanken schienen schlagartig zu fliehen.

      Unvorbereitet zeigten mir meine Erinnerungen ihre zuletzt schmal gewordene Gestalt. Hochaufgerichtet stand sie vor meinem inneren Auge erneut vor mir. Ihr von Zorn gerötetes Gesicht ließ mich unwillkürlich einen Schritt zurückweichen. Dann hörte ich sie noch einmal, diese schneidend kalte Stimme, wie ich sie davor von ihr noch nie so vernommen hatte. Die aus ihrem aufgebrachten Ich herausgeschleuderten Worte durchmaßen auch jetzt nochmal grell den Raum: „ In der Familie W., da gab es weiß Gott nirgendwo einen Sebulon, da hat sich kein Sebulon herumgetrieben. Vielleicht hättest Du nicht nach Buchenwald….“

      Ruckartig unterbrach ich hier meine Gedanken und fragte tonlos in den Raum: „Warum hast Du aus Deinen gerne verbreiteten, vielschichtigen Erzählungen die Ungereimtheiten nicht ausgeleuchtet?“

      Ich wandte mich wieder dem Fenster zu.

      „ Das war die Wende in unseren engen Beziehungen“, sagte ich mit ungewohnter Härte in der Stimme. So weit ich zurückdenken konnte, hatte ich sie auf einen Sockel der Bewunderung und Verehrung gestellt. Keinerlei kritische Gedanken ließ ich um sie herum zu. Dann war das anders. Ich konnte sie dennoch nicht vom Sockel holen, aber es fiel mir auch schwer, sie dort zu lassen.

      Zusammenhangslos hörte ich mich murmeln: „Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung, sagen sie das nicht so von alters her?“. Und sie schoben sich wieder heran, die zurückliegenden