Ruth Broucq

Zweiter Sieger


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Ende weil die Ereignisse Redebedarf erzeugten. Es flatterte eine gerichtliche Mahnung ins Haus. Die Firma Friedhoff hatte die lange Geduld aufgegeben, nun wollten sie die komplette Summe der überfälligen Material-Rechnungen auf einmal haben.

      „Robert, jetzt haben wir den Mist! Friedhoffs haben das Gericht eingeschaltet, die wollen ihr ganzes Geld auf einmal haben. Über fünftausend Mark, wie sollen wir das denn bezahlen?“ empfing ich meinen Mann in seiner Mittagspause.

      Robert nahm mir den Gerichtsbescheid aus der Hand und starrte darauf als könne er die Zahlen reduzieren. Achselzuckend legte er dann das Schreiben auf den Tisch und sagte gelassen: „Dann werde ich eben mit der Bank sprechen, dass die uns einen Kredit geben, wird schon irgendwie klappen! Ich geh gleich mal eben zu meinem Sachbearbeiter, jetzt mach mir was zu essen auf den Teller, ich hab Hunger.“

      Als Robert mir am Abend von dem Gesprächsergebnis berichtete war ich keineswegs überrascht: „Klar, ich habe mir schon gedacht, dass die Bank dir keinen Kredit gibt.“ Fand ich den Bericht ganz natürlich.

      „Was du dir alles denkst, Frau Schlau, aber das ist kein Problem. Schließlich kriege ich einen Kredit wenn jemand bürgt. Ich werde meine Mutter fragen, die hilft mir sicher.“ Gab er sich siegesbewusst.

      Ich zweifelte: „Hoffentlich, aber ich glaubs nicht!“

      Tatsächlich sollte ich Recht behalten, denn die Schwiegereltern gerieten über Roberts Ansinnen fast in Streit. Während seine Mutter zögerlich war, erst wissen wollte wie ich dazu stünde, lehnte sein Vater direkt rundweg ab! So rigoros überstimmt zu werden gefiel der Schwiegermutter gar nicht, sodass die beiden in eine kurze heftige Diskussion gerieten.

      „Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen!“ hatte die Mutter zum Schluss entschieden, was ihr Ehemann mit bösem Blick quittiert hatte.

      „Ich wusste doch dass meine Mutter mich nicht im Stich lässt, die will aber erst mit dir reden.“ Berichtete Robert als sei es schon zu seinen Gunsten entschieden.

      „Wenn du mir garantierst, dass ihr die Kreditraten korrekt bezahlt, bürge ich für den Kredit, Ruth. Aber dazu musst du wissen, ob du genug verdienst. Denn der Robert schafft es ja offenbar nicht, das ist nicht zu übersehen.“ Sagte meine Schwiegermutter frei heraus. „Du solltest aber als erstes mit der Firma Friedhoff reden, um etwas Geduld bitten und auch gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Wenn der Bescheid rechtskräftig wird, ist Roberts Auskunft kaputt. Dann ist Robert nicht mehr kreditwürdig, weil das dreißig Jahre in seiner Schufa steht. Am besten kümmerst du dich darum, du kannst das besser, das hast du ja bewiesen.“ Riet sie mir eindringlich.

      Ihre Anspielung auf die Sache mit dem Führungszeugnis fand ich zwar schmeichelhaft, konnte aber keine Gemeinsamkeit mit Roberts Materialschulden sehen.

      Dennoch ging ich zu dem Laden für Malerbedarf und sprach mit der ersten Verkäuferin. Die Dame war mir bis dato immer recht seltsam und auch nicht unbedingt sympathisch erschienen, deshalb wunderte ich mich über ihre sehr zugängliche Art.

