Shino Tenshi

Engel und Dämon


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Schultern trennte.

      Das Haupt rollte ein paar Zentimeter von dem Torso weg, bevor es liegen blieb und die Augen voller Überraschung und Entsetzten ins Leere starren ließ.

      Xenio atmete erleichtert aus, als er das Blut von der Klinge schlug, bevor er sie dann wieder in die Scheide steckte und sich zu Cido umdrehte. Doch was er dort sah, hatte er gehofft, niemals zu erblicken.

      Die Augen des Braunhaarigen waren voller Entsetzten und Angst auf den Kämpfer gerichtet, wobei der ganze Körper unter der Panik zu erbeben schien.

      Als sich Xenio dem Jungen näherte, wurde das Beben stärker und er wich vor diesem zurück, um den Abstand aufrecht zu erhalten.

      „Mörder.“ Das Wort war nur ein leiser Hauch im Wind, doch es versetzte Xenio einen Stich ins Herz und er schluckte trocken, als er seine Hand nach Cido ausstreckte. „Bitte nicht, Cido. Sag das nicht.“

      „Du bist ein Mörder und hast sie kaltblütig umgebracht!“, schrie der Junge verzweifelt, wodurch Xenio seine Hand zur Faust ballte und zurück an seinen Körper zog, als er spürte, wie der Schmerz sich weiter in seinem Inneren ausbreitete. „Ich hatte keine Wahl. Sie haben uns angegriffen. Ich habe doch nur unser Leben verteidigt.“

      „Das sind nur Ausreden! Es hat dir doch Spaß gemacht! Ich hab das Leuchten in deinen Augen gesehen, als du sie getötete hast! Du bist ein elendiger Mörder! Wahrscheinlich kannst du nichts anderes als zu töten!“ Cido rappelte sich auf und wich noch weiter vor Xenio zurück. Man sah deutlich, dass er Angst hatte. Angst davor, dass der Kämpfer auch ihn einfach töten würde.

      Doch der Blonde wollte diese Panik nicht sehen. Nicht bei Cido. Er wollte ihn doch beschützen. Sie mussten doch zusammenarbeiten, sonst würden sie beide sterben und die Dunkelheit würde gewinnen. Sah das der Junge nicht?

      „Ich… ich hatte doch keine andere Wahl“, versuchte er erneut zu widersprechen, doch Cido schüttelte nur energisch den Kopf: „Man hat immer eine andere Wahl. Verschwinde! Ich will mit einem Mörder wie dir nichts zu tun haben! Irgendwann werde ich es sein, der sterbend unter deiner Klinge liegt!“

      Xenio sah ein, dass er keine Chance hatte. Cido würde ihm niemals vertrauen. Er würde immer Angst vor ihm haben. So hatte das Ganze keinen Sinn, wodurch er sich mit einem Seufzen abwandte und dann einfach den Weg weiter in die Stadt ging. Hier wurde er nicht mehr gebraucht.

      Cido entspannte sich, als der Kämpfer langsam verschwand und fiel erschöpft zurück auf den Boden. Tränen brannten in seinen Augen, die er nur mühsam zurückhalten konnte. Warum musste dieser Mensch nur so grausam sein? Wieso war er nur fähig so etwas zu tun?

      Er spürte die sanften Berührungen, als Xenio ihn untersuchte. Die zärtliche Stimme, die sich in seinen geschundenen Geist vorarbeitete, kam zurück in seine Erinnerung. All das war auch Teil dieses Mörders. Doch es schien wie ein Betrug. Niemals konnte so etwas wirklich in diesem Menschen existieren.

      Plötzlich schlug etwas hart hinter ihm ein und als der Junge erschrocken seinen Blick hob, sah er in das Gesicht von Drakina, das ihn mordlüsternd ansah. Aus ihrem Hals ragte ein Pfeil und sie ging röchelnd zu Boden.

      Ihr Körper zuckte im Todeskampf und langsam erlosch das Glühen in ihren Augen. Xenio hatte es erneut getan. Er hatte ihn gerettet und ein weiteres Wesen getötet.

      „Warum? Warum hat er das getan?“, fragte sich Cido in Gedanken als sein Blick zu der Stelle glitt, wo Xenio verschwunden war, doch von dem Kämpfer fehlte jede Spur.

      „Du hast mich erneut gerettet und das obwohl ich dich vertrieben habe. Wieso tust du das? Was versprichst du dir davon?“ Der Junge verstand den anderen nicht mehr, doch er zwang sich aufzustehen und ebenfalls weiterzugehen. Hier konnte er nicht bleiben. Und wer weiß, vielleicht werden sich ihre Wege ja erneut kreuzen…

      Xenios Schritte trugen ihn weiter in Richtung Stadt. Er musste jedoch immer wieder an Cido denken, wie er ihn zurück gelassen hatte. Im letzten Moment hatte er ihm noch sein Leben gerettet, denn auch wenn der andere ihn nicht bei sich haben wollte, so konnte Xenio den Gedanken nicht ertragen, dass der Braunhaarige starb.

