Ruth Broucq

Sizilianische Gesetze


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in die Tasche. Und die restlichen Jetons in einen Stoffbeutel. Wir müssen machen, dass wir hier rauskommen, oder zumindest keinen Spielbetrieb mehr haben, die Politie ist im Anmarsch. Keine Angst, wenn kein Spiel läuft und die Croupiers raus sind, passiert uns nichts. Verstanden?“

      Ute nickte nur, sah, dass die Croupiers alle Tische frei räumten, und die ganzen Tischlagen in Kartons verpackten. Die Zocker waren schnell ausgezahlt und die Gagen für das Personal auch.

      Vito stand mit gierigem Blick neben der Kasse und verfolgte Utes Auszahlungen. Als alles erledigt war und sei einen Augenblick alleine waren, versuchte er sie zu überreden, unehrlich zu sein: „Das ist die Gelegenheit, greif rein, gib mir ein paar Scheine und steck dir auch ein paar große Scheine in die Tasche. Der Tübinger kann doch nicht mehr wissen wie viel du ausgezahlt hast, also auch nicht, wie viel noch da ist. Los gib!“

      „Geh hier vor der Kasse weg, du störst!“ erwiderte Ute ablehnend, ohne auf seine Forderung einzugehen! Da griff Vito über den Tresen hinweg in die Kasse und erwischte ein Bündel Fünfzig Guldenscheine, die er sofort in seiner Innentasche verschwinden ließ. Es waren Fünftausend Gulden. Das die am Ende fehlten musste doch rauskommen.

      Empört wollte Ute sich wehren, die gestohlenen Scheine zurück fordern, „Nein Vito, gib sofort…..“ doch das Wort blieb ihr im Hals stecken. Denn in dem Moment erschien ihr Chef.

      Der Tübinger hatte die Worte noch mitbekommen, wusste aber offenbar nicht worauf die gemünzt waren. Er fragte: „Fertig? Dann gib mir die Tasche, und komm nach oben. Ich habe etwas mit dir zu besprechen.“

      Mit zitternden Knien ging sie die halbe Treppe hinauf, in der Angst, dass ihm der Diebstahl doch noch auffallen werde. Aber der Tübinger schien ahnungslos. Als sie sich zu ihrem Chef setzte war das Casino leer, nur der Tübinger, Vito und sie waren noch da.

      „Hast du auch deine eigene Gage genommen?“ fragte der Chef was sie mit einem Kopfschütteln verneinte, denn dazu war sie noch nicht gekommen. Dass es wegen Vitos Griff in die Kasse war, konnte sie ihrem Chef ja nicht sagen. Sie schwitzte vor Angst als Mittäterin entlarvt zu werden.

      „Das dachte sie mir. Aber kein Problem. Hier das ist für dich, dafür dass du die Nerven behalten hast.“ Damit schob er ihr die doppelte Summe über den Tisch. Sie warf dem gierigen Vito einen bedeutsamen Blick zu, obwohl er den sicher nicht so verstand, wie sie es meinte.

      „So, nun zu der Aufgabe, die ich für dich vorgesehen habe. Ich brauche eine zuverlässige Person, die sich die Zeit nimmt, und sich mal umsieht, ob irgendwo Karten-Casinos zu verkaufen sind? Ich kaufe auf, was ich kriegen kann. Wenn du einen geschlossenen Karten-Laden findest, frag den Besitzer nach dem Preis. Kannst ruhig sagen, dass du in meinem Auftrag handelst. Meinst du, du schaffst das?“

      „Klar! Ich denke, dass ich genügend Leute kenne, die mir sagen können, wer seinen Laden verkaufen will.“ Bestätigte sie erfreut.

      „Gut“, sagte er, „Du kannst am besten im Ruhrgebiet anfangen, dann hast du es nicht so weit von zu Hause. Wenn du Fragen hast oder Geld brauchst, ruf an, ich schicke dir schnellstens was du brauchst. Wir bleiben ständig in telefonischer Verbindung. Ich will über jeden Schritt informiert werden. Okay“? Er sah sie fragend an.

      „Ja, es freut mich, dass du mir den Auftrag gibst. Mach sie gerne. Du kannst dich auf mich verlassen.“ Bestätigte Ute und dann gab er ihr drei Tausender, mit den Worten: „Für den Anfang. Sobald du Kaution oder ähnliches brauchst, schick sie es sofort. Spare nicht am falschen Fleck, nobel ist unser Motto. Aber ich denke das weißt du. Also, viel Erfolg!“

      Vitos gierigen Blick auf die Tausendmark- Scheine übersah Ute mit ironischem Grinsen und steckte sie ein. Sich daran zu vergreifen würde er nicht wagen.

      Klägliche Versuche mit verbotenem Glücksspiel

      Darüber dass der Tübinger Ute mit einem besonderen Auftrag aus Am­sterdam losschickte, war der Italiener kotzsauer. Für Vito hatte der Tübinger keine Verwendung, er hatte ihn einfach übersehen! Und das wurmte den geltungsbedürftigen Vito sehr.

