William Shakespeare

Die beiden edlen Vettern


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sehr er sich nach seinem Freunde sehnt!

      Seit jener fortzog, galt ihm alles gleich:

      Das Wichtigste, das seine Sorgfalt heischte,

      Nachlässig that er's, völlig unbekümmert,

      Ob es zum Vortheil ausschlug oder Schaden;

      Wenn ein Geschäft ihm auf den Händen lag,

      So dacht' er an ein andres, und sein Geist

      Mußt' so verschiedenart'ge Zwillinge

      Zu gleicher Zeit ernähren. Habt Ihr ihn,

      Seid Theseus von uns schied, beobachtet?

      HIPPOLYTA.

      Sehr aufmerksam und ihn nur mehr geliebt.

      Sie beide waren Kampf- und Schlafgenossen,

      Die, so in Mangel wie Gefahr vereint,

      Zu mancher Zeit, an manchem Orte kämpften.

      Reißende Ströme haben sie durchschwommen,

      Vor deren Wuth der kühnste Schwimmer bebt,

      Gefochten, wo gewisser Tod in Aussicht –

      Doch brachten sie es durch. Ihr Band der Liebe

      Ist so mit Kunst, so stark und fest gewebt,

      Daß sich's verschleißen, doch nicht reißen kann.

      Ich meine, müßte Theseus seines Herzens

      Aufricht'ge Neigung theilen, daß er selbst

      Nicht würde sagen können, welche Hälfte,

      Wollt' er gerecht sein, ihm die liebre wär'.

      EMILIA.

      Doch eine muß es sein und die seid Ihr,

      Ich wüßte keinen Grund, weswegen nicht!

      Einst gab es eine Zeit, in welcher ich

      Mich einer Spielgenossin durft' erfreun.

      Ihr war't damals im Krieg, als sie das Grab

      Verherrlichte, das stolz war sie zu betten,

      Und Abschied nahm vom Monde, der erblich,

      Als sie von hinnen ging. Wir waren beide

      Elf Jahr' erst alt!

      HIPPOLYTA.

      Du meinst Flavina?

      EMILIA.

      Ja!

      Ihr spracht von Theseus' und Pirithous' Liebe.

      Begründeter gewiß ist ihre, reifer,

      Durch Wahl und Urtheil stärker ausgerüstet,

      Da gegenseitiges Bedürfniß ja

      Der Liebe engverschlungne Wurzeln nährt.

      Doch ich und sie, von der ich seufzend rede,

      Wir waren kleine, unschuldsvolle Dinger,

      Die sich nur liebten, weil sie eben mußten,

      Wie Elemente einfach wirken müssen,

      Und selber doch nicht wissen wie? warum?

      Was ihr gefiel, gefiel auch mir, was nicht,

      Das war auch ohne weitres mir zuwider.

      Brach ich 'ne Blume, die ich in den Busen

      Mir steckte (der zu schwellen erst begann),

      Litt es sie nicht, bis daß sie eine gleiche

      An ihre jungfräuliche Brust gelegt,

      Wo beide dann ihr Leben, phönixgleich,

      In Duft verhauchten. Meiner Locken Schmuck

      War Muster ihr; die Kleidung, die sie trug,

      Die einfach immer, doch geschmackvoll war,

      Wählt' ich zu Festen mir. Hatt' ich ein Lied

      Mit meinem Ohr erlauscht und summt' es leise,

      So sing sie's auf, ließ es nicht wieder los

      Und sang's im Schlafe noch. – Was ungerufen

      Mir so in das Gedächtniß kommt, beweist,

      Daß Liebe zwischen Mädchen heft'ger ist

      Als zwischen den verschiedenen Geschlechtern.

      HIPPOLYTA.

      Ihr seid ganz hingerissen, dieser Eifer

      Beweist nur, daß ihr niemals einen Mann

      So lieben könnt, wie Ihr Flavina liebtet.

      EMILIA.

      Dess' bin ich ganz gewiß.

      HIPPOLYTA.

      Doch, Schwesterchen,

      Glaub' ich in diesem Punkt Euch dennoch nicht,

      Obgleich ich weiß, daß Ihr es ehrlich meint.

      Mir scheint dies nur ein krankhafter App'tit,

      Der leicht in Ekel umschlägt. Wär' ich reif

      Für Eure Weisheit, ei da hättet Ihr

      Fürwahr genug gesagt, um aus den Armen

      Des edlen Theseus mich herauszureden,

      Für dessen Heil ich in dem Tempel jetzt

      Will beten, mit der freudigen Gewißheit,

      Daß ich den ersten Platz in seinem Herzen

      Dennoch besitze vor Pirithous.

      EMILIA.

      Bewahrt Euch diesen Glauben, während ich

      Bei meinem bleibe.

      (Beide ab.)

      Vierte Scene

      (Eine Ebene vor Theben.)

      Trompetenstöße. Schlacht. Rückzug. Theseus als Sieger tritt auf. Ein Herold. Gefolge. Die drei Königinnen gehen Theseus entgegen und fallen vor ihm nieder.

      ERSTE KÖNIGIN.

      Dir leuchten alle Sterne!

      ZWEITE KÖNIGIN.

      Erd' und Himmel

      Sei'n günstig dir!

      DRITTE KÖNIGIN.

      Der Götter Segen träufle

      Auf dich hernieder, Amen, ruf' ich, Amen!

      THESEUS.

      Vom hohen Himmel schaun gerechte Götter

      Auf Sterbliche herab, sehn, wie sie irren,

      Und strafen, wenn es Zeit. Nun geht und sucht

      Nach den Gebeinen Eurer todten Gatten,

      Bestattet sie mit feierlichen Ehren.

      Daß nichts dazu Euch fehle, sorgen wir

      Und geben Auftrag, daß man Euch sofort

      In Eure Würd' einsetze und vollende,

      Was unsre Eile unvollendet läßt.

      So lebet wohl, der Himmel schütze Euch!

      (Die drei Königinnen ab.)

      (Man bringt Palämon und Arcites auf einer Tragbahre herein.)

      Sag', wer sind diese?