des Dieners. Als er einmal zufällig aufsah, entdeckte er, daß ihnen der kleine Mann mit geradezu unverfrorener Neugierde zuhörte.
»Freundchen«, sagte Berry vernehmlich. »Erzählen wir uns etwas, was Sie interessiert?«
»Entschuldigen Sie vielmals«, entgegnete der kleine Mann. »Aber ich hörte zufällig, daß Sie von Herrn Louba sprachen.«
»Freund von Ihnen?«
»Um Gottes willen, nein, nein! Aber ich interessiere mich sehr für ihn.«
»Ach, warum denn?«
Der kleine Mann zog seinen Stuhl an ihren Tisch.
»Ich habe festgestellt, daß da Costa eine Wohnung im Braymore House hat, die über der Loubas liegt.«
»Das stimmt«, erklärte Miller. »Aber deswegen ist er noch lange kein Freund Loubas.«
»Ich weiß, ich weiß«, gab der kleine Mann zurück. »Deshalb hoffe ich ja auch so stark …«
»Was haben Sie eigentlich mit Louba zu tun?« fragte nun Berry.
»Oh, nicht viel«, erwiderte der kleine Mann sanft. »Ich traf ihn vor Jahren - es ist schon lange her. Ich habe inzwischen nie die Hoffnung verloren, daß … Besonders hoffe ich auf da Costa. Sie hatten wieder Streit miteinander. Daß sie Konkurrenten sind, wissen Sie ja. Da Costa vergißt nicht so leicht!«
»Was, zum Teufel, hat denn das alles mit uns zu tun?«
»Oh, verzeihen Sie, vielleicht gar nichts. Ich interessiere mich eben für alles, was Louba betrifft. Es hilft mir … Nicht, daß ich je die Hoffnung verlöre«, flüsterte er und stand auf. »Ich habe davon seit Jahren gezehrt. Und ich kann warten …«
Er machte eine linkische Verbeugung und ging.
Berry tippte sich an die Stirn und wandte sich wieder an Miller.
»Total verrückt«, sagte er. »Aber nun hören Sie mal, Miller - können wir nicht verhindern, daß dieser Louba sein ganzes Geld zusammenrafft und sich aus dem Staub macht?«
»Ich wüßte nicht wie!«
»Hm - wir können nicht verhindern, daß er ausreißt, aber wir könnten uns wenigstens vorher einen Teil seiner Beute sichern. Sie sind doch mit ihm in derselben Wohnung …«
Miller setzte sein Glas so hastig ab, daß ein Teil des Whiskys auf die marmorne Tischplatte überschwappte.
»Was soll das heißen? Halten Sie mich für einen Dieb?«
»Dann würde ich mich überhaupt nicht mit Ihnen unterhalten«, antwortete Berry mit etwas übertriebener Großspurigkeit.
»Was soll dann diese Andeutung, daß ich in derselben Wohnung mit Louba bin?«
»Nun, Sie könnten immerhin dafür sorgen, daß er nicht allein von dem Geld profitiert, das er von anderen ergaunert hat«, erklärte Berry mit gespielter Entrüstung. »Diesem Kerl das Geld wegzunehmen, das ihm überhaupt nicht gehört, ist geradezu eine gute Tat! Ich sage Ihnen, ich würde mir nichts daraus machen, einen Schurken wie Louba auch einmal hereinzulegen.«
»Hm, in der Theorie sieht das ganz gut aus«, brummte Miller. »Da stimme ich Ihnen bei. Aber wenn es zur Praxis kommt …« Er schüttelte den Kopf. »Ich will das Risiko nicht übernehmen, einem Richter den Unterschied zwischen Recht und Unrecht klarzumachen.«
»Nur keine Sorge, das eigentliche Risiko übernehme ich schon selbst«, versprach Berry. »Sie haben nichts zu tun, als die Augen offenzuhalten - sofort wenn eine größere Summe im Haus ist, sagen Sie es mir. Das Ding drehe ich dann allein, wenn nur Sie die Gelegenheit ausbaldowern. Und wir teilen fifty-fifty, als ob Sie genausoviel Risiko übernommen hätten. Na, was halten Sie davon?«
Miller sagte eine ganze Weile überhaupt nichts. Eigentlich war er viel zu furchtsam, um den Vorschlag überhaupt ernsthaft zu diskutieren. - Aber er fuhr fort zu trinken, und je mehr er trank, desto mehr verdüsterte sich sein Gesicht, denn die Ungerechtigkeit seines Herrn wuchs in seinen Augen kongenial zu der Menge des vertilgten Whiskys.
