Charles Dickens

Weihnachtsmärchen


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Arm, bald mit einem Bein, bald mit zwanzig Beinen, bald

      sah man nur zwei Füße ohne Kopf, bald einen Kopf ohne Leib;

      und wie einer dieser Teile verschwand, blieb keine Spur von ihm

      in dem dichten Dunkel zurück, das ihn verschlang. Und das

      größte Wunder dabei war: die Gestalt blieb immer dieselbe.

      »Sind Sie der Geist, dessen Erscheinung mir vorhergesagt

      wurde?« fragte Scrooge.

      22

      »Ich bin es.«

      Die Stimme war sanft und wohlklingend und so leise, als käme

      sie nicht aus dichtester Nähe, sondern aus einiger Entfernung.

      »Wer und was sind Sie?« fragte Scrooge, schon etwas mehr

      Mut fassend.

      »Ich bin der Geist der vergangenen Weihnacht.«

      »Einer lange vergangenen?« fragte Scrooge, seiner zwerghaften

      Gestalt gedenkend.

      »Nein, einer deiner vergangenen.«

      Vielleicht hätte Scrooge, wenn ihn jemand befragt hätte, nicht

      sagen können, warum, aber doch fühlte er ein ganz besonderes

      Verlangen, den Geist unter seinem Hut zu sehen; und er bat ihn,

      sich zu bedecken.

      »Was?« rief der Geist. »Willst du so bald mit irdisch gesinnter

      Hand das Licht, das ich spende, verlöschen? Ist es nicht genug,

      daß du einer von denen bist, deren Leidenschaften diese Mütze

      geschaffen haben und mich zwingen, durch lange, lange Jahre

      meine Stirn damit zu verhüllen?«

      Scrooge entschuldigte sich ehrfurchtsvoll, er habe nicht die

      Absicht gehabt, ihn zu beleidigen, und behauptete, nicht zu

      wissen, daß er irgend einmal in seinem Leben dem Geist Ursache

      gegeben habe, sich zu bedecken. Dann war er so frei, zu fragen,

      was ihn hierher führe?

      »Dein Wohl«, sagte der Geist.

      »Dein Wohl«, sagte der Geist.

      Scrooge drückte ihm seine Dankbarkeit aus, konnte sich aber

      doch nicht des Gedankens erwehren, daß ihm eine Nacht

      ungestörten Schlafes mehr genützt hätte. Der Geist mußte ihn

      haben denken hören, denn er sagte sogleich:

      »Deine Besserung. Nimm dich in acht!«

      Er streckte seine starke Hand aus, als er dies sprach, und ergriff

      sanft seinen Arm.

      »Steh auf und folge mir.«

      Vergebens würde Scrooge eingewendet haben, Wetter und

      Stunde seien schlecht geeignet zum Spazierengehen, das Bett sei

      warm und das Thermometer ein gutes Stück unter dem

      Gefrierpunkt, er sei nur leicht in Pantoffeln, Schlafrock und

      Nachtmütze gekleidet und habe gerade jetzt den Schnupfen.

      Dem Griff, war er auch sanft wie der einer Frauenhand, war

      nicht zu widerstehen. Er stand auf; aber als er sah, daß der Geist

      nach dem Fenster schwebte, faßte er ihn flehend bei dem

      Gewand.

      »Ich bin ein Sterblicher«, sagte Scrooge, »und könnte fal en.«

      »Laß meine Hand dich hier berühren«, sagte der Geist, indem er

      die Hand auf das Herz legte, »und du wirst größere Gefahren

      die Hand auf das Herz legte, »und du wirst größere Gefahren

      überwinden, als diese hier.«

      Als er diese Worte gesprochen hatte, drangen die beiden durch

      die Wand und standen plötzlich im Freien auf der Landstraße,

      rings von Feldern umgeben. Die Stadt war ganz verschwunden.

      Keine Spur war mehr davon. Die Dunkelheit und der Nebel

      waren mit ihr verschwunden, denn es war jetzt ein klarer, kalter

      Wintertag und der Boden mit weißem reinem Schnee bedeckt.

      »Gütiger Himmel!« rief Scrooge, die Hände faltend, als er um

      sich blickte.

      »Hier wurde ich geboren. Hier lebte ich als Knabe.«

      23

      Der Geist schaute ihn mit milden Blicken an. Seine sanfte

      Berührung, obgleich sie nur leise und flüchtig gewesen war, bebte

      immer noch nach in dem Herzen des alten Mannes. Er fühlte, wie

      tausend Düfte die Luft durchwehten, jeder mit tausend

      Gedanken und Hoffnungen und Freuden und Sorgen verbunden,

      die lange, lange vergessen waren.

      »Deine Lippen zittern«, sagte der Geist. »Und was glänzt auf

      deiner Wange?«

      Scrooge murmelte mit einem ungewöhnlichen Mollton in der

      Stimme, es sei ein Wärzchen, und bat den Geist, ihn zu führen,

      Stimme, es sei ein Wärzchen, und bat den Geist, ihn zu führen,

      wohin er wol e.

      »Erinnerst du dich des Weges?« fragte der Geist.

      »Ob ich mich seiner erinnere?« rief Scrooge mit Innigkeit.

      »Blindlings könnte ich ihn gehen!«

      »Seltsam, daß du ihn so viele Jahre hindurch vergessen hast«,

      sagte der Geist.

      »Komm!«

      Sie schritten den Weg entlang. Scrooge erkannte jedes Tor,

      jeden Pfahl, jeden Baum wieder, bis ein kleiner Marktflecken in

      der Ferne mit seiner Kirche, seiner Brücke und dem hellen Fluß

      erschien. jetzt kamen einige Knaben, auf zottigen Ponies reitend,

      auf sie zu, die anderen Knaben in ländlichen Wagen laut zuriefen.

      Al e waren gar fröhlich und laut, bis die weiten Felder so voll

      heiterer Musik waren, daß die kalte, sonnige Luft lachte, sie zu

      hören.

      »Dies sind nur Schatten der Dinge, die da gewesen sind,« meinte

      der Geist,

      »sie wissen nichts von uns.«

      Die fröhlichen Reisenden kamen näher, und Scrooge erkannte

      sie jetzt alle und konnte sie alle beim Namen nennen. Warum

      freute er sich über alle Maßen, sie zu sehen, warum wurde sein

      freute er sich über alle Maßen, sie zu sehen, warum wurde sein

      kaltes Auge feucht, warum frohlockte sein Herz, als sie

      vorübereilten, warum wurde sein Herz weich, wie sie an den

      Kreuzwegen voneinander schieden und einander fröhliche

      Weihnachten