Vivian Valentine

FCKNG New Year


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noch etwas aus, was ich nicht sofort einordnen kann. Vor zwei Stunden hätte ich mein Glück bei ihr versucht und ihr den Fick ihres Lebens auf der Damentoilette verschafft, aber jetzt muss ich schleunigst verschwinden.

      »Sorry!«, sage ich und hebe abwehrend eine Hand.

      Sie nippt an dem Champagnerglas, welches sie noch immer elegant in der Hand hält und mustert mich nachdenklich. Fast hätte ich bei unserem Zusammenstoß das Glas getroffen. Aber ihre Reflexe sind offenbar besser als meine. Ich schenke ihr ebenfalls ein Lächeln und versuche, mich an ihr vorbeizuschieben. Ihre Hand berührt jedoch meinen Oberarm, um mich aufzuhalten. Stirnrunzelnd betrachte ich ihre zierlichen Finger, die auf meiner bunten Haut irgendwie fehl am Platz aussehen.

      »Warte! Oder bist du auf der Flucht?« Ihr Blick sucht kurz die Umgebung ab und verharrt dann für eine Sekunde auf der Empore, unter der wir uns befinden. Eine Clique von reichen Muttersöhnchen, ungefähr in unserem Alter, feiert dort grölend ins neue Jahr. So ist das also, erörtere ich innerlich, als einer der Yuppies finster auf uns herab starrt.

      »Ja, bin ich.«

      Ohne sie weiter zu beachten, setze ich mich in Bewegung. Wieder umklammert sie mich. Ihr Griff ist erstaunlich fest für so eine zierliche Frau. Vermutlich macht sie viel Sport, so wie sie aussieht.

      »Ich kann dir helfen!«, ruft sie und schaut ein letztes Mal nach oben, ehe sie ihre komplette Aufmerksamkeit auf mich richtet. »Ich wollte eh gerade gehen. Mein Auto steht vor der Tür.«

      Vielsagend wandert mein Blick zu dem Glas Champagner in ihrer Hand, welches sie sogleich wegstellt. Aber verdammt, ich bin kein Bulle. Falls wir mit denen Ärger wegen Alkohol am Steuer bekommen, werde ich behaupten, dass ich gefahren bin. Dafür haben wir ja Xavier McLane, den alten Rechtsverdreher. Der gewiefte Mistkerl hat es bisher noch jedes Mal geschafft, mich oder die anderen Biker aus der Scheiße rauszuboxen.

      Ich nicke. »In Ordnung. Lass uns verschwinden.«

      Kaum dass wir den Club verlassen haben, fährt tatsächlich ein Porsche Cayenne vor. Meine blonde Retterin übernimmt den Schlüssel von dem Angestellten und läuft um das Auto herum, um einzusteigen. Ich hatte mich nicht geirrt, das hier ist ein Bonzen-Club, wenn es sogar einen Parkservice gibt.

      Frierend steige ich in den Wagen. »Warum hast du keinen Fahrer?«, frage ich mit kratziger Stimme, während ich mich umständlich in meine Jacke quäle. Mir ist kalt. Zu allem Überfluss fängt es schon wieder an zu schneien. Bevor sie antworten kann, muss ich kräftig niesen. Mein Schädel dröhnt und ich fühle mich endgültig wie ausgekotzt. Stöhnend lehne ich meinen Kopf gegen die Beifahrerlehne und schließe für einen Moment die Augen.

      »Weil ich durchaus in der Lage bin, selbst ein Auto zu fahren.« Sie klingt verärgert.

      Interessiert öffne ich meine Lider wieder und sehe zu ihr. »Trinken und fahren ist allerdings nicht besonders cool«, reize ich sie weiter.

      Ihre Reaktion ist genau wie erwartet. »Du siehst nicht aus wie ein Kerl, der sich besonders für Gesetze interessiert.« Wieder ruckt eine ihrer perfekten Augenbrauen in die Höhe.

      »Keine Ahnung, wie du darauf kommst«, necke ich sie und richte mich unter Anstrengung auf.

      »Haha«, erwidert sie ironisch. Konzentriert lenkt sie den Wagen durch die letzte Nacht dieses Jahres. Die Uhr im Armaturenbrett zeigt kurz nach 23:00 Uhr an. Dass es noch so verdammt früh ist, war mir gar nicht bewusst. Ich räuspere mich. »Wo fahren wir eigentlich hin?«

      »Zu mir. Du siehst aus, als könntest du ein Bett vertragen.« Das fiese Grinsen in ihrem Gesicht gefällt mir nicht.

      »Ach was. Ich komme schon zurecht«, sage ich, begleitet von einer Hustenattacke.

