Hemdes, denn den Restposten schwarzes hatte ja der Manne gekauft. Natürlich machten noch ein paar andere diese Mode nach. Manfred fühlte sich richtig stolz, doch ich kam mir irgendwann blöd vor zwischen den Lederhosen-Seppln und den Dirndln und wickelte das Band meinem schon länger vernachlässigten Teddybären um den Hals. Sogar meine Mutter fand das gut, „das steht dem jedenfalls besser als dir!“
Von wegen ‚stehen‘! Die wusste ja gar nicht, was in der Welt vorging! Was heißt Welt. Im Dorf, in der Familie! Genauer noch: in unseren Hosen! Wovon wir alle die ganze Zeit redeten, wovon wir einen Blick zu erhaschen versuchten, wenn sich jemand am Badeplatz umzog. Von dem wohl Wichtigsten auf Erden, von dem man uns nichts verriet, es nur mit dem Wort ‚unkeusch‘ umschrieb! Was sie auch nicht wusste, war, dass ich irgendwann mal den Teddy unten angebohrt hatte, um herauszufinden, was das ‚Ficken‘ oder ‚Löchlestopfen‘ war, von dem die Größeren so begeistert sprachen. Mit ‚Selbststudium‘ könnte man so etwas umschreiben, wenn ich meinen Pimmel, mit einem Taschentuch bekleidet in die raue Holzwolle einschob. Damals war gerade der Schlager ‚Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln geh´n‘ in aller Munde. Auch wir grölten ihn, wenn wir unter uns waren, aber mit dem volkstümlichen Text, wo das Wort ‚vögeln‘ eingesetzt war. Es war einfach toll! Und ‚sofern die Schwänze stehn‘ anstelle von ‚Winde wehn‘.
Den Sommer verbrachten die Jugendlichen beiderlei Geschlechtes fast alle Nachmittage am Herzmanns-Weiher, auf der Liegewiese oder im kühlen Wasser. Wie oft passierte es mir, dass ich einen Steifen bekam und eine halbe Stunde oder mehr auf dem Bauch liegend verbrachte, weil ich verhindern wollte, dass es jemand sah. Ein Mädchen kann sich gar nicht vorstellen, wie das ist! Doch machte das auf-dem-Bauch-Liegen und der Druck des Bodens das Ding auch nicht unbedingt kleiner. Außerdem konnte ich so besser die anderen beobachten, vor allem beim Umziehen.
Das Umziehen alleine war schon so eine Sache. Oft riss jemand einem die Decke weg, unter der man das ausführte, und man stand plötzlich nackig da. Und wenn dann noch jemand die Badehose geklaut hatte… Manchmal griffen die Älteren ein und mahnten die zu bösen Buben zur Ruhe. Um der Gefahr des Decken-Wegziehens vorzubeugen, zog ich mir jetzt immer die Badehose schon daheim an. Und um nicht bei jeder Gelegenheit einen Ständer befürchten zu müssen, hatte ich eine besondere Methode entwickelt: Bevor ich in die Badehose schlüpfte, machte ich schnell meinen ‚Frühsport‘, ich molk mich noch flink aus, in ein Taschentuch. Manchmal, wenn ein Freund mit dem Fahrrad unten auf mich wartete, so schnell, dass weder Zeit für das damit verbundene wohlige Gefühl blieb, noch Gelegenheit, sich nachher von dem Gefühl von Sünde niederdrücken zu lassen. Das war mehr ein hygienischer Akt, fast wie pinkeln oder kacken. Um nachher nicht nur geile Gedanken zu haben (vor allem meinen Schwanz zu bändigen), wenn da auf der Wiese manche Mädchen nur im Bikiniunterteil lagen, das Oberteil hing am Weidenzaun, um sich besser den Rücken bräunen zu können. Oder wenn man dabei zufällig Dinge erblickte, die ein anständiger Junge wie ich nicht sehen sollte, wie die Erwachsenen so leicht sagten, und dann selber hinschielten. Dadurch dass ich die Badehose schon anhatte, entfiel also der Akt des Umziehens.
Blieb nur das Ausziehen der nassen Badehose vorm Heimradeln. War nicht viel los, schlupfte man unter die Decke, öfters zu mehreren – so war die Gefahr, dass sie jemand wegzog geringer. Dort, im Halbdunkel schielte man auf den Bauch der anderen, um deren Anhängsel mit dem eigenen zu vergleichen. Manchmal ging jemandem dabei sein schlapper Schwanz in die Höhe, was sich dann wie eine Kettenreaktion auf die anderen auswirkte. Einmal hatte Nori ein Metermaß dabei und wir maßen ganz genau, soweit das im Halbdunkel möglich war. Natürlich strengte sich jeder an, seine Latte möglichst lang und dick zu machen. „Hart ist der Schwanz der Bisamratte, noch härter ist die Morgenlatte!“, verkündete Milou einmal. Den Spruch hatte er von einem der Gesellen in der Installationsfirma, wo er eine Lehre absolvierte. Bald darauf waren diese geflügelten Worte in aller Munde.
