Dr. phil. Anne-Barbara Kern

Nahrungsergänzung für hochsensible Menschen


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wie die Reizübertragung in einer Synapse funktioniert. Viele kennen das vielleicht noch aus dem Biologieunterricht, aber ich möchte es hier trotzdem noch einmal genauer erklären, um den Wissensstand herzustellen, der für das Verständnis der Zusammenhänge nötig ist.

       Abb. 1: Reizübertragung in einer Synapse

      Die Synapse ist der Ort, wo sich zwei Nervenzellen miteinander verbinden. Innerhalb einer Nervenzelle (= Neuron) wird der Impuls wie in einem Stromkabel elektrisch geleitet. An der Schnittstelle zwischen zwei Neuronen wird der elektrische Impuls in einen chemischen umgewandelt. Je nachdem, wie stark der Impuls ist, wird eine größere oder kleinere Menge an Botenstoffen gebildet. Diese Botenstoffe werden dann in den synaptischen Spalt freigegeben und wandern durch ihn zum postsynaptischen Neuron. Dort werden sie von Botenstoffrezeptoren aufgenommen und wieder in einen entsprechend starken elektrischen Impuls umgewandelt.

      Mitochondrien sind die Energie-Kraftwerke der Zellen. Sie kommen in allen Zellen vor und stellen ihnen die Energie für ihre Aktivität bereit; bei den Neuronen also für die Weiterleitung von elektrischen Impulsen, das Umwandeln in Botenstoffe und die Aufnahme von Botenstoffen durch die Rezeptoren.

      Man kann sich das Ganze wie eine Fabrik vorstellen: Wenn dort Produkte hergestellt werden, benötigt man dazu erst einmal entsprechend Energie, die die Maschinen antreibt. In den Nervenzellen wird diese durch die Mitochondrien bereit gestellt. Dann benötigt man natürlich Rohstoffe, um die Produkte herstellen zu können. In der Nervenzelle sind diese Produkte die Botenstoffe, die gebildet werden. Den Rohstoff für diese Botenstoffe liefern Aminosäuren, das sind Proteinbausteine, die in unserer Ernährung vorkommen. Diese Aminosäuren lassen sich vom Körper ganz leicht in Botenstoffe umwandeln. Und schließlich braucht man auch Werkzeuge, mit deren Hilfe man aus Rohstoffen Produkte herstellt. Im Fall der Nervenzelle ist Vitamin D ein sehr wichtiges Werkzeug: Es wird benötigt, um Aminosäuren in Botenstoffe umzuwandeln.1

      Wenn hochsensible Menschen aufgrund ihrer genetischen Veranlagung mehr Botenstoffe bilden, heißt das, sie benötigen für diese erhöhte Aktivität der Nervenzellen auch dementsprechend ausreichend Energie, Vitamin D und Aminosäuren. Darauf bauen die Empfehlungen in diesem Buch auf.

      Warum Nahrungsergänzung in drei Schritten?

      Als ich damit begonnen habe, mit Nahrungsergänzungsmitteln zu arbeiten, habe ich auch einige Blog-Artikel zum Thema veröffentlicht, die lebhaft kommentiert worden sind. Dabei ist mir aufgefallen, dass meine Blog-LeserInnen teils weniger zufrieden mit den Erfolgen waren als das bei meinen KlientInnen und mir der Fall war. Ich dachte lange darüber nach, woran das liegen könnte. Irgendwann wurde mir klar, dass meine KlientInnen und ich die Nahrungsergänzungsmittel in einer ganz bestimmten Reihenfolge eingenommen hatten, und dass es so eben besser wirkte, als wenn man sich nicht an diese hielt. Je mehr ich mich mit dem Thema befasste, umso klarer wurde mir auch, warum das der Fall war. Ich hatte da intuitiv etwas richtig gemacht.

      Zu allererst muss genügend Vitamin D vorhanden sein, da es benötigt wird, um Aminosäuren in Neurotransmitter umzuwandeln. Diejenigen meiner Blog-LeserInnen, die Aminosäuren eingenommen hatten, ohne vorher ihren Vitamin-D-Spiegel auf ein gutes Niveau zu bringen, hatten damit weniger Effekte. Genauso war es bei den Heilpflanzen. Wer es mit Heilpflanzen versucht hatte, ohne vorher Vitamin D und ausreichend Aminosäuren zu sich zu nehmen, hatte weniger Erfolge mit den nervenstärkenden Heilpflanzen. Das liegt daran, dass die Heilpflanzen die Gehirntätigkeit nur regulieren können. Wenn diese aber auf einem niedrigen Level ist, weil Vitamin D und/oder Aminosäuren fehlen, können auch die Heilpflanzen nicht ihr volles Potenzial entfalten.

      Den besten Effekt hast man deshalb, wenn man erst seinen Vitamin-D-Spiegel in Ordnung bringt, dann über 2-3 Monate eine Kur mit Aminosäuren macht und sich nach Abschluss dieser Kur eine Heilpflanze aussucht, die gut auf einen passt und die dann dabei hilft, den erreichten Stand langfristig zu halten.

