Kathrin Noreikat

Beim nächsten Klick: Liebe?


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morgen.

      Ich konnte es kaum glauben, denn ich hatte mich vor nicht einmal zwei Stunden auf dieser Singlebörse angemeldet und hatte schon morgen mein erstes Date. Vielleicht wäre die Suche nach Mr. Right schon schneller beendet als gedacht. Rasch tippte ich eine WhatsApp-Nachricht an meine Freundin Karla.

      Sie antwortete mit einem „WAS?“. Natürlich wünschte sie mir viel Glück.

      Ich traf schon um 17:55 Uhr am Aachener Rathaus ein, weil ich gerne pünktlich war. Ob Stephan einer war, der notorisch zu spät kam? Nein, da wartete er schon, denn mit seinen fast zwei Metern war er nicht zu übersehen.

      „Hallo Stephan.“

      „Hallo Lena, schön, dass es geklappt hat. Es ist schon lange her, dass ich ein Blind Date hatte“, murmelte er.

      Ich nickte.

      Stephan trug eine Winterjacke, um seinen Hals war ein dicker Wollschal gewickelt.

      „Ich habe etwas Halsschmerzen und muss etwas Warmes trinken. Lass uns doch gleich hier in den Mexikaner gehen“, schlug er vor und wies mit einem ausgestreckten Arm dorthin.

      „Ja, gerne.“

      Mit großen Schritten ging er voran. Im Mexikaner setzten wir uns an einen Tisch am Fenster. Ich hätte mich gar nicht so schick mit dem hellbraunen Kordkleid machen müssen, denn Stephan hatte ein Sweatshirt mit einem Aufdruck des lokalen Fußballvereins an. Den Wollschal ließ er um den Hals gewickelt. Als die Kellnerin mit der Speisekarte an unseren Tisch kam, erklärte er: „Wir wollen nur was trinken. Ich nehme eine heiße Schokolade. Und du?“

      „Einen Pfefferminztee“, antwortete ich spontan, da ich keine Gelegenheit hatte, die Getränkekarte zu studieren. Die Kellnerin tippte die Bestellung in ein kleines elektronisches Gerät. „In Ordnung. Vielen Dank.“

      Sie wandte sich schon zum Gehen, da ergänzte Stephan mit Nachdruck: „Die heiße Schokolade bitte ohne Sahne.“

      „Okay“, sie tippte wieder in das Gerät und ging. Eine Schweigeminute stellte sich zwischen Stephan und mir ein. Ich lächelte und überlegte dabei fieberhaft, welche Fragen ich stellen könnte. Schließlich fragte ich: „Bist du in Aachen geboren worden?“

      Bevor er antwortete, putzte er sich geräuschvoll die Nase. „Ja. Und du?“

      „Nein. Ich bin aus München. Dort habe ich Bibliotheks- und Informationsmanagement studiert und einige Jahre in verschiedenen Bibliotheken in Deutschland gearbeitet, bis ich die Stelle an der RWTH Universitätsbibliothek annahm.“

      Stephan rückte den Salz- und Pfefferstreuer zurecht, schaute mich an.

      „Also, ich habe Informatik studiert und arbeite jetzt bei einer kleinen Softwarefirma. Nach der Arbeit schaue ich oft noch bei meinen Eltern vorbei, denn sie wohnen nur 500 Meter von meiner Wohnung entfernt.“

      Die Kellnerin kam mit den Getränken an unseren Tisch. Erst als sie wieder fort war, begann ich zu sprechen: „Meine Eltern und mein älterer Bruder Lars wohnen in München. Ich sehe sie nur ein paar Mal im Jahr, doch wir telefonieren oft miteinander.“

      „Das ist blöd, dass deine Familie so weit weg wohnt“, meinte er und trank einen Schluck aus seiner Tasse mit heißer Schokolade ohne Sahne. „In den letzten zwei Monaten habe ich zehn Kilogramm abgenommen. Ich will aber noch mindestens fünf Kilogramm verlieren, denn dann passe ich wieder in meine Lieblingsjeans.“

      „Ich wünsche dir viel Erfolg!“, sagte ich.

      Das Foto im Internet musste also schon etwas älter sein, denn darauf wirkte Stephans Gesicht wesentlich fülliger, überlegte ich.

      In der nächsten dreiviertel Stunde unterhielten wir uns weiter über unsere Familien, unsere Freizeitbeschäftigungen, über Musik, Bücher und Filme. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gestaltete sich das Gespräch als unterhaltsam, bis Stephan erklärte: „Du, … also ich würde dann gerne gehen, weil ich Halsschmerzen habe.“

      „Kein Problem“, versicherte ich ihm. Allerdings war ich schon etwas über den plötzlichen Abbruch der Unterhaltung überrascht.

