Kathrin Noreikat

Beim nächsten Klick: Liebe?


Скачать книгу

Wide Web zu suchen?

      „Einen Versuch ist es wert. Du hast doch nichts zu verlieren“, ermutigte mich Karla.

      Zögernd antwortete ich: „Ich überlege es mir.“

      Die Stille in meiner Wohnung erdrückte mich fast, daher schaltete ich den Fernseher an. Es lief eine amerikanische Krankenhausserie, die immer wieder durch Werbeblocks unterbrochen wurde. Die Serienfolge langweilte mich, daher begann ich nebenher Staub zu wischen. Auch musste ich den Teppichboden saugen. Als ich den Staubsauger ausmachte, hörte ich eine fröhliche Männerstimme sagen: „Ich parshippe jetzt.“

      Es war ein Werbespot von Parship, einer Partnervermittlung aus dem Internet. Musik und Gesang ertönte: „Feel good! Jetzt Neujahrsvorsätze wahr werden lassen. Mit dem neuen Programm von weight watchers erreichen Sie Ihr Wunschgewicht. Sofort anmelden und 50 % sparen.“

      Sollte ich auch einen Neujahrsvorsatz fassen?

      Andere Leute wollten mit dem Rauchen aufhören, abnehmen und mehr Sport machen oder mehr Zeit mit der Familie verbringen. Sollte mein Neujahrsvorsatz, wie Karla vorgeschlagen hatte, das Finden eines neuen Partners im Internet sein?

      Ich stellte den Staubsauger zurück in die Abstellkammer und beschloss: Bis zur nächsten Silvesterparty werde ich einen Mann finden! Ich machte den Fernseher aus, setzte mich an meinen Schreibtisch und schaltete das Notebook an. „Singlebörse“ tippte ich in die Suchmaschine und wurde sofort auf eine Website verwiesen, die Singlebörsen verglich. Es gibt über 530 Datingbörsen, die entweder kostenlos oder kostenpflichtig sind, sowie Partnervermittlungen und sogar Erotik-Dating-Websites. Mir wurde ganz schwindelig bei dieser großen Auswahl. Bei welcher Börse sollte ich mich anmelden? Es gab Dating-Portale für kurze, lange oder mollige Singles, für spirituelle oder religiöse Singles. Aber auch regionale Plattformen, wie die rhein-liebe.de, MünchnerSingles.de, Saarsex.de und Spaetzlessuche.de. Die Website Harzlove.de gab es nicht mehr, da der Anbieter verstorben war, wie ich auf der Vergleichswebseite erfuhr. Portale wie richtigwild.de und poppen.de kamen für mich nicht in Frage, weil ich einen Mann für eine langfristige und ernsthafte Beziehung suchte. Nach minutenlanger Recherche entschied ich mich schließlich für die kostenpflichtige Singlebörse www.findlove.de. Ich schloss ein Ein-Jahres-Abo ab. Daraufhin öffnete sich eine Seite: „Bitte erstellen Sie ein Profil“. Zunächst musste man seinen Namen eingeben. Sollte ich hier meinen echten Namen eingeben oder ein Pseudonym verwenden? Ich machte einen Kompromiss, da Lena die Kurzform von Helena war, entschied ich mich für Helena als Pseudonym. In dem Feld „persönliche Beschreibung“ tippte ich: „Ich bin vielseitig interessiert, mag Bücher und schreibe Kurzgeschichten in meiner Freizeit, gehe gerne in Museen und Musicals. Ich schwimme und fahre Fahrrad. Solltest du dich da wiederfinden, freue ich mich auf deine Nachricht!“

      Danach füllte ich die Felder mit den Fragen zur Persönlichkeit, dem Aussehen und dem Lebensstil aus. „Sind Sie bereit, sich auf eine Beziehung einzulassen?“.

      Ich klickte „Ja“. „Wie romantisch sind Sie?“, „Sehr romantisch“, „Ehe ist für mich“, „wichtig“. Bei Alter gab ich 42 Jahre an, bei Größe 1,76 Meter, mein Kleidungsstil war modisch und mein Äußeres war angenehm. Meine Haare waren lang und haselnussbraun, die Augen grünbraun und als attraktivstes Merkmal nannte ich mein Lächeln. Dann klickte ich Nichtraucher und ledig, sowie bei Essgewohnheiten „alles“ an. Zuletzt füllte ich den Bereich, in dem ich meine Wunschvorstellung des Mannes angeben musste, aus. Ich suchte einen Mann zwischen 36 und 49 Jahren, er sollte keine Kinder aus früheren Beziehungen und auch keine Haustiere haben, Nichtraucher und zwischen 170 und 185 Zentimeter groß sein. Somit hatte ich mein Profil fast fertig ausgefüllt. Jetzt fehlte nur noch ein Foto. Im Badezimmer kämmte ich mich und legte noch etwas Make-up auf. Das Oberteil wechselte ich und stellte mich anschließend in einer dunkelblauen Bluse vor die weiß gestrichene Wohnzimmertür, lächelte und machte ein Selfie mit dem Handy. Das lud ich auf die Plattform hoch. Nun war ich mit meinem Profil fertig und ich konnte die Website genauer betrachten. Oben gab es eine Menüleiste, in der ich erfahren würde, wer mein Profil aufgesucht hatte. Außerdem würde ich erkennen, wer mir ein Smiley zugeschickt und unter „Nachrichten“ würde ich sehen, wer mir geschrieben hatte. Dort stand bereits die Ziffer Eins in einem kleinen orangefarbenen Kreis. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, denn ich war nicht einmal eine halbe Stunde online und schon hatte mir jemand eine Nachricht geschickt. Gespannt klickte ich auf die Eins.

