Carolin A. Steinert

Ardantica


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      »Na ja, mögen tun se’s nich’ unbedingt, ne«, lachte der Mann. »Ich muss jetzt aber weitermachen. Hoff’, hab’ euch ’n bisschen geholfen, ne. Wenn ihr mehr wissen wollt’, könnt’ ihr ja ’ne Führung buchen. Die sind gut.«

      Sie nickte, bedankte sich und drehte sich zu Majik um. Seine Augenbrauen hätten nicht höher sein können.

      »Was?«, fragte sie möglichst harmlos. »Ich mag Katzen eben.«

      »Ich muss mir nicht Sorgen darüber machen, dass du nach Afrika fliegst und dir ein Kätzchen mitbringst, oder?«

      »Ich denke nicht.«

      »Da bin ich beruhigt. Dann können wir ja jetzt noch ins Reptilienhaus, da ist auch gleich ’ne Fütterung«, feixte er.

      »Uhaa. Niemals!«, rief sie und boxte ihm in die Seite.

      Es wurde ein entspannter Vormittag. Gegen 14.00 Uhr hatten sie jedoch gefühlt alles gesehen und strebten zum Ausgang.

      »Und jetzt? Nach Hause?«, fragte Majik und fuhr los.

      »Kannst du mich am Drogeriemarkt absetzen? Ich muss noch einkaufen.«

      »Kein Problem. Soll ich warten?«

      »Nein, fahr’ ruhig, ich will danach noch zum Fleischer.« Sie hätte sich am liebsten sofort auf die Zunge gebissen. Doch es war zu spät.

      »Du bist Vegetarierin.« Er sagte es ganz ruhig, aber spätestens jetzt, das wusste sie, war ihm klar, dass irgendetwas im Gange war, von dem er nichts wusste. Sie fummelte nervös an ihrem Ohrring herum. »Was ist hier los?«

      »Nichts. Vielleicht wollte ich dich einfach nur zum Essen einladen. So als Überraschung. Und als Entschuldigung dafür, dass ich mich letzte Woche so danebenbenommen habe.«

      Er hielt, sah sie nicht an, sondern starrte auf die Straße. Er war beleidigt. Oder enttäuscht. So genau konnte sie es nicht sagen.

      »Wirst du es mir erzählen?«, fragte er dann.

      »Ja.« Es war so aufrichtig, dass er nun doch wieder lächelte.

      »Dann viel Spaß mit dem toten Tier.«

      »Du bist unmöglich.« Sie umarmte ihn zum Abschied und stieg aus.

      Sie konnte ihre Nervosität kaum im Zaum halten, als sich der Bus der Universität näherte. Was genau tat sie hier eigentlich? Oder besser gesagt, gedachte sie hier zu tun? Der Campus lag relativ verlassen dar. Zwar war es erst später Nachmittag, doch die wenigsten Studenten besuchten an einem Freitag gerne Seminare. Sie steuerte auf das Haus der mathematischen Fakultät zu. Die Wände waren hier alle weiß getüncht und durch die hohen Fenster fiel helles Sonnenlicht. In den Gängen war es still. Niemand befand sich außerhalb der Seminarräume. Sie erreichte das zweite Stockwerk – leicht keuchend – und da war er. Der flackernde Fleck. Alles andere als zielstrebig bewegte sie sich darauf zu, ihre Hände hatten sich in ihre Tasche gekrallt. Kurz vor dem Fleck hielt sie inne und begann in der Tasche zu kramen. Sie schien alles zu haben. Und so betrat sie Naurénya erneut.

      Es war alles wie beim letzten Mal. Leer, schwarz und einsam.

      »Hallo?!« Eigentlich wollte sie rufen, doch es war nur ein Flüstern, dass über ihre Lippen kam. Sie tippte auf ihrem Handy herum. Die Taschenlampe ging an und verteilte ihr kaltes Licht in dem dunklen Flur. Schritt für Schritt bewegte sie sich vorwärts, wieder Richtung Treppe. War da ein Laut gewesen? Nein. Wo Pan sich wohl aufhielt? Sie schlich die Treppen hinunter, gen Aufenthaltsraum. Wieder stand die Tür offen, sie linste hinein. Der Raum war leer. Sie seufzte, halb erleichtert, halb enttäuscht und wandte sich um. Das Seufzen wich einem Keuchen.

      Vollkommen lautlos war die Raubkatze hinter ihr erschienen und fauchte jetzt leise, während sie auf seidigen Pfoten immer näher kam. Leyla wich zurück.

      »Ich tu’ dir nichts«, sagte sie mit zitternder Stimme, während sich ihre Hand um etwas krallte, dass sie aus ihrer Tasche gezogen hatte.