      »Aha«, antwortet sie einsilbig. Dann schaut sie zu mir rüber. »Willst du nicht mit mir kommen?«

      Misstrauisch starre ich zurück. »Ich denke, das wäre keine gute Idee.« Reiche Mädchen zu ficken bedeutet immer nur Ärger. Die meisten finden es so geil, sich von einem Bad Guy ficken zu lassen, dass sie einen erpressen, es noch mal zu tun und einem für eine Weile das Leben zur Hölle machen, wenn man es nicht will. Und ja – ich spreche aus Erfahrung. Tätowierte Biker scheinen heiß begehrt zu sein, gerade in der High Society. Und das weiß ich deshalb, weil sich des Öfteren welche in unser Clubhaus verirren, welches ja nicht geheim ist.

      »Wo soll ich dich absetzen?« Dieses Mal klingt sie schnippisch, wenn auch ein bisschen unsicher. Genau das, was ich nicht brauchen kann.

      »Ich muss nach Downtown Eastside.« Mein Ton lässt keinen Widerspruch zu, als ich ihr den Weg erkläre.

      Ihr Blick huscht über den, mit dem Clubsymbol des Vancouver Venom MCs versehenen, Ärmel meiner Jacke. »Du gehörst also wirklich zu den Bikern?«

      »Jep.« Wieder muss ich niesen. Als ob ihr das nicht aufgefallen wäre!

      »Und warum warst du dann ausgerechnet in dieser Nacht in m... äh, in dem Club statt bei deinen Kameraden?«

      »Ich hatte mächtig Ärger«, bleibe ich vage und wische meine Nase an meinem Ärmel ab.

      »Ah.«

      Eine Weile fahren wir schweigend durch die Nacht. Der beschissene Schnee peitscht unerbittlich gegen die Frontscheibe, sodass die Scheibenwischer alle Hände voll zu tun haben. »Du siehst scheiße aus. Ich kann dir wirklich helfen«, versichert sie ein weiteres Mal. Scheinbar hat sie ein Helfersyndrom, sonst würde sie mir wohl kaum ihre Hilfe anbieten. Vielleicht bin ich ja auch ihr soziales Projekt für diesen Abend. Reiche stehen doch auf diesen Charity-Scheiß.

      »Bullshit. Lass mich einfach an den Docks raus, ich bin nicht länger dein Problem.« Mir wird dieses Gespräch und überhaupt alles zu viel, die Müdigkeit übermannt mich. Natürlich ist mir klar, dass ich mich heute nicht mehr im Clubhaus blicken lassen kann, aber dort liegt mein Schlüssel. Aber meine Mutter wohnt auch in der Nähe und ich werde die Nacht einfach bei ihr verbringen. Seufzend richte ich mich erneut auf. Oder ich schlafe in der nächsten Bushaltestelle, was wahrscheinlich die bessere Option als meine Mom wäre. Ich bin einfach verdammt müde ...

      »Hey du!« Irgendwas rüttelt an mir und ich schrecke hoch. Die Beifahrertür steht offen und vor mir steht die Blonde aus dem Club.

      »Was?« Verdutzt sehe ich sie an. Scheiße, ich muss eingeschlafen sein. Verfluchter Alkohol!

      »Du bist offenbar total im Eimer, daher sind wir doch zu mir gefahren. Los!«, drängt sie und versucht erfolglos, mich aus dem Auto zu zerren.

      »Ich komm ja«, krächze ich widerwillig und klopfe schnell meine Jackentaschen ab. Mein Handy ist da, das ist das Wichtigste. Alles andere habe ich ohnehin im Clubhaus vergessen, weil Carly und ich schnell einen Abflug gemacht haben.

      Ich steige aus dem Auto und sehe mich um. Wir befinden uns vor einem schicken Appartementblock, in einem Viertel, wo ich noch nie zuvor gewesen bin. Obwohl mein Kopf noch immer schmerzt, hat mir der kurze Powernap gutgetan. Mein Kopf funktioniert wieder – und er sagt mir deutlich, dass ich hier nichts verloren habe. Dennoch folge ich ihr und gebe meinen Widerstand auf. Wir scheinen am anderen Ende der Stadt zu sein, ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten und habe ohnehin keinen Schlafplatz in dieser Nacht.

      »Wie heißt du eigentlich?«, frage ich neugierig.

      »Jasmine«, sagt sie mit stolzer Stimme und hält eine dieser modernen Schlüsselkarten vor einen Summer, als wir das Haus erreichen. Dasselbe tut sie noch mal direkt am Aufzug. Dieses Haus glänzt und wirkt komplett steril. Kein Vergleich zu der winzigen Wohnung, in der ich lebe, seit ich von meiner Mutter weg bin.

      Der Aufzug kommt und wir steigen beide ein. Unschlüssig vergrabe ich die Hände in den Hosentaschen. Ich wüsste gern, warum die reiche kleine Lady unbedingt darauf besteht, mich mit zu sich nach Hause zu nehmen und ob ich richtig liege, dass es mit Schmierlappen von der Empore des Clubs zu tun hat.

      »Warum hast du keine Angst vor mir?«, frage