Melody Adams

Moon


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beobachtete das Haus genau. Die meisten Fenster waren erleuchtet, doch das gesamte Obergeschoss lag im Dunklen. Als nur kurze Zeit später das Licht in einem der oberen Fenster anging, wusste ich, dies war, wo ich meine Gefährtin finden würde. Ich zog meinen Hoodie über den Kopf und ließ die Verwandlung über mich kommen. Ich wuchs sowohl in Höhe als auch in Breite. Meine Fänge wurden länger. Scharfe Krallen wuchsen aus meinen Fingern und an meinen Ellenbogen. Meine Augen röteten sich und meine Sicht wurde noch schärfer als zuvor. Alle meine Sinne waren jetzt um ein Vielfaches verstärkt. Dann, als Letztes, drangen meine Flügel aus meinem Rücken. Sie sahen aus wie Drachenflügel und waren ebenfalls mit Krallen versehen. Wir hatten zuvor nie wirklich gewusst, wie unsere Biestform aussah. Nur durch Dread hatten wir eine Vorstellung davon bekommen können. Doch Dread hatte vor der Entfernung seines defekten Implantats nur teilweise seine Biestform annehmen können. Er hatte keine Flügel gehabt. Ich breitete meine Flügel aus und stellte mich auf die niedrige Mauer, die das Flachdach umgab. Mit ausgebreiteten Armen und Flügeln ließ ich mich nach vorn fallen. Ich brauchte nur wenige Flügelschläge, um das Dach des gegenüber liegenden Hauses zu erreichen, in dem sich meine Gefährtin befand. Ein Knurren kam über meine Lippen, als ich die ärgerliche Stimme des Mannes und die schluchzenden Bitten meiner Gefährtin hörte. Ohne weiter nachzudenken, ließ ich mich erneut vom Dach in die Tiefe gleiten und krachte durch das Fenster in das Zimmer, wo der Hurensohn mein Weibchen hielt. Er hatte seine riesige Hand um ihre zarte Kehle geschlossen, während er mit der freien Hand ihre Bluse zerriss. Er wandte den Kopf, als die Scheibe barst und ich mit einem Brüllen auf dem Fliesenboden landete.

      “W-was...?”, stammelte er, seine Augen weit vor Angst.

      Mein Weibchen starrte mich geschockt an, den Mund zu einem lautlosen Schrei aufgerissen. Der Hurensohn hatte sie losgelassen und sie taumelte, ehe sie auf das Bett fiel. So schnell sie konnte, rappelte sie sich auf und kroch über das Bett, um sich dahinter zu verkriechen. Ich hatte keine Zeit, ihr zu versichern, dass alles okay war, denn der Mistkerl, der ihr Gewalt angetan hatte, zog eine Waffe und feuerte. Meine Gefährtin schrie und ich brüllte, dann stürzte ich mich auf den Mann.

       Bella

      Moses riss mir die Bluse auf, als plötzlich das Fenster zerbarst und ein Monster mit einem unmenschlichen Brüllen ins Zimmer gekracht kam. Moses wandte sich zu dem Wesen um, ohne seine Hand von meiner Kehle zu nehmen.

      “W-was...?”, brachte er geschockt hervor.

      Ich starrte das Wesen aus weiten Augen an. Mein Schrei war mir in der Kehle stecken geblieben. Mein Herz galoppierte in meiner Brust und ich war mir sicher, dass ich mich jeden Augenblick einnässen würde. Bisher hatte ich gedacht, ich würde nichts und niemanden mehr fürchten als Mose. Ich hatte falschgelegen. Ich war vor Angst wie gelähmt. Als Moses mich losließ, um nach seiner Waffe zu greifen, taumelte ich auf meinen plötzlich knochenlosen Beinen und fiel auf das Bett. Ein Schuss erklang. Moses hatte auf das Biest geschossen. Ich war zu verängstigt, um hinzusehen, ob er getroffen hatte. Nach einer Schrecksekunde rappelte ich mich auf und krabbelte über das Bett um mich dahinter zu verstecken. Das Biest brüllte und ich schrie. Ich lugte über das Bett hinweg und sah, wie das Monster auf Moses zu stürmt, obwohl der mehrere Schüsse abfeuerte, die alle in den Oberkörper des Biests eindrangen. Doch es schien, als wenn es die Kugeln nicht einmal spürte. Es packte Moses bei der Kehle, genau so, wie Moses zuvor mich bei der Kehle gehalten hatte. Moses versuchte erneut zu schießen, doch das Magazin war leer.

      “Hilfeeee!”, schrie er und versuchte panisch, das riesenhafte Biest abzuschütteln.

      Ich hatte keine Ahnung, um was für eine Kreatur es sich handelte. Ich hatte nie zuvor etwas dergleichen gesehen. Die Gesichtszüge könnten beinahe menschlich aussehen, wenn sie nicht zu solch einer Grimasse verzogen wären. Und wenn da nicht die langen Fänge und roten Augen wären. Das Wesen war weit über zwei Meter groß und gebaut wie Hulk. Die scharfen Krallen an den Fingern und an den Ellenbogen sahen aus, als wenn sie mühelos durch Fleisch und Muskeln reißen könnten. Die Flügel erinnerten mich an eine Fledermaus. Oder an einen Drachen. Sie waren ebenfalls mit Krallen bestückt.

