Wolfgang Metz

Notwendige Unruhe: Über Kirche, Sexualität und Freiheit


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du das auch!

      Das Bild zu dem Text »Über die Menschwerdung oder die ganz schön vielen Schubladen in meinem Kopf« in den sozialen Netzwerken war ein Jesuskind, das in einer Besteckschublade liegt. Messer, Löffel, Gabel und mittendarin: Gott, der zur Welt gekommen ist, der mir in der Welt entgegenkommt.

       Überall!

      Jemand mochte dieses Bild gar nicht.

       Wie kann man so was denn machen? So etwas Heiliges und Verehrungswürdiges wie das Jesuskind einfach in die Besteckschublade stecken!?

       Ja, wie kann man das nur machen?

       Eigentlich wirklich unerhört!

       Genauso unerhört, wie dieser Gott, der Mensch geworden ist!

      Heiligkeit und Profanität. Besonderheit und Banalität.

       Sollte das nicht auseinandergehalten werden?

       Wäre dann nicht vieles einfacher und klarer?

      Wir versuchen Gott auf dem Altar in der Kirche anzubeten, und dabei ist er am Küchentisch und vielleicht sogar in der Besteckschublade nicht weniger präsent.

      Menschwerdung heißt,

      dass Gott sich auf die Banalität des Lebens eingelassen hat und einlässt,

      dass er nicht auf einem Sockel in der Kirche wartet, bis er angebetet wird, oder wartet, bis wir zu ihm kommen,

      Wenn jemand in diesem Zusammenhansondern dass er uns entgegenkommt, entgegenspringt mit offenen Armen und mit weitem Herzen, überraschend und unverhofft.

      Ich glaube, wir selbst sind es, die versuchen, ihn immer wieder von manchen Dingen fern- und aus manchen Situationen rauszuhalten.

      Wir selbst haben Bereiche, wo wir mit manchem nicht klarkommen und uns vielleicht schämen und ihn deshalb da nicht haben wollen.

      Einer dieser Bereiche ist für einige Menschen ihre Sexualität. Manche Menschen denken sogar, sie müssten ihn da komplett raushalten, weil Gott nichts damit zu tun haben sollte, weil das doch oft in den Bereich Sünde fällt oder weil das doch schmutzig ist und nichts mit frommen Gebeten zu tun hat.

      Dabei gibt es auch, Gott sei Dank, andere Menschen, für die gerade ihre Sexualität eine Quelle ihrer Gottesbeziehung ist.

      Ich glaube, dass dieses Auseinanderhalten-Wollen zu einseitig gedacht ist, weil Menschsein und alles, was dazugehört, ein Geschenk ist, und ein Geschenk ist etwas Tolles und Wertvolles, mit dem man gut umgehen sollte, nicht irgendwie, sondern respektvoll, aber man sollte es.

      Darüber hinaus bedeutet doch gerade das Menschwerdung, dass Gott alles kennengelernt hat, was »Mensch sein« ausmacht.

      Fromme Seelen werden jetzt vielleicht sagen, es heiße doch im Credo: »war in allem uns gleich, außer der Sünde«.

      Wenn jemand in diesem Zusammenhang an Sexualität denkt, dann sagt das eindeutig mehr über ihn selbst aus als über Gott und seine Menschwerdung.

      Wenn Gott Mensch geworden ist,

       dann schaffst du das auch!

       Nicht nur in den Bereichen, die ich mir aussuche, sondern überall!

      Wenn Gott Mensch geworden ist,

       dann schaffst du das auch!

       Beim Feiern der Messe auf dem Altar, beim Einräumen der Besteckschublade und in und durch den eigenen Körper.

       Überall!

       Ich denke, dies ist einen Versuch wert …

       Ein Taufgespräch

      Ich: Aber was ist, wenn ich nicht so bin, wie du mich gerne hättest …?

      G.: Darüber mach dir mal keine Sorgen!

      Ich: Aber was ist, wenn ich an mir zweifle?

      G.: Dann glaube ich an dich!

      Ich: Aber was ist, wenn ich dich vergesse?

      G.: Dann denke ich an dich!

      Ich: Aber was geschieht, wenn jemand mein Herz bricht?

      G.: Das kann ich leider nicht verhindern und gehört leider zum Leben und Lieben!

      Ich: Und was ist, wenn ich etwas falsch mache?

      G.: Das hoffe ich doch, sonst erlebst du nie, was Vergebung bedeutet!

      Ich: Aber was wird, wenn ich untergehe auf dem See und im Leben und im Tod?

      G.: Dann bin ich da!

      Ich: Aber was ist, wenn ich nicht so bin, wie du es wolltest …?

      G.: Das wird nie passieren!

      Ich: Aber was ist, wenn …

      G.: Ohne Wenn und Aber!

      GLG, dein G.

       Über die Sache mit der Schöpfungsgeschichte

      Die ewige Frage: Wo soll man beginnen?

      Vielleicht am besten bei Adam und Eva! (Gen 2,18–24)

      Manche gehen ja schon an die Decke, wenn sie nur diesen Abschnitt mit der Rippe hören (Gen 2,21–22) …

      Zu männerdominiert, zu frauenunterbutternd, zu irgendwas …

      Wieder mal so eine Geschichte, wo der Mann laut »Erster« rufen darf und die Frau sich mit der Silbermedaille begnügen muss.

      Andere wiederum hören in dieser Geschichte die Scheuklappenbestätigung für eine einfach gestrickte und unzerstörbare Sexualmoral, die zum einen der menschlichen Realität nicht ansatzweise gerecht wird und zum anderen den Schöpfergott als ziemlich unkreativ dastehen lässt.

      Was ich darin höre?

      Erst einmal nur,

      dass Gott den Menschen nicht allein lässt,

      selbst in der Einsamkeit ist er (oder sie) da.

      Und dann noch, dass jede:r auf ganz eigene Art geschaffen ist,

      einen ganz eigenen Wert hat und doch gleichwertig ist.

      Und schlussendlich, dass wir aufeinander bezogen sind

      und darin einander guttun sollen.

      Das kommt mir irgendwie bekannt vor …

      … ah … stimmt …

      Liebe Gott,

      dich selbst

      und die anderen! (Mk 12,30–21).

      Vielleicht war das von Anfang an schon so vorgesehen!

      Reicht das nicht fürs Erste?

       Ich mag das Wort »Gleichmut«

      613 Gebote kennt die Thora.

      613 Gebote und Verbote, die das tägliche Leben regeln und gottgefällig machen sollen.

      Hört sich nach ziemlich viel an, aber verglichen mit der Fülle unserer staatlichen Gesetze, des Kirchenrechts oder des Katechismus ist das gar nicht so viel, sondern sogar eher wenig. Trotzdem, da gibt es eine ganze Menge Zeug zu beachten …

      Man