Charles Berry verlor nicht die Geduld und ließ ein frisches Glas nach dem anderen auffahren.
Kapitel 7
»Was wünschen Sie, Mr. Louba?«
»Könnte ich Sie kurz sprechen, Miss Martin? Ich möchte Ihnen gerne etwas Wichtiges sagen.«
Miss Beryl Martin, die an dem von Menschen dicht umdrängten Spieltisch stand, nickte mit dem Kopf und ging mit Louba zu einer Fensternische.
»Spielen Sie heute abend nicht?« murmelte er.
Sie schüttelte mit ziemlich gedrücktem Gesichtsausdruck den Kopf.
»Mister Louba, würden Sie mir jetzt einmal genau sagen, wieviel ich Ihnen eigentlich noch schulde. Ich muß jetzt unbedingt aufhören zu spielen. Das, was ich verloren habe, kann ich doch nie mehr zurückgewinnen, und ich muß jetzt irgendwie wenigstens die Schulden bei Ihnen loswerden. Sie sagen mir dauernd, daß es gar nicht so viel ist - wollen Sie mir nicht reinen Wein einschenken?«
»Genau über diesen Punkt wollte ich gerade mit Ihnen sprechen«, entgegnete er. »Hier können wir schlecht miteinander reden … Kommen Sie.«
Sie folgte ihm in ein kleines Zimmer im Parterre, dessen Fenster zum Hof hinaus lagen.
Das Haus, in dem sie sich befanden, gehörte Sir Harry Marshley, aber Louba schien sich darin völlig ungeniert zu bewegen.
»Glauben Sie mir, Miss Martin, ich erwähne diese Angelegenheit nicht gerne«, sagte Louba. »Und bevor ich Ihnen ernstlich Sorgen mache, würde ich lieber selber einen Verlust in Kauf nehmen … Aber ich hoffe auf etwas anderes.«
Vor seinem kühnen Blick wich sie instinktiv zurück.
»Ich möchte natürlich keinesfalls, daß Sie einen Verlust erleiden, Mister Louba«, antwortete sie hastig. »Sie haben doch sämtliche Schuldscheine, die ich unterschrieben habe, in Händen?«
»Ich glaube schon«, erwiderte er anscheinend gleichgültig.
»Bitte sagen Sie mir jetzt klipp und klar, wieviel alles zusammen beträgt!«
»Fünfzigtausend Pfund.«
»Was …?«
Sie war so erschrocken, daß sie kaum sprechen konnte.
»Das kann doch nicht sein …!! Fünfzigtausend …!« stammelte sie mit kreidebleichem Gesicht.
»Es ist so. Soll ich Ihnen die Schuldscheine zeigen? Aber regen Sie sich doch nicht so auf!«
»Aber soviel bekomme ich im Leben nicht zusammen! Und meine Mutter hat nichts außer einer Rente - es würde sie umbringen, wenn sie wüßte, daß ich solche Unsummen verspielt habe.«
Er zog achselzuckend ein Bündel Schuldscheine mit ihrer Unterschrift hervor und gab es ihr zum Durchblättern.
»Miss Martin, ich hätte diese Zettel alle verbrannt, wenn meine eigene finanzielle Lage etwas besser wäre«, murmelte er. »Aber ich habe selbst schwere Verluste erlitten und sehe mich gezwungen, alle meine Außenstände einzutreiben.«
»Das heißt - Sie können nicht warten?«
»Ich fürchte - nein. Da ich London verlassen will, brauche ich vorher selbst Geld, um meine Verpflichtungen zu regeln.«
»Natürlich, das Geld steht Ihnen ja zu. Aber ich …«
Sie biß sich auf die Lippen.
»Oh, auf einen oder zwei Tage kommt es nicht an«, versetzte er ruhig.
»Ich weiß ja gar keinen Weg, wie ich bezahlen soll!« rief sie verzweifelt. »In so kurzer Zeit ist es mir ganz unmöglich …«
»Und dabei könnten Sie mich ganz leicht bezahlen«, unterbrach