      Ich nehme bereits Nahrungsergänzungsmittel ein - was tun?

      Viele Hochsensible nehmen bereits einiges an Nahrungsergänzungsmitteln ein, um ihre Nerven zu stärken. Wenn das bei dir der Fall ist, solltest du trotzdem von vorn anfangen und alle drei Schritte durchführen, sonst hast du nicht den Effekt, der tatsächlich möglich ist. Du kannst aber vieles beibehalten, das sich gut mit der Drei-Schritte-Kur verträgt. Bitte beachte folgendes:

       Schritt 1: Während der zehn Tage, in denen du deinen Vitamin-D-Spiegel in Ordnung bringst, kannst du alles weiter nehmen, was du bisher genommen hast.

       Schritt 2: Während du deine Aminosäuren-Aufbaukur machst, lässt du bitte alle Heilpflanzen weg, die du zur Beruhigung oder Stärkung einnimmst. Denn erstens brauchst du diese während der Kur nicht, weil die Aminosäuren ihre Wirkung ersetzen, und zweitens könnten unangenehme Wechselwirkungen mit den Aminosäuren auftreten. Dann denkst du am Ende, du würdest die Aminosäuren nicht vertragen, dabei hast du nur zu viel verschiedenes auf einmal genommen.

       Schritt 3: Die Heilpflanze, die du dir aussuchst, nimmst du bitte erst nach Abschluss der Aminosäuren-Kur ein. Wenn du dich dafür entscheidest, L-Tyrosin (die einzige Aminosäure, die auf Dauer eingenommen werden kann) langfristig einzunehmen, versuche erst, ob das allein ausreicht, um deinen Zustand stabil zu halten. Wenn nicht, nehme eine Heilpflanze dazu und teste, wie sich das verträgt.

       Alle sanften Nahrungsergänzungsmittel außerhalb der Drei-Schritte-Kur wie z.B. Magnesium, Kalium, OPC, Vitamin C, D, B12 und alle weiteren Vitamine, D-Ribose etc. kannst du immer einnehmen, sie vertragen sich mit allem, auch mit den Aminosäuren.

      Möglichkeiten und Grenzen der Nahrungsergänzung

      Mit Hilfe der drei hier vorgeschlagenen Schritte kannst du deine Gehirnfunktionen optimieren. Dadurch wird alles, was du an sonstigen Strategien anwendest, seien es Mentaltechniken wie Tapping, EFT (Emotional Freedom Techniques) oder neurolinguistisches Programmieren, seien es Entspannungstechniken oder Meditation und überhaupt alles an Therapie- und Coaching-Methoden, womit auch immer du dich beschäftigst, leichter und besser funktionieren. Mit all diesen Maßnahmen gibst du deinem Gehirn Impulse, die es nun besser umsetzen kann, weil ihm die Nährstoffe zur Verfügung stehen, die es dafür benötigt. Das heißt im Klartext, dass alles, was du tust, um dich weiter zu entwickeln, leichter wird und du schneller Erfolge erzielst.

      Warum Nahrungsergänzung allein nicht die Lösung ist, liegt daran, dass du durch sie einfach nur ein ganz neutrales Mehr an Energie bekommst, weil dein Gehirn leistungsfähiger wird. Doch ggf. vorhandene Verhaltensmuster bleiben weiter aktiv. Und ein leistungsfähigeres Gehirn kann auch negative Verhaltensmuster besser umsetzen, die sich dann stärker auswirken. Es ist ein wenig wie bei einem Rennwagen - er kann perfekt gewartet sein, alle Teile geschmiert, beste Reifen und vollgetankt. Doch wenn der Fahrer ihn vor die Wand fährt, hilft das alles nichts. Denn es kommt nicht allein darauf an, wie gut dein Gehirn funktioniert, sondern eben auch, was du damit machst, die Art, wie du es einsetzt. Hier zwei Beispiele:

       Der 52jährige Roland (Name geändert) litt unter Burnout, hatte schon mehrere Psychotherapien und zwei Klinikaufenthalte hinter sich. Nichts hatte ihm wirklich geholfen, so dass er berufsunfähig war und in Frührente lebte. Er war so schnell ermüdbar, dass er fast nichts machen konnte und sich sehr eingeschränkt fühlte. Durch die Drei-Schritte-Kur, wie ich sie in diesem Buch beschreibe, ging es ihm innerhalb weniger Wochen deutlich besser. Er konnte Dinge wieder tun, die seit Jahren nicht mehr möglich gewesen waren.

       Doch auch sein Perfektionismus wachte wieder auf! Dieser hatte ihn seinerzeit in den Burnout getrieben, da er sich damit ständig überfordert hatte. Hätten wir nicht gegengesteuert, hätte er seine wieder gewonnene Energie einfach dafür eingesetzt. Am Ende hätte er keine Verbesserung seiner Lebensqualität gewonnen. Ich zeigte ihm einige NLP-Techniken, mit deren Hilfe es ihm möglich war, zu erkennen, was das Wesentliche ist. Heute kann er sein Leben als Frührentner genießen,