      “Niemand wird dir helfen,” knurrte die Bestie. “So wie niemand dem Weibchen geholfen hat, wenn du deine schmutzigen Finger an sie legst. Doch das hat nun ein Ende. Nie wieder wirst du ihr oder irgendeinem anderen Weibchen wehtun.”

      “Du... du willst die... die Schlampe?”, stammelte Moses. “Du kannst sie ha-haben. I-ich brauch sie ni-nicht mehr. Nimm sie. Nur l-lass mich in... in Ruhe.”

      “Oh, ich werde sie nehmen”, knurrte das Monster. “Sie ist mein. Doch du wirst sterben.”

      Mit diesen Worten riss das Monster mit den Krallen seiner freien Hand tiefe Wunden in Moses Oberkörper. Moses brüllte in Agonie. Der Geruch von Urin füllte den Raum.

      “Nicht so lustig, wenn du derjenige bist, der leiden muss, huh?”

      “Bitte. Lass mi-mich.”

      Doch das Monster grinste nur zynisch. Es hob Moses bei der Kehle in die Luft, als wöge Moses nicht mehr als eine Stoffpuppe. Dann rammte er Moses mit dem Rücken gegen die Wand. Die freie Krallenhand riss Moses Jogginghose samt Boxers hinab und mit einem Ruck hatte er den Mann entmannt, der mich unzählige Male vergewaltigt hatte. Moses Schreie waren ohrenbetäubend. Ich würde Genugtuung verspüren bei dem Anblick, wenn ich nicht so verdammte Angst vor dem Monster hätte. Ich hatte keine Ahnung, was es mir antun würde. Es wollte mich? Wieso? Ich warf einen Blick zur Tür und überlegte, ob ich entkommen konnte. Doch ich würde nicht in den verdammten Fahrstuhl kommen. Verdammt. Ich saß hier fest. Ein Schluchzen kam über meine Lippen. Das Monster wandte ruckartig den Kopf zu mir um und ich wimmerte. Oh nein, ich hatte seine Aufmerksamkeit auf mich gelenkt.

      “Bitte”, flüsterte ich mit erstickter Stimme.

      “Hab keine Angst, Angel”, knurrte das Monster mit seiner rauen, dunklen Stimme. “Ich würde dir nie wehtun.”

      Seine Züge waren weicher, menschlicher geworden als er mich ansah. Trotzdem wirkte er nicht minder monströs oder gefährlich. Das Biest wandte sich wieder Moses zu, der bewusstlos in seinem Griff hing. Mit dem Handrücken schlug es Moses ins Gesicht und weckte ihn auf. Sofort fing Moses an zu brüllen.

      “Gute Nacht, Arschloch”, knurrte das Biest.

      Es packte Moses’ Kehle fester. Die Krallen bohrten sich tief in Moses’ Hals. Blut spritzte und Moses gab gurgelnde Geräusche von sich. Dann wurde er erneut schlaff. Diesmal schien er tatsächlich tot zu sein. Das Biest ließ ihn mit einem verächtlichen Geräusch zu Boden fallen. Ich starrte auf die Szene, ohne einen Laut von mir zu geben. Ich war zu geschockt. Angst lähmte nicht nur meine Glieder, sondern auch meine Kehle. Langsam kam das Biest auf mich zu. Ich erwachte aus meiner Starre, als mein Überlebensinstinkt endlich die Oberhand gewann. Ich sprang auf die Beine und versuchte, an dem Biest vorbei zur Tür zu fliehen. Ein riesiger Arm packte mich um meine Mitte und riss mich an eine unnatürlich breite Brust. Ich wandte mich in seinem Griff, panisch zu ihm aufsehend.

      “Nein! Bitte.”

      “Shhh, Angel. Hab keine Angst. Ich bin gekommen, dich zu retten. Nicht, dir etwas anzutun.”

      Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Plötzlich ging eine Veränderung durch ihn. Er schrumpfte. Nicht viel, doch zu etwas menschlicheren Maßen. Die Krallen verschwanden, ebenso die Flügel. Ich starrte verwirrt zu ihm auf. Auch sein Gesicht änderte sich, wurde menschlicher. Er sah jetzt beinahe aus wie ein ein Alien Breed?

      “Was...?”

      “Shhh. Du bist sicher. Doch wir müssen hier weg, ehe die anderen Männer kommen. Die laute Musik unten hat wahrscheinlich geholfen, dass sie nichts mitbekommen haben.”

      “Ich verstehe nicht”, murmelte ich, ihn noch immer ungläubig anstarrend. “Du... du siehst aus wie... wie ein...”

      “Wie ein Breed?”

      Ich nickte.

      “Ich bin ein Alien Breed, Angel.”

      “Aber...