      Stephan gab der Kellnerin ein Zeichen, dass er bezahlen wollte. Den Tee spendierte er mir und ich bedankte mich. Draußen auf der Straße verabschiedeten wir uns mit einem „Schön dich kennengelernt zu haben. Bis bald! Tschüss!“ und gingen jeweils in die entgegengesetzte Richtung. Nach einigen Schritten holte ich mein Smartphone aus der Handtasche heraus und sah, dass meine Freundin mir geschrieben hatte.

      Karla zuletzt online heute 15:13

      Karla: Hallo Lena, wie war das Date? 18:30

      Lena zuletzt online heute 14:22

      Lena: Liebe Karla, für den Anfang war es nicht schlecht. Das Date war ganz nett, endete jedoch abrupt, da Stephan Halsschmerzen hatte. Er ist groß, aber er wirkte auf mich, wie ein zu groß gewordener Junge. Mal sehen, ob er sich wieder bei mir meldet. Und wenn nicht, ist es auch nicht weiter tragisch. 19:28

      Karla: Halte mich auf dem Laufenden! 19:40

      Lena: Logo! 19:42

      Als ich mich zwei Tage später bei findlove.de wieder einloggte, sah ich unter dem Menüpunkt „Meine Besucher“, wer mein Profil aufgerufen hatte.

      hundefreund, 51 aus Hückelhoven

      Laubfrosch, 41 aus Stolberg

      Hundepapa71, 47 aus Nettetal

      Jamespapi44 aus Kelmis, Belgien

      Ganz schön viele Hundeliebhaber und Väter, dachte ich. Gespannt klickte ich auf den Button „Nachrichten“. Eine kleine Zwei war sichtbar. Die eine Nachricht stammte von einem 50-Jährigen aus Eschweiler: „Hallo, ich suche eine Frau, die weiß, dass es noch mehr als Blümchensex gibt. Gruß Roland.“

      Angewidert verzog ich das Gesicht und löschte die Nachricht. Ich klickte auf die andere Nachricht, die von Stephan stammte: „Hallo Lena, mich hat es erwischt.“

      Was meinte er damit? Hatte er sich womöglich in mich verliebt? Liebe auf den ersten Blick?

      „Ich liege mit Grippe im Bett. Ich kann nicht viel schreiben. Das Treffen war nett, aber ich muss sagen, dass du mir zu erwachsen und reif vorgekommen bist. Ich wünsche mir jemanden, mit dem ich herumalbern kann. Alles Gute! Stephan.“

      Ich antwortete: „Hallo Stephan, ich wünsche dir eine gute Besserung! Mir hat das Treffen gefallen. Allerdings hatte ich auch den Eindruck, dass wir nicht auf einer Wellenlänge sind. Ich wünsche dir ebenfalls alles Gute! Lena.“

      Stephan und ich passten nicht zusammen. Die Suche nach einem Partner war doch nicht so schnell beendet, wie ich es erhofft hatte. Ich lehnte mich auf meinem Schreibtischstuhl zurück. Stephan suchte eine Frau, mit der er herumalbern konnte. Roland suchte ein sexuelles Abenteuer. Ich fragte mich, was die anderen Männer so suchten.

      Also las ich die Statements, die neben den Fotos standen, durch. Es waren entweder individuelle Selbstbeschreibungen der Männer oder konkrete Vorstellungen wie die Traumfrau sein sollte:

      „Keine Chatpartnerin“ und „keine Schickimicki-Frau“.

      HaPe, 57 aus Würselen: „Ich bin Hans-Peter. Ich bin ein jung gebliebener älterer Herr, der eine möglichst junge Frau mit mehr als einer Handvoll Ti... sucht. Melde dich!“

      Herzblatt_17, 39 aus Oberhausen: „Suche eine vielseitig interessierte und positiv denkende Frau, die Lust auf Gespräche, Spaziergänge, Musik & Tanz, Sport, Kino usw. hat. Wenn es passt, auch sehr gerne mehr. Ich bin romantisch, treu, gepflegt und ehrlich.“

      Werner, 45 aus Mainz: „Ich bin Werner, ein ruhiger, ehrlicher und schüchterner Mann. Doch ich bin mir sicher, dass mein Herz am richtigen Platz ist. Seit vier Jahren bin ich allein und möchte jemanden kennenlernen, mit dem ich eine Beziehung aufbauen kann.“

      Johnny, 49 aus Hagen: „Ich bin ein lustiger, positiver, ehrlicher, zuverlässiger, romantischer, süßer Mann, der