Carolin A. Steinert

Ardantica


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leid!«, rief der Rothaarige erschrocken. »Ich habe nicht gewusst, dass … Hast du dir wehgetan?«

      »Schon gut«, murmelte Leyla und rieb sich die Stirn. Verblüfft starrte sie auf die weiße Tür und wich gerade noch rechtzeitig zurück, als diese erneut geöffnet wurde und eine größere Schar von Menschen hinausströmte.

      »Ley! Wo warst du? Was … warst du in einer Bio-Vorlesung?« Majik kam die Treppe hinunter und steuerte auf sie zu. Sie starrte weiterhin auf die Tür.

      »Alles in Ordnung, Kleines?«, fragte er und tippte

      sie leicht an. »Du warst nicht im Kurs.«

      Sie drehte sich zu ihm um.

      »Hast du Lust auf Tierpark?«

      Sie übte in der folgenden Woche den schwarzen Flecken erfolgreich auszuweichen. Dabei fiel ihr auf, dass das Flackern immer an den gleichen Stellen erschien – oder war. Vor der Mädchentoilette im ersten Stock, vor der Tür zu dem einen Vorlesungssaal, in dem sie zum Glück keinen Kurs hatte. Außerdem gab es in der Bibliothek in der Chemieabteilung ein großes Feld, das flackerte und im Park ein, zwei Stellen. Hinzu kamen einige weitere, kleinere Felder und Punkte, aber – so hatte sie bereits festgestellt – es passierte nichts, wenn sie dadurch lief. Je weiter sie sich von der Uni entfernte, desto weniger wurden diese Ausfälle oder wie sie es insgeheim nannte: Portale. Vollkommen ungestört konnte sie deshalb ihrer Arbeit nachgehen und war tatsächlich auch viel zu sehr mit irgendwelchen Dingen beschäftigt, um weiter über all das nachzudenken. Auch wenn es stets in ihrem Unterbewusstsein geisterte. Zum Teil ertappte sie sich sogar dabei, sich einen Spaß daraus zu machen, Portale zu finden. Aber betreten wollte sie vorerst keines mehr. Noch nicht. Natürlich hatte sie versucht das Phänomen zu googlen, aber die Suche hatte außer Buchempfehlungen und Verschwörungstheorien nicht viel hervorgebracht. Von Naurénya oder Numäia hatte Google noch nie etwas gehört, auch wenn sich Leyla nicht sicher war, ob sie es auch richtig geschrieben hatte.

      Majik hatte sie auch nichts von alledem erzählt. Aus irgendwelchen Gründen hatte sie sich dagegen entschieden. Doch er merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. Er merkte es irgendwie immer.

      Sie hatten beschlossen an ihrem freien Freitag in den Berliner Tierpark zu gehen. Während der Autofahrt bemerkte sie, dass er ihr fortwährend Blicke zuwarf.

      Sie lächelte. »Alles in Ordnung?«

      »Das wollte ich dich auch fragen.«

      Sie reckte sich im Sitz.

      »Ich bin gerade vollkommen entspannt«, meinte sie dann. »Ich habe zwei von fünf Präsentationen fertig, eine Idee für ein Hausarbeitsthema in Mathematisches Problemlösen und einen Prüfungsordner angelegt.«

      Er starrte sie an.

      »Ich nehme alles zurück. Du bist ganz die Alte. Es ist Mai! Das Semester hat gerade erst angefangen.«

      »Aber ich muss ja für Zwei lernen«, erwiderte sie grinsend und öffnete die Autotür. »Und ich habe mir im ersten Semester einen 1,0 Schnitt erarbeitet. Den will ich halten.«

      Er seufzte gespielt missmutig und stieg ebenfalls aus.

      »Was genau möchtest du denn im Tierpark?«

      »Das gute Wetter ausnutzen?«, lachte sie und reckte ihr Gesicht der Maisonne entgegen. Dann hielt sie erschrocken inne und sah ihn frustriert an. »Ist es schon wieder schlimmer geworden?«

      »Du siehst aus wie immer«, lachte er und zog sie Richtung Eingang. Sie schob die Lippe vor. Sie hasste ihre Milliarden Sommersprossen einfach, die sogar im Winter jeden Hautzentimeter bedeckten. »Ich finde es niedlich«, meinte Majik mit dem Rücken zu ihr, genau wissend, was sie störte. »Ach, es wird wirklich Zeit, dass der Sommer kommt. Endlich wieder surfen. Ich kann der Welt ja nicht noch länger den Anblick meines unglaublich gut trainierten Körpers vorenthalten.«

      »Oh nein«, sagte sie verstört. »Nicht schon wieder diese Narzissmusphase! Komm du Held der optischen Perfektion, in zehn Minuten fängt die Raubtierfütterung an, die würde ich gerne sehen.«

      »Meintest du das jetzt ernst?«

      »Hä?«

      »Mit der optischen Perfektion?«

      »Oh bitte«, stöhnte sie und sah ihn bewusst nicht an. Er wusste, dass er unheimlich gut aussah, mit seinen blonden Locken, die ihm über die Ohren reichten, den dunkelbraunen Augen, die stets strahlten. Dazu kam, dass er selbst im Winter immer aussah, als käme er gerade aus dem Sommerurlaub vom Surfen.

