Martin Becker

DIE KIRCHE – Völlig am Ende


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       Liebe Leserin, lieber Leser,

       (ich erlaube mir das freundschaftliche „Du“)

       es gehört sich natürlich, dass ich mich zuerst bei Dir kurz vorstelle, bevor wir eine gemeinsame Zeit in diesem Buch verbringen:

       Ich bin 1957 in Afrika geboren und habe die Jugendzeit als Pfarrersohn in einer kleinen Gemeinde in Süddeutschland verbracht.

       Beten, Halleluja singen, Bibel lesen, Kirchgang, Kirchenchor, Kindergruppen leiten, Losung lesen, auf Gebetserhörungen warten, Glocken läuten: Das volle Programm.

       Alles gehörte zu meiner Grundausbildung als anständiger Pfarrersohn, und ich kenne die Bibel mehrfach in- und auswendig – vor und zurück.

       Doch mit einem „Hä?“ fing alles an: „Wie kann das sein?“

       Nicht die Fragen waren dumm, sondern die Antworten.

       Mit 20 Jahren bin ich aus der Kirche ausgetreten und habe mich natürlich, getreu meiner kindlichen Prägung, bis ins Alter weiterhin mit dem christlichen Glauben beschäftigt.

       Doch dieses Mal nicht als Gläubiger, sondern als Atheist mit fundiertem; theologischem Basiswissen.

       In diesem Buch greifen wir tief in die Bibel ein, in die christliche Lehre und in die Kirche.

       Der Finger auf der Wunde tut weh, aber er macht bewusst, dass dort Heilung notwendig ist. Von alleine passiert das nicht.

       Meine Kritik soll den christlichen Glauben nicht zerstören, jedenfalls nicht komplett.

       Sondern sie soll Ungereimtheiten aufdecken, sie beim Namen nennen. Sie soll aufräumen, bereinigen, ausbügeln, den Geist heben, nach Lösungen suchen.

       Die Frage heißt:

       Warum ist die Bibel heute immer noch so steinzeitlich, gnadenlos und brutal? Schizophrenie im Standardwerk einer Religion der Liebe.

       Es ist an der Zeit, die Bibel zu entbrutalisieren.

       Also, in diesem Buch tut sich was. Jetzt heiß es:

       Runter mit der rosa Brille, - Besen her, - Keller aufräumen.

       Die Kirche hat nicht allzuviel Zeit, sich zu reformieren. Der Austritt aus den beiden großen Kirchen liegt allein in Deutschland bei einer halben Million pro Jahr. Leider kennen wir es schon: Die Reaktion der Kirchen heißt Abwarten und Aussitzen…. und Beten.

       Vielleicht formieren sich Kräfte, die bereit sind, sich für eine Reform einzusetzen. Die Initiative Maria 2.0 ist da ein guter Anfang.

       Freundliche Grüße,

       Martin Becker

      Gottes Spaziergang im Paradiesgarten

      Vielleicht kennst Du diese Stelle in der Bibel:

      „Und sie hörten die Stimme Gottes des HERRN, der im Garten ging, da der Tag kühl geworden war.“

       (1. Mose 3,8)

      Das ist die Stelle, als die Schlange Eva im Paradies überredet hatte, von der verbotenen Frucht zu essen. Eva gab Adam auch etwas zum Probieren, und ausgerechnet dann kam Gott auf seinem Spaziergang vorbei und erwischte sie.

      Danach warf er alle drei achtkantig aus dem Paradies.

      Fällt Dir etwas an dieser Geschichte auf?

      Ich erzähle mal diese kleine Szene mit meinen Worten, um das Ausmaß dieses Satzes zu verdeutlichen:

      „Der Sündenfall (nacherzählt):

       Adam und Eva hatten gerade vom Apfel abgebissen, hörten, dass Gott herankam, und sie schämten sich. Schadenfreude auf Seiten der Schlange.