      Erneut fauchte der Panther und machte einen größeren Satz auf sie zu. Vor Schreck ließ sie ihr Handy fallen, wich weiter zurück und warf hektisch das Bündel aus ihrer Hand gen Katze. Es war das Fleisch, das sie gekauft hatte. Der Panther hielt kurz inne und begann an der leider noch verschlossenen Tüte zu schnuppern. Es dauerte jedoch nur wenige Sekunden, dann hatte er das Interesse an den eingepackten Fleischbrocken verloren und richtete seine gelben Augen wieder auf Leyla. Die Sekunden hatten ihr jedoch genügend Zeit gegeben, um erneut etwas aus der Umhängetasche zu holen. Mit immer noch zitternden Fingern hielt sie das Feuerzeug hoch und schnippte es an. Das winzige Flämmchen sah in Anbetracht der Situation geradezu lächerlich aus, doch den Trumpf hielt Leyla in der rechten Hand. Als das Tier noch einen weiteren Satz machte, hob sie die Sprühdeoflasche und ließ einen Nebelstoß durch die kleine Feuerzeugflamme jagen. Das Ergebnis war fabulös. Ein gigantischer Feuerstrahl schoss auf die Raubkatze zu und verpuffte erst, als er die ersten Schnurrhaare fast erreicht hatte. Für einen kurzen Augenblick dachte Leyla die Machtverhältnisse geklärt zu haben, denn der Panther stand wie angewurzelt da. Dann passierte es.

      Im Nachhinein konnte sie nicht einmal genau beschreiben, wie es passiert war. Der Panther veränderte sich schlagartig und nur einen Sekundenbruchteil später stand ein gigantischer Mann vor ihr. Er bleckte die Zähne, die immer noch etwas Raubtierhaftes hatten.

      »Pan?«, stotterte sie.

      »Nicht schlecht«, sagte er mit glühenden Augen. »Ein interessanter Trick. Jetzt bin ich dran.« Er hob die Hände und in dem Hohlraum eben jener begann sich eine leuchtend rote, rotierende Kugel zu drehen und zu wachsen. Als sie etwa den Durchmesser eines Tellers erreicht hatte, schob er sie ruckartig nach vorne. Ein Feuerball raste auf Leyla zu. Sie war zu perplex, um sich zu bewegen. Er kam näher und … direkt vor ihrem Gesicht, sie konnte die Hitze spüren, stoppte er und stieg stattdessen nach oben, wo er noch einmal größer wurde. Warmes flackerndes Licht erhellte nun den Gang. Leyla starrte erst die Feuerkugel über sich, dann Pan, an.

      »Wa…?«, fragte sie hilflos und hatte das Gefühl, der Boden glitt unter ihren Füßen hinweg.

      S

      ie wurde nicht ohnmächtig, hatte aber das Gefühl, in einem Zustand kurz davor zu sein. Eine starke Hand packte sie am Oberarm und hielt sie. Sie blickte in das breitgrinsende Gesicht Pans, dass durch das flackernde Licht an der Decke nicht weniger unheimlich wirkte.

      »Du bist faszinierend«, sagte er. »Ich kann deine Angst spüren. Und doch zieht es dich immer wieder an diesen Ort.«

      »Was bist du?«, keuchte sie.

      »Ein Gestaltwandler«, erklärte er, als ob das alles erklären würde.

      »Was?«, fragte sie schwach. Er musterte sie.

      »Ich würde dir ja ein Glas Wasser anbieten. Aber das ist nicht mein Element. Vielleicht sollten wir uns einfach setzen.«

      Sie nickte, plötzlich bereit, einfach alles hinzunehmen, was hier geschah.

      Sie bückte sich nach ihrem Handy und ihr kam eine Idee. Wie doof konnte sie eigentlich sein? Sie hätte unlängst früher daran denken können. Kein Netz, sagte ihr Handy. Akku schwach. Na für ein bis zwei Fotos würde es noch reichen.

      Es blitzte.

      »Was tust du da?«, fragte Pan alarmiert und trat wieder näher.

      »Ich muss das Majik zeigen. Sonst drehe ich durch.«

      »Wie?«

      »Mit dem Foto.« Sie drehte das Display zu Pan, sodass dieser das Foto begutachten konnte. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. Dann, ohne Vorwarnung, griff er nach dem Handy, schmetterte es auf den Boden und trat darauf. Es knirschte.

      »Waaaa?«, schrie Leyla entsetzt.

      »Das darfst du nicht. Niemand darf hiervon wissen. Vorerst«, meinte er knapp.

      »Aber«,