      »Was denn nun«, hakte er nach.

      »Ich sehe was, was du nicht siehst …«

      »Hä?«

      »Gut aus.«

      »Wow, der war flach«, lachte er. »Aber schön, dass du endlich mal mit dir zufrieden bist.«

      Sie zog eine Grimasse, dann packte sie ihn und zog ihn weiter. Sie hatten die Raubkatzen erreicht und prompt lief Leyla zu den schwarzen Versionen der großen Katzen.

      »Ist das ein Panther?«, fragte sie und sah sich nach den kleinen Schildern um.

      »Dort drüben steht’s«, meinte Majik und kniff die Augen zusammen. »Aber ich kann es nicht lesen.«

      »Du solltest dir endlich mal eine Brille zulegen, du eitler Pfau.« Leyla drehte sich zu dem Schild.

      Schwarzer Jaguar

      So stand es auf der kleinen Tafel. Leyla musterte das Tier. Überall konnte man die Fleckenzeichnung erkennen. Irgendwie sah es anders aus, als die Raubkatze aus Naurénya. Ein Tierpfleger kam mit einer Schubkarre vorbei und die großen Katzen wurden unruhig. Sie erhoben sich und kamen an die Gitter, knurrten.

      »’Tschuldigung«, sagte Leyla und wurde augenblicklich rot. »Gibt es noch andere schwarze Raubkatzen hier? Also vielleicht Panther? Oder sowas?«

      Der Pfleger musterte sie und lächelte leicht.

      »Das sind alles Panther«, sagte er dann und kratze sich am Kopf. »Ich muss zur Fütterung, bin spät dran. Du siehst, sie werden schon ganz unruhig.« In der Tat war mittlerweile lautes Gebrüll in der Halle ausgebrochen. In den Käfigen pirschten die Raubkatzen dicht an den Gitterstäben entlang. Ungeduldig. Wartend. »Wenn de mehr wissen willst, komm mit«, meinte der Mann lächelnd.

      Sie folgten dem Pfleger, der nun anfing, Fleischklumpen zu verteilen. Dazu öffnete er eine kleine Luke und schob das Fleisch mit einem langen Stock hindurch. Oft waren die Katzen aber schneller mit der Tatze durch die Luke, als das Fleisch drinnen war. Leyla zuckte zusammen, als sie sah, wie die Tiere nach dem Futter gierten, brüllten und mit der Pranke danach tasteten. Die Fütterung ging verdammt schnell. Der Pfleger war routiniert und Leyla beobachtete, wie die Raubkatzen sich mit ihrer Beute in ihre Ecken verzogen, um sie dort mit gefährlich blitzenden Zähnen zu verspeisen.

      »Prinzipiell nennt man im Umgangssprachlichen alle schwarzen Raubkatzen Panther. Das hängt nämlich lediglich mit der Pigmentierung zusammen«, erläuterte der Pfleger unterdessen. »Vom Wort her … also ich mein so vom Ursprung, vom Lateinischen – ich selbst hatte das ja nie, aber – sind eigentlich sogar alles Panther. Is’ in jedem Namen mit drin das Wort. Aber ich schätze das meinst’ nich’. Meinst die schwarzen Jaguar und Leoparden, nich’? Also das da is’ unsere Jalla, dis is’n Jaguarweibchen. Jaguar haben noch so Punkte in der Zeichnung, siehste daneben bei der Lur, die hat nicht die schwarze Pigmentierung. Bei der Jalla kannst’ auch noch ‘n bisschen die Punkte sehen, ne? Und dann is’ da drüben noch unser Jack. Das ist ein schwarzer Leopard und …«

      Leyla hatte bereits abgeschaltet. Sie fixierte den schwarzen Leoparden. Ja, genau so hatte das Tier ausgesehen!

      »Was würden sie tun, wenn sie so einem Tier in der freien Natur gegenüberstehen würden?«, unterbrach sie die etwas wirre Erläuterung nachdenklich.

      »Oh, na das möcht’ ich wirklich nich’. Also ich liebe meine Kätzchen, aber … ich mein’ ich wüsst’ ja noch, wie man mit