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Shino Tenshi
Verhasst
Nur nicht liegen bleiben
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Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel
"Verpiss dich!"
Ich wurde grob nach hinten geschubst, wo mein Rücken hart gegen das Metall der Spindtüren prallte, was mich kurz vor Schmerz aufkeuchen ließ.
"Dich will niemand hier haben, du Perverser!"
Man schlug einfach noch einmal zu. Aus Prinzip. Mitten in die Magengrube, wodurch sie sämtliche Luft aus meinen Lungen pressten und mich zusammenklappen ließen.
Ihre Schritte entfernten sich, als ich in die Knie ging und immer weiter hinunterrutschte. Ich spürte die Tränen in meinen Augen und das Zittern meines Körpers.
Man spuckte mich an, als man an mir vorbeiging und ich mich noch nicht erhoben hatte, wodurch ich ein Schluchzen nicht verkneifen konnte, bevor ich mich dann langsam erhob.
Der Schmerz grub sich weiter durch meinen Leib und verhinderte, dass ich meine Hand von meinem Bauch nehmen konnte, als ich nach meiner Schultasche griff und sie mir über die Schultern warf.
Sie waren alle weg. Wie jeden Tag war ich der Letzte, der ging, nachdem alle mir ihren Hass entgegen geschmissen hatten.
Meine Wange brannte und mein rechtes Auge war geschwollen und blau verfärbt, so wie viele andere Stellen an meinen Körper.
Wenn die Lehrer fragten, sagte ich, dass ich irgendwo dagegen gelaufen wäre. Sie glaubten mir schon lange nicht mehr, doch sie würden mich nicht schützen können. Niemand konnte das.
Ich würde es entweder selbst überleben oder unter ihrem Hass sterben. Das war mir damals klar gewesen.
Damals als ich mich geoutet hatte...
„Felix, was ist los? Du sagtest, dass du etwas mit mir besprechen wolltest.“ Seine blauen Augen sahen mich verwirrt an, wobei ich kurz seufzte und ihn darum bat einfach auf dem Bett Platz zu nehmen, während ich auf meinem Schreibtischstuhl saß.
„Robert, du bist mein bester Freund und ich bin der Meinung, dass du es wissen solltest.“ Ich hatte ihm so sehr vertraut und ich musste einfach mit jemanden darüber reden. Ja, ich dachte, dass Robert die richtige Person sein würde. Wir kannten uns schon so lange und hatten uns bisher alles erzählt.
„Jetzt mach es mal nicht so spannend. Wo drückt der Schuh?“ Er sah mich wieder mit diesem gewinnenden Lächeln an, wodurch ich mich noch sicherer fühlte. Es musste einfach so laufen. Perfekt.
„Gleich. Ich will dich nur darum bitten, dass mein gleich Gesagtes nichts zwischen uns ändern wird. Wir bleiben Freunde. Egal, was passiert, oder?“, verlangte ich dennoch noch einmal nach Sicherheit. Er war ein Kerl. Ich würde verstehen, wenn er mich danach hassen würde, trotzdem wünschte ich mir, dass dies nicht passierte.
„Klar, wie lange kennen wir uns nun schon? Zehn Jahre? Reicht das überhaupt?“ Er hörte gar nicht auf zu lächeln, wodurch ich mich davon anstecken ließ und ein wenig schüchtern den Blick senkte. „Ja, du hast Recht. Wir kennen uns schon so lange. Da gibt es kaum etwas, was die Beziehung zwischen uns zerstören könnte.“
„Also, rück schon raus, sonst platz ich noch vor Neugier.“ Sein Grinsen wurde breiter und ich fühlte mich dadurch sicher und geborgen, wodurch ich schließlich nickte. Es war okay. Er würde mich verstehen und es würde nichts zwischen uns ändern. So dachte ich es damals. Wie naiv ich doch gewesen war.
„Du weißt ja, dass ich noch keine Freundin hatte und es gibt auch einen Grund dafür.“ Ich hätte aufhören sollen, als ich gesehen hatte, wie sich Finsternis in seinen Augen ausbreitete, doch ich war in so einem Höhenflug, dass ich nicht mehr stoppen konnte: „Der ist auch ganz simpel und einfach. Ich mag einfach keine Frauen in meinem Bett. Robert, ich stehe auf Männer.“
Es trat Ekel in seinen Blick und ich schluckte trocken. Sämtliche Wärme und Zuneigung verschwanden aus seinen Augen, wobei ich die Worte schon bereute. Ich hätte das Thema anders angehen müssen. Viel anders.
„Du bist schwul?“ Seine Art, wie er das letzte Wort ausspuckte, ließ mich erschaudern, wobei ich erneut trocken schluckte und dann leicht nickte: „Ja.“
„Wie bist du da drauf gekommen? Hast du dich etwa in mich verliebt?“ Angst schwang bei der letzten Frage in seiner Stimme mit, wobei ich sofort beschwichtigend die Hände hob: „Nein, nein. Ich liebe dich nicht. Du bist mein bester Freund. Wir sind schon weit darüber hinaus. Aber wie ich es gemerkt habe? Nun ja, weil ich Männer einfach interessanter finde und ich mich auch schon ein paar Mal verliebt habe.“
„In wen?“ Diese Frage wollte ich gar nicht beantworten, wodurch ich nur den Kopf schüttelte und leicht abwinkte: „Nicht so wichtig. Sie haben mich nicht zurück geliebt und es ist schon eine geraume Weile her. Doch ich musste einfach mit irgendwem darüber sprechen und ich dachte, da wir so gute Freunde sind und ich niemanden mehr vertraue als dir, dass ich mich dir anvertrauen kann.“
„Ich wünschte, du hättest es nicht getan. Tut mir Leid, Felix. Ich muss gehen.“ Er erhob sich und verließ das Zimmer. Er umarmte mich nicht, wie sonst immer zum Abschied, sondern schenkte mir nur einen angewiderten Blick.
Als ich die Tür ins Schloss fallen hörte, wusste ich, dass ich ihn damit verloren hatte. Er konnte mit mir nicht mehr befreundet sein, weil ich Männer liebte.
Mein Körper zitterte. Ich hatte meinen besten Freund verloren. Wie sollte ich jemals mit jemanden darüber reden können, wenn nicht einmal er mich verstand und so nahm, wie ich nun einmal war? Meine Eltern würden mich auch verfluchen. Ich…
Ich hätte einfach schweigen sollen. Es weiter verstecken und in mir herumtragen. Warum verstand er mich nicht? Wieso machte es ihm so viel aus? Ich liebte ihn doch nicht. Nein, ich könnte ihn gar nicht mehr lieben. Er war mein bester Freund. Wir hatten so viel zusammen unternommen. Ja, wir hatten einfach die Schwelle schon längst überschritten, wo noch eine Beziehung hätte entstehen können. Er war einfach mein bester Freund gewesen.
Ja, er war es gewesen. Denn so wie er gegangen war, war ich jetzt zu einem hassenswerten Wesen geworden, das er nie wieder in seinem Leben sehen wollte.
Und ich spürte, wie die ersten Tränen über meine Wangen liefen…
„Verpiss dich, Schwuchtel!“, wurde ich begrüßt, als ich am nächsten Tag in meine Klasse trat. Kurz suchte mein Blick Robert und fand ihn auch. Er saß allerdings nicht mehr auf seinen gewohnten Platz, der neben mir gewesen wäre, sondern hatte sich zu einem anderen Jungen gesetzt, wodurch