William Shakespeare

Die beiden edlen Vettern


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er, der ungezügelte Tyrann,

      Der macht, daß man den Himmel nicht mehr fürchtet,

      Daß Niedertracht auf ihre Stärke trotzt,

      Auf Gunst vertraut und blindem Zufall huldigt;

      Der alles das, was andre für ihn thun,

      Sich selber zumißt, ihre Dienste fordert

      Und dabei Ruhm und Beute an sich reißt;

      Der furchtlos Böses thut, doch Gutes nie

      Zu thun sich untersteht. O, könnten Egel

      Dies Blut, das mich mit ihm versippt, aussaugen,

      Bis sie, der Fäulniß voll, vom Leib mir fielen!

      ARCITES.

      Mein guter Vetter, laß den Hof uns fliehn,

      Damit uns diese Schmach nicht auch ergreife

      Und unsre Milch nach schlechter Weide schmecke.

      Entweder Schurken oder Widersacher,

      Das ist für uns, die wir mit ihm durch Blut,

      Nicht durch Gesinnung nah verwandt, die Wahl!

      PALÄMON.

      Nur allzu wahr! Das Echo seiner Frevel

      Hat, wie ich glaube, taub gemacht das Ohr

      Der himmlischen Gerechtigkeit. Das Schrei'n

      Der Witwen dringt nicht zu der Götter Thron,

      Kehrt ungehört zurück. Valerius!

      (Valerius tritt auf.)

      VALERIUS.

      Der König schickt nach euch, doch eilet nicht,

      Bis sich erst seine Wuth gelegt. Als Phöbus

      Den Peitschenstiel auf seinen Sonnenrossen

      Zerbrach und aufschrie, war's ein Lispeln nur,

      Verglichen mit dem Aufschrei seiner Wuth!

      PALÄMON.

      Der kleinste Hauch bläst ihn zur Flamme auf;

      Doch was war jetzt der Grund?

      VALERIUS.

      Tödliche Fehde

      Entbot ihm Theseus, dessen Drohn allein

      Schon Schrecken ist. Vernichten will er Theben,

      Und naht sich, seinen Vorsatz auszuführen!

      ARCITES.

      Er möge kommen, fürchteten wir nicht

      In ihm die Götter, sollt' er uns nicht schrecken,

      Obgleich er stärker ist als unsrer Drei.

      Doch wer kann sich auf seine Kraft verlassen,

      Wenn, was er sonst mit Ueberzeugung thäte,

      Für Böses nur gethan wird?

      PALÄMON.

      Laß das jetzt,

      Um Theben handelt's sich und nicht um Kreon!

      Beiseit' zu stehn erlaubt uns Ehre nicht,

      Und gegen ihn zu streiten wär' Verrath –

      So müssen wir mit ihm bis an das Ende

      Sein Schicksal theilen.

      ARCITES.

      Ja, das müssen wir!

      Hat schon der Krieg begonnen, oder wird

      Noch unterhandelt?

      VALERIUS.

      Er hat schon begonnen!

      Zu gleicher Zeit mit unserm Boten traf

      Die Kriegserklärung ein.

      ARCITES.

      Zum König komm'!

      Wär' nur ein Viertheil von der Ehre sein,

      Die seinem Feind gebührt, so wagten wir

      Gesunden Aderlaß, und unser Blut

      Wär' nicht verschwendet, nein, gut angelegt.

      Doch so, da wir mit unsern Händen nur,

      Nicht mit den Herzen kämpfen, bringt's nicht Heil,

      Wie auch die Schläge fallen.

      PALÄMON.

      Das verkündet

      Der Richter, der nie irret, der Erfolg,

      Uns, wenn wir's selber wissen. Laßt uns jetzt

      Der Stimme unsres Schicksals folgen. Kommt!

      (Alle ab.)

      Dritte Scene

      (Vor den Thoren von Athen.)

      Pirithous, Hippolyta und Emilia treten auf.

      PIRITHOUS.

      Nicht weiter!

      HIPPOLYTA.

      Lebet wohl, Pirithous!

      Bringt meine Grüße unserm großen Fürsten,

      Sagt ihm, an seinem Siege zweifl' ich nicht,

      Doch sollte bösem Glücke er begegnen,

      So wünsch' ich ihm, daß seine Kraft es zwinge.

      Eilt schnell zu ihm! man hat ja nie genug

      Der treuen Helfer.

      PIRITHOUS.

      Nur ein Tropfen ist,

      Was ich in seinen Ocean kann schütten,

      Doch ist's Tribut, den ich ihm schuldig bin.

      (Zu Emilia.)

      Mein theures Kind, bewahrt Euch im Gemüthe

      Die köstlichen Gefühle, die der Himmel

      Nur seinen Auserwählten senkt ins Herz!

      EMILIA.

      Ich dank' Euch, lieber Herr; und grüßt von mir

      Den königlichen Bruder. Beten will ich

      Daß ihm Bellona günstig sei! Und da

      Uns Erdgebornen Bitte ohne Gabe

      Nicht ansteht, will ich ihr das Beste bringen,

      Von dem man sagt, sie lieb' es. Unsre Herzen

      Sind dort bei seinem Heer – in seinem Zelt.

      HIPPOLYTA.

      In seiner Brust! Wir waren selber Krieger

      Und jammern nicht, wenn unsre theuren Helden

      Den Helm aufsetzen, auf die Meerfahrt ziehn,

      Von aufgespießten Säuglingen erzählen,

      Oder von Frauen, die die eignen Kinder

      Gesalzt mit ihren Thränen selbst verschlangen.

      Wenn Ihr auf solche Schwachheit von uns wartet,

      So kommt Ihr, denk' ich, niemals fort von hier!

      PIRITHOUS.

      Den Frieden wünsch' ich Euch, und mir den Krieg,

      In den ich ohne Weilen nun will ziehn.

      (Ab.)