Alexandre Dumas

Die Fünfundvierzig


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vorgefallen ist?« – »Wo, Sire?«

      »Auf der Grève.« – »Wahrhaftig, nein.«

      »Salcède hat geleugnet.« – »Ah!«

      »Ihr nehmt das sehr gleichgültig auf.« – »Ich gestehe, Sire, daß ich kein großes Gewicht auf das legte, was er sagen konnte; überdies war ich sicher, daß er leugnen würde.«

      »Aber, da er gestanden hatte?« – »Ein Grund mehr. Die ersten Geständnisse haben die Guisen behutsam gemacht, sie arbeiteten, während Eure Majestät ruhig blieb.«

      »Wie, du siehst solche Dinge vorher und sagst sie mir nicht?« – »Bin ich Minister, um über Politik zu sprechen?«

      »Lassen wir das, Joyeuse. Ich bedarf deines Bruders.«

      – »Mein Bruder gehört wie ich ganz dem Dienste Eurer Majestät.«

      »Ich kann also auf ihn zählen?« – »Ganz gewiß.« »Ich will ihn mit einer kleinen Sendung beauftragen.«

      – »Außerhalb Paris?«

      »Ja.« – »Dann ist es unmöglich, Sire.«

      »Warum?« – »Du Bouchage kann in diesem Augenblick nicht von hier fort.«

      Heinrich erhob sich auf seinen Ellenbogen und schaute Joyeuse mit großen Augen an.

      »Was soll das bedeuten?« fragte er.

      Joyeuse berichtete dem König von dem Liebesleid seines Bruders, das ihn zur Zeit an Paris fessele, und das er, Joyeuse, durch sein Eingreifen in Liebesfreude zu wandeln hoffe.

      Er habe seine Operationen damit begonnen, daß er an diesem Abend dreißig Musiker vor dem Hause der Dame spielen lasse.

      »Nun,« sagte Heinrich, »ich wünsche deinem Bruder allen Erfolg, aber lassen wir ihn jetzt, da es für ihn in diesem Augenblick zu lästig wäre, sich von Paris zu entfernen; es ist für mich nicht unumgänglich notwendig, daß er diese Sendung erfüllt; doch ich hoffe, daß du, der du so gute Ratschläge gibst, dich nicht, wie er, zum Sklaven irgendeiner Leidenschaft gemacht hast?« – »Ich bin nie in meinem Leben so vollkommen frei gewesen.«

      »Das ist vortrefflich; also hast du nichts zu tun?« – »Durchaus nichts, Sire.«

      »Ich glaubte, du hättest eine Liebschaft mit einer hübschen Dame.« – »Ja, ja, mit der Geliebten des Herrn von Mayenne, einer Frau, die mich anbetete.«

      »Nun?« – »Denkt Euch, heute abend, nachdem ich Du Bouchage eine Lektion gegeben, verlasse ich ihn, um zu ihr zu gehen. Ich komme an, den Kopf erhitzt durch die Theorien, die ich entwickelt hatte; ich schwöre Euch, Sire, ich hielt mich für beinahe ebenso verliebt, wie Henri. Nun finde ich die Frau ganz zitternd und erschrocken; mein erster Gedanke ist, ich störe jemand; ich schaue umher, niemand; ich suche sie zu beruhigen, vergebens; ich frage sie, sie antwortet nicht; ich will sie küssen, sie wendet den Kopf ab, und da ich die Stirn falte, wird sie ärgerlich, steht auf, wir zanken uns, und sie kündigt mir an, sie werde nie mehr zu Hause sein, wenn ich mich bei ihr einfinde.«

      »Armer Joyeuse,« versetzte der König lachend, »und was hast du getan?« – »Bei Gott! Sire, ich nahm meinen Degen und meinen Mantel, verbeugte mich artig und ging weg, ohne rückwärts zu schauen.«

      »Joyeuse, das ist mutig.« – »Um so mutiger, da es mir vorkam, als hörte ich das arme Mädchen seufzen.«

      »Wirst du deinen Stoizismus nicht bereuen?« – »Nein, Sire, wenn ich ihn einen Augenblick bereute, würde ich sogleich hinlaufen .... Ihr begreift, nichts wird mir den Gedanken rauben, das arme Mädchen verlasse mich wider seinen Willen.«

      »Und dennoch bist du weggegangen?« – »Wie Ihr seht.«

      »Und du wirst nicht zurückkehren?« – »Nie ... wenn ich den Bauch des Herrn von Mayenne hätte, doch ich bin schmächtig und habe das Recht, stolz zu sein.«

      »Mein Freund,« sagte der König ernsthaft, »dieser Bruch ist ein Glück für dich.« – »Ich leugne es nicht, Sire; doch einstweilen werde ich mich acht Tage lang grausam langweilen, da ich nichts zu tun habe und nicht weiß, was ich anfangen soll.«

