Shino Tenshi

Engel und Dämon


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erwachen und die Stille mit Geräuschen zu erfüllen, wie das Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Blätter.

      Nach einer schieren Ewigkeit drückte Xenio Cido langsam von sich und sah den Jungen ruhig an. „Es ist alles gut. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Komm, wir gehen in das nächste Dorf. Es ist nicht mehr weit. Dort können wir uns ausruhen und überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen. Wir brauchen beide Schlaf.“

      Noch einmal ging ein Beben durch den zierlichen Körper, bevor Cido dann nickte und sich langsam mit Xenio erhob, der ihm sanft eine Strähne aus dem Gesicht strich, wobei der Jüngere die Hand des Kämpfers fast augenblicklich von sich schob. Er mochte es nicht, wenn man ihn so berührte.

      Der Blonde ließ es geschehen und wandte sich dann in die Richtung ihres Ziels, das weiter im Westen lag, bevor er den Jüngeren noch einmal anlächelte und dann losging. Cido setzte sofort zur Verfolgung an, denn auch wenn er es niemals zugeben würde. So wollte er den Schutz des Kämpfers nie wieder missen…

      „Warum bist du vorhin zurückgekommen? Und dann auch noch als Verbündeter der Feinde! Du bringst mich immer wieder auf die Palme mit deinem widersprüchlichen Verhalten! Ich dachte, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Dann stehst du plötzlich vor mir und willst mich auch noch umbringen!“, begann Cido plötzlich zu wüten, wobei Xenio sich davon nur bedingt beeindrucken ließ: „Ich hab dir doch gesagt, dass ich keine Kontrolle über mich hatte und außerdem finde ich es witzig wenn du wütend bist. Dann kommt Leben in deine sonst so traurigen Augen. Das gefällt mir. Doch ich kann dir nicht sagen, ob ich freiwillig zurückgekommen wäre.“

      „Wie? Du weißt es nicht? Das ist wohl nicht dein Ernst. Du kannst mich nicht im Stich lassen. Das ist gegen deine Natur. Schließlich bin ich doch so etwas wie eine Familie für dich“, begehrte Cido sofort auf. Doch Xenio schwieg, was die Verzweiflung in den Jungen schürte und im nächsten Moment flatterte seine Stimme vor Angst: „Warum sagst du nichts? Du kannst mich nicht alleine lassen. Was machst du wenn ich sterbe. Das könntest du dir niemals verzeihen.“

      Man hörte, dass der Junge gerne hinter seinen Worten gestanden hätte, doch dazu war die Angst zu groß, dass er sich in den Kämpfer geirrt haben könnte. Als jedoch ein breites Grinsen auf die Lippen des Blonden erschien, entspannte sich der Junge ein wenig.

      Ja, Xenio konnte es nicht zulassen, dass sein Begleiter starb. So wie es auch Cido nicht zulassen könnte. Sie wussten nicht einmal woher dieses Verlangen kam, doch es war da und egal wie sehr sie sich wünschten, dass sie nicht so aneinander gekettet wären. Sie konnten es nicht ändern.

      „Warum schweigst du? Jetzt sag doch endlich etwas. Du wärst doch freiwillig zurückgekommen, oder?“, versuchte es Cido weiter, wodurch Xenio seufzte und sich genervt eine Strähne aus dem Gesicht strich: „Ich hab es dir doch schon gesagt! Was willst du noch hören? Willst du hören, dass ich dich hasse? Dass mir deine andauernden Wutattacken auf den Sack gehen? Sag mir nur eines: Ich soll dich immer wieder retten, aber darf niemanden töten oder gar verletzten! Wie in aller Welt soll ich das anstellen?!“

      Sein Blick bohrte sich durchdringend in die Augen des Jüngeren, wodurch Cido schwer schluckte, bevor er nervös mit seinem Hemd zu spielen begann: „Ich… ich…“

      Er fand keine Worte, sodass er nur seufzte und dann einfach schwieg und seinen Blick betrübt auf den Boden richtete. Was sollte er auch sagen? Der Kämpfer hatte ja Recht. Er war hin und her gerissen. Wenn es nach Cido ging, müssten sie gar nicht erst kämpfen, dann müsste auch niemand zu Schaden kommen. Aber es war nun einmal anders. Ihr Leben war in Gefahr und Xenio hatte es bis jetzt immer tapfer verteidigt. So viele Wunden hatte der Kämpfer schon davon getragen und dennoch schritt er neben ihm her, als wäre nichts gewesen. Woher nahm er nur dieses Durchhaltevermögen?