       Gott war gerade bei seinem kleinen Abendspaziergang, um sie zu besuchen.

       Endlich war die Tagessonne nicht mehr so heiß, so dass es eine gute Zeit war, sich im Paradiesgarten entspannt die Beine zu vertreten.

       Als Gott die beiden sah, wie sie sich schämten, stellte er sie zur Rede und war sogleich ganz schrecklich erbost. Schließlich hatte er ja, bevor er seinen gemütlichen Abendspaziergang begann, nicht die geringste Ahnung, was die beiden angerichtet hatten.

       Er hatte zuvor nicht den geringsten, blassen Schimmer, dass sie von den Früchten des Baums der Erkenntnis zwischen Gut und Böse tatsächlich essen würden.

       Sie waren zwar erst nach der Einnahme der Frucht imstande, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, aber sie hätten ihm vorher ja einfach nur gehorchen müssen, sonst nichts.

       Zwar wäre Gott selbst durchaus rechtzeitig dazu in der Lage gewesen, diese Situation zu verhindern und die beiden wirkungsvoll vor ihrer Sünde zu schützen, indem er statt des Baumes zum Beispiel einen Kaktus aufgestellt hätte, oder dass er die Früchte übelriechend oder bitter sein ließe.

       Er hätte den Baum auch vorher durch die Cherubim mit bloßem, hauendem Schwert bewachen lassen, wie er es dann später tat. i

       Das hat er nicht getan. Auf diesen Gedanken war er nicht gekommen. Oder doch?

       Er stellte selbst den verlockenden, Früchte tragenden Baum im Paradies auf. Er drohte Adam und Eva die Todesstrafe an, davon zu essen, und er nahm billigend in Kauf, dass sie es trotzdem taten.

       Mit schauspielerischem Talent, vermeintlich völlig entsetzt darüber, dass sie ihm nicht gehorchten, verurteilte er sie auf der Stelle zur fristlosen Entlassung.

       Er war ihnen dabei noch gnädig, denn eigentlich hätte er sie, gemäß Androhung, sofort töten müssen.

       - Ende des freien Nacherzählung - “

      Drei Dinge fallen mir auf:

      1. Entweder hatte Gott wirklich keinen blassen Schimmer, was zuvor passiert war, dann war sein Spaziergang ahnungslos und ehrlich, sein Entsetzen aufrichtig, und er kann überhaupt nicht in die Zukunft schauen.

      2. Oder er konnte selbstverständlich schon vorhersehen, was die beiden anstellen würden, dann hatte er seinen abendlichen Spaziergang nur vorgetäuscht, und er hat sich die kommenden Worte bereits gedanklich zurechtgelegt, in der Absicht, sie gleich ganz fürchterlich zusammenzustauchen und sie achtkantig aus dem Paradies zu feuern.

      3. Dass er einen Früchte tragenden Baum im Paradies aufstellte, im Wissen um das nachfolgende Vergehen, zeigt die planende Absicht, alle drei sowieso rausschmeißen zu wollen.

      Im Fall eins, wenn Gott nicht in die Zukunft schauen konnte, und er stellte gleichzeitig einen verlockenden Baum ungeschützt im Paradies auf, dann handelte er obendrein grob fahrlässig. Gott, ein nachlässiger Schussel?

      Seine Unfähigkeit, in die Zukunft zu schauen, sehen wir noch später, weil ihn die Sünden der Menschen ergrimmte. Diese Emotion ist einem prophetisch Befähigten unbekannt.

      Wenn Gott nicht in die Zukunft schauen konnte, war er auch nicht in der Lage vorherzusehen, dass er ein paar Tausend Jahre später sein eigenes Religionskonzept mit der Erscheinung Jesu komplett umkrempeln würde.

      Wie wollte er auch voraussehen, dass die Kirche heute krampfhaft eine Lösung aus der alten, verkorksten Geschichte sucht und feststellt: So geht es nicht weiter?

      So