      StephanAC:

      Hallo Helena,

      wie geht es dir? Wie ich in deinem Profil lesen kann, bist du auch aus Aachen. Ich wohne im Stadtteil Laurensberg. Was für Kurzgeschichten schreibst du? Und was machst du beruflich?

      Liebe Grüße

      Stephan

      Bevor ich antwortete, schaute ich mir das Profil von StephanAC an. 41 Jahre alt, aus Aachen, wie das Kürzel AC schon verriet. Er war Nichtraucher und ledig. Bei Kinderwunsch stand „vielleicht“ und bei Romantik „nicht sehr romantisch“. Mir wurde angezeigt, dass wir drei gemeinsame Interessen hatten: Musik hören, lesen und Kino. Eine Porträtaufnahme zeigte einen Mann in einem Sport-T-Shirt. Sein Kopf war leicht rundlich, er hatte eine hohe Stirn und schütteres Haar. Sein Lächeln wirkte, als ob er gerade bei einem Sportwettbewerb gewonnen hätte.

      Helena:

      Hallo Stephan,

      ich heiße eigentlich Lena und wohne im Süden der Stadt. Ich arbeite in der Universitätsbibliothek. Die Handlungen meiner Kurzgeschichten spielen oft in der Vergangenheit. Die Titel sind „Kaiser Karl in Aachen“, „Die letzte Nacht in Versailles“ und „Die Suche nach dem Gold“. In meiner Schublade liegt ein angefangenes Manuskript eines historischen Romans.

      Viele Grüße

      Lena

      StephanAC:

      Hallo Lena,

      oh, das klingt interessant. In welcher Zeit spielt der historische Roman? Ich habe künstlerisch eher mit der Musik zu tun. Es tut sehr gut irgendwas zu erschaffen. ;)

      Gruß

      Stephan

      Helena:

      Hallo Stephan,

      der Roman ist eine Liebesgeschichte, die sich im Hintergrund des Amerikanischen Bürgerkrieges abspielt. Ein Nordstaatler verliebt sich in eine Südstaatenschönheit. Die ersten Kapitel habe ich bereits geschrieben. Doch ich muss noch viel über diese Zeit recherchieren, um weiter schreiben zu können. Spielst du ein Instrument oder komponierst du selbst die Musik?

      Viele Grüße

      Lena

      StephanAC:

      Ich mache elektronische Musik. Ich habe sozusagen ein Orchester am Computer mit allen möglichen Instrumenten. Ich kann sagen, welche Noten gespielt werden sollen. Macht wirklich viel Spaß, aber leider habe ich seit einigen Jahren nichts mehr herausgebracht. Was machst du denn sonst gerne? Ich liebe Sport (spiele Tischtennis und fahre gerne Fahrrad). Bin gerne draußen und interessiere mich für Politik usw. Ich arbeite als Programmierer, deshalb brauche ich viel Ausgleich draußen. ;)

      Helena:

      Ich fahre auch gerne Fahrrad. Jede Woche gehe ich in die Schwimmhalle Süd zum Aquafitness. Der Kurs wird von der Volkshochschule angeboten

      Wir schickten uns noch einige Nachrichten hin und her, bis ich Stephan fragte, ob wir uns nicht treffen könnten, denn eine Dating-Regel besagte, dass man seinen Chatpartner möglichst schnell persönlich an einem öffentlichen Ort treffen sollte. Da Stephan in der gleichen Stadt wohnte wie ich, sollte ein Treffen unproblematisch sein.

      StephanAC:

      Ja, das können wir machen. Also gerne auch schon morgen, wenn du magst. Ansonsten ist diese Woche recht voll, sodass ich erst wieder am Freitag könnte. Was meinst du?

      Helena:

      Wir können uns morgen treffen. Sehr gerne. 18 Uhr am Rathaus?

      StephanAC: