Rike Waldmann

Toskana-Tiger


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des Hundes, seines Namens und seiner Gesundheit anzustellen, denn jetzt ging es Schlag auf Schlag!

      Erst begann unten vor dem Auto ein herzzerreißendes Gebrüll, weil die beiden Kleinen sich offensichtlich nicht einigen konnten, wer das Gummikrokodil ins Haus tragen durfte. Dann hörte er von der offenen Terrassentür her Mamas Stimme: „Maxi, wo steckst du denn, das Frühstück ist fertig!“ Waren sie also doch endlich aufgewacht! Und plötzlich raschelte es auch noch schräg hinter ihm, und zwischen den Oleanderbüschen tauchte das älteste der drei Mädchen auf!

      Stop, un momento! Sie tauchte nicht einfach nur so auf, sie stand plötzlich wie aus dem Erdboden gewachsen vor mir. Mann, hab’ ich mich vielleicht erschrocken! Ich meine, natürlich erschreck’ ich normalerweise nicht, nur weil ich plötzlich ein Mädchen sehe, aber es war alles ein bisschen viel auf einmal.

      Sie dagegen war offenbar kein bisschen überrascht, dass hier noch jemand war, und würdigte mich keines Blickes. Stattdessen rannte sie auf diesen Köter zu, fasste ihn am Halsband und fing an, ihm Vorwürfe zu machen, weil er schon wieder ausgerissen war. Scheint öfter vorzukommen. Schließlich sagte sie: „Ach, was rede ich mir eigentlich den Mund fusselig, du machst ja doch, was du willst, Streuner!“

      Ich stand inzwischen einigermaßen dumm rum und versuchte, mich von meiner Überraschung zu erholen. Jetzt kapierte ich überhaupt nichts mehr: „Streuner? Wieso Streuner? Ich denke, er heißt Konrad?“

      Zum ersten Mal geruhte die Lady, mich wenigstens zur Kenntnis zu nehmen: „Wer bist du denn?“ – „Ich? Ich bin Maxi. Wir machen hier Ferien.“ – „Wir auch. Ich bin die Anna. Und Konrad heißt mein kleiner Bruder und nicht der Hund!“

      Auweia! Kleiner Bruder! Also ist eins von den Gören offenbar doch ein Junge. Vermutlich das mittlere. Na ja, auf die Entfernung kann man sich schließlich mal irren. Mamas Freundin Dörte hat mich früher sogar aus der Nähe für ein Mädchen gehalten, bloß wegen meiner Locken. Das hat Mama jedenfalls erzählt. Ich kann mich zum Glück nicht dran erinnern. Muss mir ja entsetzlich peinlich gewesen sein damals!

      Sieht übrigens nicht schlecht aus, die Anna, das muss ich zugeben! Durchaus mein Typ! Vielleicht sollte man mit ihr im Gespräch bleiben. Drei Wochen nur mit Paps und Mama können ganz schön lang werden. Da muss man sich jede Alternative offenhalten, wie mein Opa immer sagt. Er sagt das zwar hauptsächlich, wenn er sich bei den Lottozahlen nicht entscheiden kann, aber ich finde, hier passt es auch. Oder eigentlich sogar noch besser!

      „Also, tschüss dann. Wir sehen uns bestimmt mal.“ – Momento, momento, Anna will gehen? Nicht, ehe wir uns verabredet haben! Mama ruft auch schon wieder nach mir. Ihre Stimme klingt inzwischen eine Spur ungeduldiger. Langsam muss mir was einfallen. Und das ist gar nicht so leicht, wenn man im Stress ist.

      Genau, das ist die rettende Idee: In meiner Shorts muss doch noch ein halbes Päckchen Kaugummi stecken. Umständlich krame ich in meinen Hosentaschen herum, und schließlich kann ich Anna ein schon reichlich mitgenommen aussehendes Kaugummi unter die Nase halten: „Magst du?“ Anna verzieht keine Miene. „Nein, danke“, sagt sie, „Kaugummi finde ich eklig.“ Dann fügt sie noch hinzu: „Wollen wir heute Abend zusammen Tischtennis spielen? Wir haben eine Platte im Garten.“

      Na bitte, es geht doch!

      Tomaten und Tischtennis

      Beim Frühstück musste Maxi seinen Eltern erst einmal ausgiebig Bericht erstatten. Sie hatten zwar schon gemerkt, dass neue Nachbarn angekommen waren – schließlich hatte die aufdringliche Hupe sie endgültig geweckt –, aber mehr wussten sie natürlich nicht.

      Maxi war ganz in seinem Element: Erst schimpfte er ausgiebig über Krach, ewig kichernde Mädchen und streunende Hunde, um dann ebenso ausgiebig über die möglichen Vorzüge der neu gewonnenen Nachbarn zu spekulieren.

      Genau wie Maxi waren seine Eltern zuerst etwas enttäuscht, dass sie ihr garantiert einsames Ferienhaus nicht ganz für sich allein hatten, aber je länger sie darüber nachdachten, um so positiver sahen sie die Sache. Auch für sie war es eine verlockende Aussicht, außer Maxi ab und zu noch weitere Gesprächspartner zu haben. Drei Wochen nur Maxi können nämlich auch ganz schön lang werden.

      Und Mama hatte es gestern Abend sowieso ein klein wenig zu einsam gefunden. Das hätte sie natürlich nie zugegeben, aber jetzt war sie doch erleichtert.

      Also wurde beschlossen, Annas Eltern und Geschwister am Abend auf ein Glas Wein beziehungsweise Saft einzuladen und gemeinsam auf schöne Ferien anzustoßen. Und dann ging es endlich an den Strand.

      Maxi war den ganzen Tag über ziemlich unruhig. Er hielt es nirgends lange aus. Kaum hatte er sein Gummifloß ins Wasser gezogen, da hievte er es auch schon wieder mühsam an Land. Und wenn er endlich von oben bis unten mit einer gleichmäßigen Schicht Sonnencreme bedeckt war, fiel ihm prompt ein, dass es viel zu heiß wäre und er sich unbedingt auf der Stelle abkühlen müsste. Kurz, es war ziemlich nervig mit ihm.

      Stop, un momento. So war das natürlich überhaupt nicht. Es gab nur ein klitzekleines Problem: Stellt euch vor, ich tobe im Wasser rum, und Anna geht plötzlich am Strand lang, um sich an der Bude ein Eis zu holen. Oder ich liege auf dem Bauch und brate in der Sonne, und Anna fährt gerade in dem Moment mit ihrem Schlauchboot vorbei! Da hätte ich sie doch verpasst.

      Okay, okay, ich weiß ja, dass wir uns heute Abend sowieso sehen, aber wenn Eltern dabei sind, kann man sich eben nicht unterhalten.

      Am späten Nachmittag kamen Maxi und seine Eltern voll bepackt wieder vor ihrem Ferienhaus an. Paps schleppte die schwere Badetasche und die schlappe Hülle des Gummifloßes. Mama musste neben ihrem Strohhut und dem zusammenklappbaren Sonnenschirm eine große Tüte mit Spaghetti, Saft, Milch, Butter, Keksen und wer weiß was noch alles tragen. Was man eben so braucht für einen gemütlichen ersten Ferienabend.

      Ja, und Maxi keuchte unter einer riesigen bastumhüllten Chiantiflasche, die er elegant auf dem Kopf balancierte.

      „Vorsicht!“, schrie Paps, als er erkannte, dass sein Sprössling auf dem holprigen Gartenweg bedenklich in Schieflage geriet.

      „Lass mich nur schnell das Zeug abstellen, dann helf’ ich dir beim Abladen.“ Dagegen hatte Maxi nichts einzuwenden, denn insgeheim fragte er sich schon eine ganze Weile, wie er die schwere Fünfliterflasche möglichst heil wieder von seinem Kopf herunterbefördern könnte.

      Nachdem Maxi sich einen Haufen Sand abgeduscht hatte, überlegte er lange, was er wohl zur Feier des Tages anziehen sollte. Die weiße Jeans war eigentlich zu warm, aber sein neues T-Shirt mit den Baseball-Motiven passte toll dazu. Oder doch lieber die Radlerhose und das buntgestreifte Hemd? Oder das Muscle-Shirt? Genau richtig für Italien, hatte die Verkäuferin gesagt. Na ja, aber am Abend vielleicht doch etwas zu kühl.

      Mitten in diesen schwierigen Entscheidungsprozess hinein rief Paps von der Terrasse: „Cowboy, sattle dein Pony, die Spaghetti sind fertig.“ Also erst mal Badehose – wegen der Tomatensoße. Und dann Jeans, wegen der Abendkühle. Und natürlich, weil er dann seine Baseballmütze aufsetzen konnte. Die würde er nachher beim Tischtennis sicher brauchen, um gegen die tiefstehende Sonne sehen zu können. Außerdem fand er sich auch ziemlich cool mit dieser Mütze.

      Der Abend wurde ein voller Erfolg. Es war schon nach Mitternacht, als Maxi sich endlich in sein heuduftendes Bett kuschelte. Er konnte lange nicht einschlafen, obwohl er eigentlich todmüde war. Ob das an dem Vollmond lag, der durch einen Spalt in der Gardine genau auf sein Kopfkissen schien, oder ob es mit den aufregenden Erlebnissen der letzten Stunden zu tun hatte?

      Stop, un momento. Also, aufregend war es natürlich schon, aber schlafen kann ich nicht, weil ich für morgen noch so viel planen und überlegen muss. Es ist nämlich so: Das wird ein total guter Urlaub! Weil wir heute Abend einen Club gegründet haben: die Toskana-Tiger.

      Der Name war zwar Mamas Idee, als sie uns alle