Roman Kellner

Ziele und Zaubersprüche


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man hat ist wichtiger als was man ist. Und am allerwichtigsten ist ohnedies, wie man scheint.

      Die Dursleys sind komplett humorlos, dafür obrigkeitshörig. Sie haben nichts Subversives oder Verspieltes. Sie kennen einen Weg und den gehen sie stur weiter. Doch es gibt nie nur einen Weg.

      Stellen Sie sich ein Büro vor, in dem all die Werte der Dursley hochgehalten werden. Dort gelten dann sehr rigide Kleidervorschriften, die Arbeitszeiten sind genau vorgegeben und werden streng überprüft. Starre Hierarchien sind wichtig und werden immer wieder betont und erneuert. Gelacht wird hier wenig, es gibt auch kaum verspielte Ecken und funktionslose Orte oder Momente. Kann in diesem Klima Kreativität gedeihen? Kann hier etwas Neues entstehen?

      Wenn wir unseren SPIELraum einschränken möchten, dann machen wir am besten alles genau so wie die Familie Dursley. Das verhindert andere und damit neue Sichtweisen, neue Handlungsmöglichkeiten und neue Wege. Oder aber wir verhalten uns völlig „undursleyhaft“[11], eher wie Zauberer, und eröffnen uns auf diese Art ein Universum neuer Möglichkeiten.

       Accio Lösungen!

       Der Kreativität eine Chance geben

      Machen Sie Dinge anders. Das beginnt schon im Kleinen: Wählen Sie morgen einen neuen Weg in die Arbeit, selbst wenn es ein Umweg ist. Grüßen Sie anders, als Sie es üblicherweise tun, wenn Sie ein Geschäft betreten. Kaufen Sie einmal eine andere Zahnpasta als sonst. Hören Sie einen ungewohnten Radiosender. Gehen sie in einen Kinofilm, in den Sie sonst nie gehen würden. Machen Sie jemandem, der es von Ihnen nicht erwarten würde, ein Kompliment. Achten Sie auf neue Eindrücke und Geschmäcker, auf andere Reaktionen und die Möglichkeiten, die sich dadurch auftun.

      Nehmen Sie solche Herausforderungen an, denn sie fordern Sie HERAUS. Oder, wie ein Sprichwort so schön sagt: Umwege erhöhen die Ortskenntnis.

      2. Ziel, Wille, Bedacht! Am Apparier-Kurs teilnehmen

      In diesem Kapitel erfahren Sie, …

      – dass für das Erreichen eines Zieles eine genaue Zielvorstellung unerlässlich ist

      – dass kleine und große Ziele nicht in Widerspruch stehen sollten

      – dass ein Wunsch kein Ziel ist

      – was das mit dem Apparierkurs zu tun hat und wie wir den Raum der Wünsche und den Spiegel Nerhegeb nützen können

      

      

       Der Weg ist das Ziel.

      Konfuzius

       Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.

      Lao-Tse

       Sobald der Geist auf ein Ziel gerichtet ist, kommt ihm vieles entgegen.

      Johann Wolfgang von Goethe

      So viele kluge Worte über Ziele! Und in jedem Ratgeber wird man es ebenso finden: das Ziel, das es zu erreichen gilt. Und man wird lesen können, dass man das mit der X- oder Y-Methode auch schafft. Dass man sich die Ziele stecken und dann „nur“ hartnäckig verfolgen müsse.

      Die Wenigsten gehen der Frage nach, wie man überhaupt zu einem Ziel kommt. Nein, das ist kein Verschreiber, wir meinen nicht: ans Ziel! Wir meinen: ZU einem Ziel. Zu einem ganz persönlichen Ziel. Nicht eines, das sich ein Diätberater, Jobberater, Typberater ausgedacht hat. Das eigene. Oder die eigenen.

      Ziele sollten Klarheit bringen. Das ist aber oft nicht so, wenn etwa vorgegaukelt wird, man könnte jedes Ziel erreichen, wenn man nur wirklich wolle. Die Euro-Million in einem Jahr? Glauben Sie fest daran, und sie gehört Ihnen. Der Partner/die Partnerin Ihrer Träume? Sie müssen es nur ganz fest wollen, und schon steht er oder sie vor der Tür. So einfach, so Lebensratgeber. Was bei diesem Strecken nach den Sternen zusätzlich schnell verloren geht, ist die Wertschätzung der kleinen Meilensteine und Etappenziele. Auch kleine Ziele sind Ziele.