      „Cido, du bist so ein Idiot“, huschte es durchs Xenios Gedanken, „wie hast du dir das Alles vorgestellt? Du kannst dich nicht wehren. Nicht einmal als ich dir mein Schwert gegeben hatte, warst du in der Lage dein Leben zu verteidigen. Dort draußen warten noch mehr von diesen Kreaturen auf uns, um uns zu töten. Dennoch behauptest du, dass du meine Hilfe nicht brauchst und mit mir keine Sekunde länger zusammen sein willst.

      Wie kommst du nur auf die Idee, dass du ohne mich auch nur diese Nacht überleben kannst? Wieso hast du mich vertrieben? Ich habe dir doch nie etwas getan. Nur weil ich unser Leben verteidigt hatte oder weil ich Sebastian getötet habe? Ich hab doch schon gesagt, dass es mir Leid tut und dieser Junge keine Absicht war. Oder hast du es gesehen? Hast du mein wahres Ich gesehen? Das Monster in mir, das nach Blut verlangt und immer freudig aufschreit, wenn ich mein Schwert umschließe und kämpfe.“

      Er seufzte und wünschte sich, dass er eine Antwort auf all seine Fragen bekam, doch dies war nicht möglich. Cido würde nie wieder mit ihm reden. Die Angst, die er in den Augen des Braunhaarigen gesehen hatte, war so echt und bodenlos. Er würde niemals in der Lage sein dieses Gefühl aus dem Geist des Jungen zu reißen.

      „Cido“, sehnsüchtig huschte dieser Name über seine Lippen, wobei er spürte, wie sein Herz schwer wurde. Immer wieder musste er an diesen zierlichen Jungen denken. Er wirkte so verletzlich, aber strahlte eine innere Kraft aus, die Xenio jedes Mal aufs Neue überraschte.

      „Du wirst sterben. Ist dir das eigentlich klar?“ Der Kämpfer strich sich träge eine Strähne aus dem Gesicht und seufzte erneut. Er würde jetzt lieber zurückgehen und den Jungen sicher in eine Stadt geleiten. Doch er durfte nicht. Wenn er jetzt umdrehte und Cido begegnen würde, dann müsste er sich wieder anschreien lassen und das wollte er nicht. Dafür tat diese Ablehnung viel zu sehr weh.

      „Ich töte doch nur, um mein Leben und das meiner engsten Vertrauten zu verteidigen. Hast du nicht gesehen, dass sie uns bedrohten? Du hast es doch auch gespürt, wie sie nach unserem Leben trachteten. Nein, du kannst mir nicht erzählen, dass du ihre Mordlust nicht gespürt hast. Es ist töricht von dir immer noch auf den Tod des Jungen herumzureiten. Die Sache ist weitaus größer, als du es dir jemals vorstellen könntest.

      Diese Wesen trachten nach unserem Leben, weil wir ihnen angeblich im Weg stehen würden. Und sie werden nicht aufhören, bevor eine der Seiten vernichtet ist. Ist dir das nicht klar? Entweder sie oder wir. Wir müssen sie töten und dadurch, dass du dazu nicht in der Lage bist, wirst du ohne mich drauf gehen. Warum willst du das nicht sehen?

      Nein, du schreist mich nur an, dass ich ein Mörder wäre und du nichts mit mir zu tun haben willst. Es tut weh, dass du nur diese Seite von mir siehst. Sie ist zwar ein Teil von mir, aber ich bin viel mehr als das. Warum willst du dich nicht näher mit mir beschäftigen? Wovor hast du Angst?“ Xenios Gedanken hörten nicht auf um den Jungen zu kreisen, wobei er erschöpft seufzte, damit er zumindest für einen kurzen Herzschlag nicht mehr an den Braunhaarigen dachte.

      Sein Herz zog sich immer weiter zusammen. Die Nacht war noch lange nicht vorbei und damit die Gefahr nicht gebannt. Dennoch war er hier. Stand alleine auf dem Weg und sah auf seine blutverschmierten Hände. Vier Leben hatte er heute genommen. Der Stahl des Schwertes glitt durch das Fleisch seiner Opfer wie ein heißes Messer durch Butter. Sie waren kein Hindernis für ihn.

      Seine Hände begannen zu zittern, wodurch er sie zu Fäusten ballte und tief durchatmete, um sich zu beruhigen, denn er spürte, wie sich langsam Tränen in seinen Augen sammelten.

      Wie konnte ein einziger Mensch ihn nur so quälen? Das letzte Mal hatte er solch eine Trauer verspürt, als seine Eltern vor seinen Augen gestorben waren und das Monster ihn am Leben ließ, um für alle Ewigkeit allein zu sein.

      Xenio hatte sich in dieser Nacht geschworen, dass er niemanden mehr in sein Leben lassen wollte, doch nun spürte er, dass er auch in diesem Bereich versagt hatte. Cido hatte sich einfach hinein gedrängt und schien nicht mehr gehen zu wollen. Xenio konnte ihn nicht mehr gehen lassen.

      Er