Wolfram Von Eschenbach

Parzival


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habt euch nun genug geschämt.

      5Was mir auch von euch geschicht,

      Eure Schwester schlüge mich doch nicht.«

      Der Rede lachten sie zumal;

      Bald ward getrübt der Freude Schall:

      Versunken saß aufs Neue,

      10Der Wirth in Leid und Reue,

      Denn Jammer ist ein scharfes Reis.

      Sie sahen Alle rings im Kreiß,

      Wie er schwer mit Kummer rang

      Und seine Freude Leid bezwang.

      15Seiner Muhme Sohn hub zürnend an

      Und sprach: »Du thust nicht wohl daran.«

      »Nein, ich weiß, warum ich traurig bin:

      Aus Sehnsucht nach der Königin.

      Ich ließ zu Patelamunt,

      20Um die mir noch das Herz ist wund,

      Von reiner Art ein süßes Weib.

      Ihre Reinheit legt mir Seel und Leib

      In des Minnekummers Band.

      Sie gab mir Leute, gab mir Land.

      25Mannliche Freuden meinem Sinn

      Belakane raubt die Königin:

      Scham geziemt dem Mann doch gut

      Um der Minne Wankelmuth.

      Da mich ihre Zärtlichkeit

      Hütete vor Kampf und Streit,

      [91]Da wähnt ich, daß mir Ritterschaft

      Sänftete des Unmuths Kraft;

      Hier hab ich doch genug gethan.

      Wohl denkt manch unverständger Mann,

      5Daß ihre Schwärze mich vertrieb:

      Die war mir wie die Sonne lieb.

      Mir schafft der Werthen Preis dies Leid:

      Sie hat die höchste Würdigkeit.

      »Ich muß das Ein und Andre klagen:

      10Meines Bruders Wappen sah ich tragen

      Mit emporgekehrtem Ende.«

      Weh diesem Elende!

      Wie laut der Jammer da erscholl!

      Die Augen wurden Waßers voll

      15Auch dem kühnen Spaniole:

      »O weh, Königin Fole,29

      Um deine Minne starb den Tod

      Galoes: das ist die Noth,

      Die treulich klagen sollten

      20Alle Frauen, wenn sie wollten,

      Daß es ihrer Sitte brächte

      Ruhm, wo man des gedächte.

      Ja, Averrens Königin,

      Rührt es dir auch nicht den Sinn,

      25Den Freund verlor ich doch durch dich,

      Dem das Ende ritterlich

      Gab eine Tjost, die ihn erschlug,

      Als er deine Farben trug.

      Nun wollen Fürsten, die ihm waren

      Genoßen, keine Klage sparen.

      [92]Sie haben ihres Schildes Breite,

      Als zum Trauergeleite,

      Zu der Erden gekehrt,

      Wie sie großer Kummer lehrt.

      5Also thun sie Ritterschaft.

      Sie überwältigt Jammers Kraft,

      Da Galoes, meiner Muhme Sohn,

      Nicht Dienst mehr thut um Minnelohn.«

      Als er vernahm des Bruders Tod,

      10Das schuf ihm neue Herzensnoth.

      Da sprach der Degen jammerhaft:

      »Wie hat nun meines Ankers Haft

      Grund erfaßt bei einem Grab!«

      Da legt' er dieses Wappen ab.

      15Das Herz ihm schier vor Jammer brach.

      Der Held aus wahrer Treue sprach:

      »Von Anschau Galoes!

      Wohl versichert sind wir des:

      Nie wurde so mannliche Zucht

      20Geboren; wahrer Milde Frucht

      Dir aus dem Herzen blühte:

      Nun erbarmt mich deine Güte.«

      Da begann er zu Kailetten:

      »Wie ergeht es nun Schoietten,

      25Der Mutter mein, der Freudenarmen?«

      »So daß Gott es mag erbarmen:

      Da ihr erstorben war Gandein,

      Und Galoes, der Bruder dein,

      Und sie auch dich nicht bei sich sah,

      Im Tode brach das Herz ihr da.«

      [93]Da sprach der König Hardeiß:

      »Nun kehrt auf Mannheit euern Fleiß.

      Wenn ihr Mannheit wißt zu tragen,

      Sollt ihr das Leid mit Maßen klagen.«

      5Sein Kummer leider war zu groß:

      Ein Guß ihm von den Augen floß.

      Er schuf den Rittern gute Ruh;

      Er selbst ging seiner Kammer zu,

      Ein kleines Zelt von Samt: die Nacht

      10Ward mit Jammer zugebracht.

      Als der andre Tag erschien,

      Vereinten Alle sich dahin,

      Das innre wie das äußre Heer:

      Wer zum Streit zugegen wär,

      15Sei er alt oder jung,

      Sei er schwach, sei stark genung,

      Sie tiostierten heute nicht.

      Da schien der mitte Morgen licht.

      Sie waren auch so aufgerieben,

      20Die Pferde schon so abgetrieben,

      Daß die Ritter kühn im Streit

      Doch übernahm die Müdigkeit.

      Selber ritt die Königin

      Zu Felde nach den Werthen hin

      25Und nahm sie mit sich in die Stadt,

      Wo sie die Allerbesten bat,

      Daß sie zum Löwenplane ritten.

      Da geschah nach ihren Bitten:

      Sie kamen, als man Messe sang

      Dem traurgen König von Zaßamank.

      [94]Da nun gegeben ward der Segen,

      Frau Herzeleide war zugegen.

      Nun sprach sie Gachmureten an:

      Ihr Recht erkannte Jedermann.

      5Da sprach er: »Frau, ich hab ein Weib,

      Die ist mir lieber als der Leib.

      Wenn ich der ledig wäre,

      Wüst ich noch andre Märe,

      Damit entging' ich euch fürwahr,