      „Tut dir denn nichts weh?“, fragte er nach einer Weile, wodurch ihn Xenio irritiert ansah und anscheinend ein paar Sekunden brauchte um zu begreifen, was der Junge überhaupt von ihm wollte, bevor er dann abwinkte: „Nein, es geht schon. Ich bin so was gewohnt. Wenn wir in der Stadt sind, werde ich sie verarzten.“

      Cido konnte den Worten keinen Glauben schenken. Er hatte das viele Blut gesehen, das von dem Horn des Einhornes geflossen war. Dann die Schläge von Zwerginio. Dennoch schritt der Kämpfer neben ihm her, wobei er durchaus den ein oder anderen blauen Fleck auf der Haut erkannte. Das musste doch alles höllisch wehtun. Dennoch lief Xenio unverändert weiter.

      Sein Blick wanderte immer noch über die Gestalt neben sich. Die weiße Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen und rot gefärbt. Doch die Blutungen schienen alle schon versiegt zu sein, was Cido ein wenig erleichtert aufatmen ließ. Trotzdem mussten da noch die Schmerzen sein. Sie konnten doch nicht einfach so verschwunden sein. Aber wenn Cido in die Augen seiner Begleitung sah, dann erkannte er dort nicht einmal den Hauch von Pein. Was musste dieser Mensch schon erlebt haben, um so robust zu sein? Er wollte es gar nicht wissen.

      „Was ist los? Hab ich irgendwo einen Pickel?“, reagierte Xenio auf das Anstarren seines Körpers, wodurch Cido kurz zurückzuckte und entschuldigend die Hände hob: „Ähm, tut mir Leid. Und nein. Aber du siehst schrecklich aus und ich kann einfach nicht glauben, dass es dir gut geht. Du siehst nämlich nicht so aus.“

      „Das haben schon viele gesagt. Aber es ist nun einmal so. Ich spüre die Schmerzen kaum noch und wie schon gesagt, sobald wir in meinem Heimatdorf sind, werde ich mich verarzten und dann wird alles besser werden“, versuchte er den Jungen zu überzeugen, doch dessen Blick zeigte deutlich, dass er den Worten keinen Glauben schenkte, wodurch Xenio nur seufzte: „Dann lass es halt, wenn du mir nicht glauben willst. Aber es geht mir gut. Und es ist auch nicht mehr weit. Man kann schon die Umrisse erkennen.“

      Er wollte eigentlich nur ablenken, doch es klappte fabelhaft, sodass sich Cido wieder nach vorne wandte und ein Lächeln auf seine Lippen trat: „Endlich. Ich sehne mich so sehr nach einem gemütlichen Bett.“

      „Nicht nur du“, stimmte ihm Xenio zu, wobei er sanft lächelte und seine Schritte ein wenig beschleunigte, als er merkte, dass der Jüngere dabei war ihm davon zu eilen. Sein Kettenhemd raschelte leicht unter seinen schnelleren Bewegungen, doch er ignorierte es und ging einfach weiter. Es gehörte zu seinen Schritten, wie der knisternde Staub unter seinen Füßen.

      Er spürte, wie der Junge am Liebsten los gerannt wäre, doch die Sorge um sein Befinden ließ ihn langsamer werden, was Xenio zu einem leichten Lächeln verleitete. Cido war schon süß und irgendwie war er froh, dass er ihn getroffen hatte. Auch wenn die Umstände, die sie zusammen geführt hatten, nicht unbedingt die Besten waren, freute er sich darüber.

      „Los, lauf schon einmal voraus. Es wird schon nichts passieren und ich komme ja auch gleich nach“, meinte der Kämpfer dann ruhig und im nächsten Moment war der Junge dann auch schon davon gestürmt. Er fühlte sich einsam, doch die Zuversicht, dass er den Braun­haarigen eh bald wieder sehen würde, ließ ihn sanft lächeln, während seine Füße ihn immer näher an die Stadt herantrugen.

      Cido lief ruhig schneller. Er sehnte sich nach einem Bett und den Schlaf. Schließlich war er schon über einen Tag wach und er spürte, wie seine Kräfte langsam zu Neige gingen.

      Immer wieder wandte er sich kurz um, damit er den Schatten des Kämpfers sehen konnte, denn es beruhigte ihn nicht alleine zu sein. Es fühlte sich gut an sich des Schutzes des Kämpfers sicher zu sein, denn er hatte noch niemanden getroffen, der so sicher mit dem Schwert umgehen konnte, wie dieser blonde Junge. Und das Alles obwohl er gerade mal ein Jahr älter war als Cido selbst. Wie musste sein Leben gewesen sein, dass er solche Fähigkeiten entwickelte? Welches Grauen musste er schon gesehen haben, um so gefühllos werden zu können?

      Cido wollte mehr über seinen Begleiter wissen. So viel mehr. Dadurch bereute er es schon fast vorgerannt zu sein, doch er konnte schon das Stadttor sehen, wodurch er sich entschloss einfach auf den Kämpfer zu warten. Sie hatten alle Zeit der Welt und Cido würde ihn später auch noch Löcher in den Bauch fragen können.

      Ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er an den Duft des anderen zurückdachte, den er wahrnahm als er sich um dessen Hals geschmissen hatte. Er strahlte so viel Kraft und Sicherheit aus, dass Cido schon in diesem Moment einfach