Julia Born

Ruhm und Cola


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auf eine weniger unangenehme Ebene zu bewegten und stieg auf sein Spielchen ein.

       »Vielleicht …«, ich legte die ganze Betonung auf dieses Wort, »… würde ich mich nicht wie eine Idiotin benehmen, wenn du bei meinem Einzug mit einem Kuchen vor der Tür gestanden und mich willkommen geheißen hättest, so wie sich das für einen anständigen Nachbarn gehört.« Er sollte bloß nicht auf die Idee kommen, dass ich mich von ihm verbal unterbuttern ließ. Nicht mit mir, Herr Nachbar. »Glaub mir, den Kuchen hättest du nicht essen wollen.« Alex zog eine Grimasse und schüttelte leicht den Kopf. Die plötzliche Wellenlänge zwischen uns, beflügelte mich.

       »Kein Talent zum Backen?«

       »Kein bisschen.«

       Er klopfte eine neue Zigarette aus seinem Päckchen. »Auch eine?« Diesmal war ich es, die kopfschüttelnd ablehnte. »Ich sollte eigentlich auch mal weniger, aber, wie gesagt, war ein langer Tag«, wiederholte er sich und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er tatsächlich gerne darüber reden wollte, es aber unpassend fand, sich ausgerechnet mir anzuvertrauen. »Vielleicht sollten wir ins Bett gehen«, schlug ich vor und seine Augen weiteten sich, auf seinem Gesicht lag nun wieder der mir bereits bekannte, leicht spöttischen Ausdruck. »So?« Er zwinkerte ironisch und ich begriff, was ich da eigentlich gerade gesagt hatte. »Oh man ey, du in deins und ich in meins. Das kann ja noch heiter werden hier.« Seufzend schlug ich mir mit der Hand gegen die Stirn. »Wenn du das sagst.« Alex’ Blick schweifte wieder zum Himmel und ohne, dass er ein weiteres Wort sagen musste, war mir klar, dass der kurze Moment der Leichtigkeit genau wie unsere Unterhaltung für heute beendet waren.

       Zurück in meiner Wohnung wurde ich dieses sonderbar euphorische Gefühl nicht los, das ich immer dann empfand, wenn ich jemandem begegnete, der mich ohne besonderen Grund mitten ins Herz traf. Ich war schon ein paarmal verliebt gewesen. Sogar heftig. Meine letzte Trennung vor ein paar Jahren hatte mich dermaßen aus der Bahn geworfen, dass ich mein Leben komplett neu zusammen puzzeln musste. Nur um anschließend festzustellen, dass mir das neue Puzzle überhaupt nicht gefiel. Jetzt stand ich wieder am Anfang eines neuen Lebensabschnitts und ausgerechnet in diesen Anfang war Alex hineingestolpert. In jedem Liebesfilm wäre er jetzt jener Mann in meinem Leben, der die Wende zum Happy Life bringen würde. Doch das hier war anders. Ich spürte nicht diese körperliche Anziehung; da war auch nicht das Gefühl, ihm auf diese Weise näher kommen zu wollen. Ich fand ihn einfach nur spannend und irgendwie, auch wenn das alleine in meinen Gedanken bereits abgedroschen klang: süß.

       Es machte mich rasend, dass er nicht die Sorte Mensch war, mit der man mal eben einen netten Plausch halten konnte, denn das hätte alles so viel einfacher gemacht. Stattdessen wohnte jetzt Tür an Tür, Wand an Wand, Balkon an Balkon ein Typ, von dem ich nach drei Tagen zwar schon wusste, wie seine letzte Beziehung geendet hatte, nicht aber, welche seine Lieblingseissorte war. Das Schneckenhaus um ihn herum schien aus solidem Stahlbeton gebaut.

       Ellens Worte hallten in meinem Kopf wider: »Hast du ihn schon mal gegoogelt?« Ich griff zu meinem Handy und öffnete den Browser. Einen Moment zögerte ich. Wollte ich wirklich wissen, was das Internet über Alex sagte? Was, wenn ich Dinge las, die ich danach nicht mehr loswurde? Meine moralische Phase dauerte genau so lange, wie ich brauchte, um seinen Namen in das Suchfeld einzutippen. Dank Klingelschild war der Nachname ebenso wenig ein Problem, wie der Zusatz »Berlin«, um nicht unnötige Suchtreffer für alle Männer mit Namen Alex Fink zu erzielen.