      Die AutorInnen wissen aus leidvoller Erfahrung, dass gerade jene Coaching-Sitzungen Gefahr laufen, ergebnislos zu enden, in denen wir der Erarbeitung exakter Ziele zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Und ein österreichischer Kolumnist bemerkte unlängst, die Politiker würden heute so farblos wirken, weil sie sich nicht für ein großes, klares politisches Ziel einsetzten[12]. Ja, es ist verdammt wichtig zu wissen, wo man hin will. Aber das Wollen muss aus einem selbst kommen. Und wenn das Ziel vom eigenen Herzenswunsch zu weit entfernt ist, kann man es zwar durchaus erreichen, aber Verluste sind vorprogrammiert.

      Joanne K. Rowling weiß all das natürlich. Und ihr Wissen um die Bedeutung von Zielen, Wünschen und Werten fließt in ihre Bücher ein: Die magische Welt ist voll von Metaphern, die mit Zielerreichung zu tun haben. Einiges ist auch für uns Muggel nützlich und auf das Hier und Jetzt übertragbar.

      Reisen wir dazu doch einmal gemeinsam nach Hogwarts. Ein Samstagmorgen im Februar. In der Großen Halle haben sich die aufgeregten Sechstklässler zur ersten Stunde des zwölfwöchigen Apparier-Kurses versammelt. Jetzt endlich dürfen sie lernen, wie man sich nur mit Hilfe eines Zauberstabs an einen anderen Ort „beamt“. Nur mit Hilfe eines Zauberstabs? Es braucht schon etwas mehr. Der Ministeriumszauberer Wilkie Twycross, ein „merkwürdig farbloser“ Mann, trichtert den gebannten ZuhörerInnen die „Goldene Dreierregel“ des Apparierens ein: „Ziel, Wille, Bedacht!“[13] Außer Hermine gelingt es niemandem. Susan Bones zersplintert gar und es braucht fremde Hilfe, um sie wieder mit ihrem Bein zu vereinen. Auch Ron wird später noch diesen Preis für die Unachtsamkeit zahlen. Denn das Apparieren hat seine Tücken, wenn man nicht ganz genau artikuliert, wohin man möchte oder sich den Ort, an den man reisen will, nicht verinnerlicht und genau vorstellt. Dasselbe gilt übrigens auch für das Reisen mit Flohpulver: So landet Harry bei seinem ersten Flohpulverreiseversuch in der trüben Nokturngasse, weil er in seiner Aufregung statt Diagon Alley (Winkelgasse) „diagonally“ (diagonal) nuschelt[14].

      Worauf Zauberer beim Reisen achten müssen, ist dem Verfolgen von Zielen in unserer Muggel-Welt erstaunlich ähnlich. „Denken Sie immer daran, dass es wesentlich einfacher ist, ein Ziel zu erreichen, das klar definiert und deutlich sichtbar ist“, liest man zum Beispiel im populären Buch „NLP für Dummies“. Und konkret raten dessen Autoren Ready und Burton:

      „1. Seien Sie sich Ihrer Zielvorgabe bewusst. Es ist besonders wichtig, präzise festzulegen, was man will.

      2. Ergreifen Sie Maßnahmen.

      3. Benutzen Sie Ihre Sinne.

      4. Verhalten Sie sich flexibel.“[15]

      Der chilenische Coach Julio Olalla wiederum zählt drei relevante Faktoren auf, die maßgeblich daran beteiligt sind, ob ein gewünschtes Vorhaben erreicht wird:

      „- die Attraktivität der Zielvorstellung und deren Auswirkungen

      - die Zuversicht in die Machbarkeit des eigenen Unterfangens

      - die Klarheit über konkrete nächste Schritte“[16]

      Erinnern diese Dinge nicht frappant an die Goldene Dreierregel? Nochmals zur Erinnerung: Ziel (Destination), Wille (Determination) und Bedacht (Deliberation). Man muss sich also ganz genau darauf konzentrieren, wo man hin will, man muss den Ort vor Augen haben und die Konzentration beibehalten. Man muss den gesamten Körper mit diesem Willen erfüllen. Und man muss, zusätzlich zu einer bestimmten Körperbewegung, mit Bedacht vorgehen. Sprich: Der Wunsch, der Wille allein, zählt nicht. Er muss bis in den Körper vordringen, idealerweise sogar mit möglichst vielen Sinnen wahrnehmbar sein.

       Etappenziele und Fixsterne

      Nun,