      »Das trifft sich gut; ich habe etwas für dich zu tun.« – »Was wollt Ihr mich tun lassen, Sire? Sprecht doch!«

      »Du sollst dich stiefeln.« – Joyeuse machte eine Bewegung des Schreckens. »Oh! nein, verlangt das nicht von mir, Sire, das ist wider alle meine Gedanken.«

      »Du wirst zu Pferd steigen.« – Joyeuse machte einen Sprung. »Zu Pferde! nein, eine Sänfte ist mir lieber.«

      »Joyeuse, genug des Scherzes; verstehst du mich, du wirst dich stiefeln und zu Pferde steigen.« – »Nein, Sire,« erwiderte der Herzog mit dem größten Ernst, »das ist unmöglich.«

      »Und warum unmöglich,« fragte zornig der König. – »Weil ... weil ... ich Admiral bin.«

      »Wohl! es sei! Herr Admiral von Frankreich, Ihr werdet nicht zu Pferde steigen, Ihr habt recht, es ist nicht die Sache eines Seemanns, zu reiten; aber es ist die Sache eines Seemanns, zu Schiffe zu gehen; Ihr werdet Euch also auf der Stelle zu Schiff nach Rouen begeben; in Rouen findet Ihr Eure Admiralsgalere; Ihr besteigt sie sogleich und laßt nach Antwerpen segeln.«

      »Nach Antwerpen,« rief Joyeuse so verzweiflungsvoll, als ob er den Befehl erhalten hätte, nach Kanton oder Valparaiso zu reisen.

      »Ich glaube, es gesagt zu haben,« sagte der König mit eisigem Tone, der keine Widerrede zuließ; »ich glaube es gesagt zu haben und will es nicht wiederholen.«

      Ohne den geringsten Widerstand zu äußern, häkelte Joyeuse seinen Mantel zu, legte seinen Degen auf seine Schulter und nahm von einem Stuhle sein samtenes Toquet. »Heiliger Gott! wieviel Mühe hat man, um sich Gehorsam zu verschaffen,« brummte Heinrich; »wenn ich selbst zuweilen vergesse, daß ich Gebieter bin, sollten sich wenigstens andere daran erinnern.«

      Joyeuse verbeugte sich stumm und eisig und legte der Ordnung gemäß eine Hand an das Stichblatt seines Degens.

      »Eure Befehle, Sire,« sagte er mit einer Stimme, die durch den Ton der Unterwürfigkeit sogleich den Willen des Monarchen in schmelzendes Wachs verwandelte.

      »Nu wirst dich nach Rouen begeben, wo du dich einschiffen sollst, wenn du es nicht vorziehst, zu Land nach Brüssel zu gehen.«

      Heinrich erwartete ein Wort von Joyeuse, doch dieser beschränkte sich auf eine Verbeugung.

      »Ziehst du die Reise zu Land vor?« – »Ich kenne leinen Vorzug, wenn es sich darum handelt, einen Befehl zu vollstrecken, Sire.«

      »Schmolle, schmolle, abscheulicher Charakter,« rief Heinrich. »Ah! die Könige haben keine Freunde.« – »Wer Befehle gibt, kann nur erwarten, daß er Diener findet,« erwiderte Joyeuse feierlich.

      »Mein Herr,« sagte der König verletzt, »Ihr werdet also nach Rouen gehen; Ihr besteigt Eure Galere und sammelt die Garnisonen von Caudebec, Harfleur und Dieppe, die ich ersetzen lassen werde; Ihr beladet damit sechs Schiffe, die Ihr in den Dienst meines Bruders zu bringen habt, der die ihm versprochene Hilfe erwartet.« – »Meinen Auftrag, wenn es Euch beliebt, Sire.«

      »Und seit wann handelt Ihr nicht mehr kraft Eurer Admiralsgewalt?« – »Ich habe nur das Recht, zu gehorchen, und vermeide, soviel ich kann, jede Verantwortlichkeit.«

      »Es ist gut, Herr Herzog, Ihr werdet den Auftrag in Eurem Hotel im Augenblick der Abreise erhalten.« – »Und wann wird dieser Augenblick sein, Sire?«

      »In einer Stunde.« Joyeuse verbeugte sich ehrfurchtsvoll und wandte sich nach der Tür. Dem König brach das Herz beinahe.

      »Wie,« sagte er, »nicht einmal die Höflichkeit eines Abschiedes! Herr Admiral, Ihr seid nicht sehr artig, das ist ein Vorwurf, den man gewöhnlich den Seeleuten macht. Vielleicht werde ich mit meinem Generalobersten der Infanterie mehr zufrieden sein.«

      »Wollt Ihr mir verzeihen, Sire,« stammelte