      Sie versprach mir, sich bei der Geschäftsleitung für uns einzusetzen und eine Fristverlängerung zu bewirken. „Das könnte ich ja gar nicht verantworten, wenn eine so nette junge Frau wie Sie in Turbulenzen käme. Ich regle das für Sie, Frau Woods, machen Sie sich keine Sorgen. Bestellen Sie ihrem Mann liebe Grüße.“ Gab sie mir mit auf den Weg.

      „Das Fräulein Hermes scheint ja einen Narren an dir gefressen zu haben, oder hattest du mal was mit der?“ fragte ich misstrauisch meinen Mann.

      Robert lachte laut auf, konnte sich kaum beruhigen als er mir glucksend erklärte: „Die Hermes soll was von mir wollen? Ha, ha, ha, nee, vermutlich eher von dir. Bist du wirklich so naiv? Das ist doch ne Lesbe!“

      „Ja? Und woher soll ich das wissen?“ fragte ich erstaunt.

      „Sieht man doch, Dummchen!“ lachte Robert mich aus.

      „Ich nicht!“ sagte ich beleidigt.

      Mit meiner Schwiegermutter beriet ich das weitere Vorgehen, ich bat sie um Rat bezüglich meiner Idee.

      „Wenn ich unsere Misere in den Griff kriegen will, muss ich mehr Geld verdienen, mit den Kellnerprozenten komme ich nicht weit. Ich werde die Kinder im Hort anmelden und den Taxischein machen, dann kann ich Halbtags Taxi fahren, damit müssten wir besser klar kommen. Was meinst du?“

      „Ein guter Gedanke, mach das.“ Riet sie mir und versprach: „Und wenn du das finanzielle regelst, übernehme ich auch die Bürgschaft. Ich weiß dass man sich auf dich verlassen kann. Mein Sohn ist mir zu oberflächlich und leichtlebig.“

      Trotzt der Skepsis meines Mannes begann ich alles in die Wege zu leiten.

      Mit dem Kitaplatz für den Kleinen und die Nachmittags-Betreuung für Ramona hatte ich gleich das Glück im evangelischen Kindergarten eine Zusage zu bekommen. Bereits ab dem nächsten Monat konnten die Beiden dort hinkommen.

      Für den Personenbeförderungs-Schein brauchte ich den Nachweis ausreichender Fahrpraxis, die ich aber durch Bescheinigungen meines Vaters und meines Ehemannes belegen konnte, dass ich deren Fahrzeuge regelmäßig gefahren hatte. Das reichte dem städtischen Ordnungsamt. Dann musste ich zur Amtsärztlichen Untersuchung und ein Augenärztliches Gutachten beibringen, bevor ich zur Ortskunde-Prüfung zugelassen wurde.

      Alle diese Dinge hatte ich innerhalb drei Wochen geregelt und die Ortskunde-Prüfung beim Ordnungsamt leicht absolviert, sodass ich meinem Mann strahlend meinen Personen-Beförderungsschein für Taxen und Mietwagen präsentierte.

      „Was? Die haben dir sogar die Erlaubnis für Taxen gegeben? Solche Arschlöscher, ich habe nur die Mietwagen-Erlaubnis, und du darfst alles fahren? Die ticken doch nicht sauber. Oder war das ein Kerl der dir die Erlaubnis gegeben hat, weil er scharf auf dich ist?“ empörte sich mein Mann.

      „Nee, aber ich hatte auch keine Fahrverbote und Knast wegen Trunkenheit am Steuer.“ Konterte ich.

      „Na dann such dir mal ne Stelle, das wird nicht so einfach sein. Beim Taxi-Schwerte brauchst du gar nicht erst zu fragen, der stellt keine Weiber ein. Der alte Schwerte ist der Meinung, dass Weiber zu unsichere Fahrer sind und dass die Kunden damit nicht fahren wollen.“ Sagte er hämisch grinsend.

      „Und? Es gibt ja hier viele Taxi-Unternehmen, nicht nur Schwerte. Wäre zwar am nächsten gelegen, aber egal. Ich finde schon eine Stelle.“ War ich sicher.

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