       Und da war er. Seine undurchdringliche Miene spiegelte sich von mehreren Band-Fotos in meinem Display wider. Alex mit raspelkurzen Haaren und Punker-Outfit. Alex im Eifer des Gefechts an der Gitarre. Alex unvorteilhaft getroffen beim Singen ins Mikrofon.

       Ich wechselte von der Bildersuche zu den allgemeinen Treffern und fand mehrere kleine Berichte über seine Band, die kurz davorstand, ein neues Album zu veröffentlichen. Ich klickte mich durch die Artikel auf die Webseite. Die ganze Startseite war von einem eingebundenen YouTube-Video überzogen. Sein musikalisches Schaffen war nur eine Bewegung meines Zeigefingers entfernt. Unentschlossen ballte ich meine rechte Hand zur Faust. Laut anhören ging auf keinen Fall. Die Wände im Altbau waren zwar dick, aber alleine die Vorstellung, dass er es irgendwie mitbekam und die völlig falschen Rückschlüsse zog, ließ mich erschauern. Nervös wippte ich mit dem Bein. Stand auf, ging zum Wasserkocher, schaltete ihn ein. Ablenkung. Einen Tee trinken. Nochmal gut überlegen. Nur weil es da war, musste ich es ja nicht nutzen. Um auf andere Gedanken zu kommen, tippte ich meinen eigenen Namen in die Suche ein. Wenig überraschend zeigte mir die Suchmaschine schnöden Agenturcontent. Alles was sich irgendwie privater verhielt, versteckte ich abseits meines Klarnamens in den sozialen Medien unter einem Internetpseudonym. Ich fragte mich, ob Alex wohl auch nachgesehen hatte, ob er mich auf irgendeiner Plattform fand. Wohl eher nicht. Sicher war er nur so omnipräsent, weil sie das Internet zu Promo-Zwecken nutzten. Der Wasserkocher klickte und hörte auf zu brodeln. Doch statt mir einen Tee aufzubrühen, griff ich zu meinen Kopfhörern, die Neugier ging als Sieger vom Platz.

       Wenige Sekunden später erklangen, nicht wie erwartet, laute Gitarren, sondern sanfte Klaviertöne. Dann die raue Stimme des Sängers, der sich mit geschlossenen Augen hingebungsvoll an seinen Mikrofonständer klammerte. Obwohl die Bandfotos bereits deutlich machten, dass Alex der Gitarrist war, irritierte es mich kurz. Irgendwie hatte er auf den ersten Blick so gewirkt, als würde er als Frontmann die Rampensau raushängen lassen. Stattdessen stand er auf der linken Bühnenseite vor seinen Verstärkern und war ganz in seiner Gitarre versunken, die mittlerweile auch eingesetzt hatte. Der Song handelte von Liebe in der Großstadt, war mehr Pop als Rock und die neueste Singleauskopplung. Unter dem Video standen in großen Buchstaben das Datum und der Ort der Record Release Party. Eine Bar in Berlin am kommenden Freitag. Das Schicksal hatte es wohl auf mich und meine Neugierde abgesehen. Nach drei Minuten endete das Video und ich zog die kleine rote Linie zurück zum Anfang. Während der Sänger nun seinen Herzschmerz über verpasste Chancen und lange, durchzechte Nächte wiederholte, lag mein Blick immer noch auf Alex. Auf seiner Konzentration, den Grübchen, aber besonders auf dem Funkeln in seinen Augen, das selbst von YouTube zu mir an den Küchentisch schwappte. Kombiniert mit der Erinnerung an die Worte seiner Ex, war es unverkennbar, dass er die Musik liebte. Oder liebte er es nur in einer Band zu sein? Allen Verwirrungen und Merkwürdigkeiten zum Trotz, hoffte ich, dass ich es irgendwann herausfinden würde.

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