      Auf der Heimfahrt kam es zu einem heftigen Streit. Während Ute ihrem Begleiter Vorwürfe machte, weil er sie in eine fatale Situation gebracht hatte, er widerte der nur abfällig: „Ach halt doch dein Maul, dumme Kuh. Du bist zu dämlich eine günstige Situation zu nützen, stattdessen lässt du dich von so einem Arsch für kleines Geld ausnutzen. Der Kerl ist steinreich, dem fallen die paar Mille weniger doch nicht einmal auf. Aus Angst, der große Tübinger könnte denken, dass du geklaut hast, konntest du vor Schiss kaum ein Wort rausbringen. Bleib so nur so blöd, wirst schon sehen wohin du damit kommst. Aber ich bin nicht so doof, ich nehme mir was ich haben will. Egal auf welche Art und Weise.“

      Während der ganzen Fahrt schimpfte Vito wütend über ihren Brötchengeber. Der wäre doch in sei­nen Augen nur blöd. Es sei doch ein Schwachsinn, ausgerechnet einer Frau diesen Auftrag zu geben. Nämlich durch das Land zu reisen, um Karten-Casinos aufzukaufen.

      Das wäre doch ein Auftrag für einen Mann wie ihn gewesen. Schließlich habe eine Frau keine Ahnung, mit welchen Summen solche Läden gehandelt würden. Besonders sie nicht. Aber ihm wäre schon klar, warum der Tübinger ihn nicht damit beauftragt habe. Nur aus Angst, dass er, Vito, ihm Konkurrenz machen könne. Eines Tages würde er das sowieso tun.

      Genervt über Vitos maßlose, übertriebene Selbstüberschätzung schwieg Ute lieber und dachte sich, dass es sinnlos sei ihm klar zu machen, dass er dazu weder die Mittel noch die Intelligenz hatte.

      Zu Hause angekommen, war Vito ausgetobt. Zum Schluss hatte er sich damit getröstet, dass er den Tübinger gar nicht nötig habe. Er werde sich jetzt wieder um ‚seinen’ Würfel-Laden kümmern, dort wäre er schließlich sein eigener Herr. Listig riet er ihr, schön den Anweisungen ihres Chefs zu folgen. Dann hätte sie wenigstens eine sinnvolle Beschäftigung. Falls sie jedoch seinen Rat brauchen würde, stünde er ihr selbstverständlich zur Verfügung.

      Sie dachte: >das könnte Dir so passen. Damit Du, mit Deinem grenzenlosen Geltungsdrang in meinem Job rumfummeln, und vielleicht wieder in die Kasse greifen kannst? Anschließend würdest Du dann großspurig verbreiten, dass Du es ja schon vorher gewusst hättest, dass eine schwache Frau einer solchen Aufgabe alleine nicht gewachsen wäre. In Deiner großzügigen Gutmütigkeit habest Du alles gemanagt. Den Teufel würde ich eher bitten, als dich. Ich komme auch alleine zurecht. Bleib Du mal in Deiner geliebten Würfel-Bude und pass schön auf, dass ich Dir nicht in die Karten gucken kann. Denn Du wirst mich sowieso belügen und betrügen. Nach den Erfahrungen der letzten Monate bin sie froh, wenn Du mir endlich nicht mehr auf den Füssen stehst, und mich nicht in deine kriminellen Taten reinziehst. Ich kann Deine impertinente Art einfach nicht mehr ertragen! Wenn du mir nur aus dem Weg gehst, soll mir der finanzielle Verlust aus Deiner Tätigkeit ganz egal sein. Auch wenn mir eigentlich die Hälfte davon zustehen würde<.

      Da ihr ohne große Erklärungen der Sinn ihres Auftrages klar war, kam Ute eine scheinbar gute Idee, wie man enorme Kaufsummen sparen und trotzdem mehrere Läden eröffnen könnte. Also rief sie ihren Auftraggeber und klärte diesen über ihren Plan auf. Ute wollte einen Spiel-Club gründen und ins Vereins-Register als e. V. eintragen lassen. In den Statuten sollte verankert werden, dass dieser Verein berechtigt sei, überall in Deutschland Filialen zu errichten.

      Eddi gab sofort grünes Licht für ihr Vorhaben, und schlug Bielefeld oder Osnabrück vor. Zwei äußerst schwierige Städte, behördlich gesehen. Er empfahl einen großen Konferenzraum in einem Hotel zu mieten. Da gäbe es keine langfristigen Verträge und spare zeitraubende Renovierungs-Arbeiten.

      Die sieben Gründungs-Mitglieder waren schnell gefunden. Aus alten, vorhandenen Unterlagen hatte sie die Vereinsstatuten schnell geschrieben. Auch der Eintragungs-Antrag, durch einen Notar, ging problemlos von statten.

      Schnell fand Ute in einer angesehenen, weltweiten Hotelkette in Bielefeld freundliches Entgegenkommen. Nach telefonischer Termin-Vereinbarung mit dem Direktor fuhr sie in Begleitung ihrer Freundin Annette hin. Lag es an ihrer eleganten Erscheinung oder an Utes selbstsicherem Auftreten? Woran auch immer, der Direktor küsste ihr die Hand