„Ich glaube, ich lerne mal Dachdecker, wenn ich die Scheißschule endlich fertig habe!“, meinte Nori. „Wieso denn das?“, wollte ich wissen. „Weil ich dann immer eine Latte in der Hand habe!“, rief er lachend. War ich in Bezug auf Muskelmasse eher ein Schwächling, so machte die Länge meines Teiles diesen Mangel wieder wett. Auch war ich einer der ersten, obwohl einer der Jüngsten, wo in der besagten Gegend sich schon die ersten Haare kräuselten. Komischerweise waren diese blond, obwohl ich sonst dunkle Haare hatte. Das rief die Bewunderung der anderen hervor und sie strichen fast ehrfürchtig darüber. „Das goldene Vlies!“, meinte Gustav, der für einmal was aus dem antiken Geschichtsunterricht behalten hatte.
Ein anderer kritischer Moment war, wenn man aus dem Wasser stieg. Denn dann klebte die Badehose einem so am Bauch, dass sich genau abzeichnete, was darunter lag. Bei dem kalten Wasser unseres Sees hing es meistens nach unten. Indem man kurz den Gummi vorzog, konnte man etwas Luft in die Badehose bringen und sie klebte weniger. Je billiger die Badehose war, umso mehr schien da durch. Manne hatte eine dunkelrote aus ‚Lastex‘, wie er sagte. Sie trocknete nach dem Baden innerhalb von 10 Minuten und er brauchte sie deshalb nicht auszuziehen. An ihm war irgendwie alles harmonisch abgerundet. Schon sein Name! Wie gerne hätte ich auch so einen wohlklingenden gehabt, von dem auch die Kurzform noch männlich klingt, und nicht einen so doofen wie Wolfgang. Wie hatten meine Eltern mich nur so taufen können! Hätten sie mir zumindest einen Doppelnamen gegeben, da hätte ich später wählen können! Vielleicht doch besser nicht… Denn eigentlich hätte ich ja ein Mädchen sein sollen, wie ich aus den Gesprächen meiner Mutter mit Nachbarinnen heraushörte. Die hätten es fertiggebracht, mir noch einen Mädchennamen unterzujubeln! Aber kommen wir wieder auf Manne zurück und seine Rundungen. Seine Frisur, seine Gesichtszüge, der Muskelbelag seines Körpers, sogar die Beule vorne in der Badehose bestanden aus Kurven, während an mir alles kantig war. Selbst, wenn er aus dem Wasser stieg, konnte man nicht erkennen, ob er seinen Pimmel links oder rechts hängen hatte. Ich hatte ihn in Verdacht, sich vorne alles mit Watte oder sowas ähnlichem auszustopfen, damit es groß genug erschien. Mir dieses Geheimnis zu verraten, traute ich mich ihn nicht zu fragen. Er erschien mir zu anständig, um über sowas zu reden…
Natürlich gingen wir mit Vorliebe auch nackt baden, ‚im Adams‘, wie wir es nannten. Mädchen waren natürlich nie dabei, sonst hätten wir uns nicht getraut. Meistens abends oder wenn niemand in der Nähe war. Einer gab die Losung aus, und alle, auch die Kleinen, warfen ihre Klamotten ins Gras und stürzten sich ins Wasser. Manchmal selbst im Frühjahr oder Herbst, wenn es echt kalt war. Dann war es nicht mehr die Länge unseres Gliedes, die Ausrufe der Bewunderung hervorrief, sondern dessen Winzigkeit, fast schien es nach innen gestülpt. Da war von „Frühsport‘ keine Rede mehr, jeder schlüpfte, so schnell es trotz der an der nassen Haut klebenden Sachen ging, wieder in seine Klamotten, sich über das Miniteil am Bauch der anderen lustig machend.
An einer Stelle war der Illerthaler Bach durch ein Wehr gestaut und das Wasser mittels eines Kanals zur Spinnerei geleitet. An einer Stelle dieses Kanals befand sich das ‚Bubenbad‘ und etwas weiter das ‚Mädchenbad‘, wohin die Volksschulklassen mit ihren Lehrern bisweilen baden gingen. Die Staustelle wurde ‚das Wuhl‘ genannt und diente den Größeren als Badeplatz, wenn es zum See zu weit war. Rundherum lagen Heuwiesen, die im Frühjahr ‚geodelt‘ wurden, das heißt, vom Bauern mit einer guten Portion Jauche eingedeckt. Natürlich waren dem Bauern die Badenden ein Dorn im Auge, denn sie ‚verflackten‘ das Gras, drückten es flach, so dass es schwierig zu mähen war.
Das wollte der Bauer unterbinden und schüttete im Juni eine extra große Menge seiner Lache darauf. Wir waren entsetzt, als wir hinkamen und das Desaster sahen. Wir warteten den ersten Regen ab, dann kamen wir zurück. Wir suchten einen Platz wo es weniger stank, um die Decke auszubreiten. Plötzlich rief einer: „Hier müssen welche gevögelt haben, da liegt ein Pariser! Muss schon ein wilder Hund gewesen sein, und das hier mitten auf der Wiese!“ „Und hier auch“, rief Nori, „und da, überall, eine ganze Menge! Solche Dreckbären!“ Wir kamen näher, um zu sehen. Und wirklich, überall, zwischen den Blättern von Klopapier verteilt entdeckten wir Dutzende von Parisern, diesen Verhüterlis aus weißem Naturgummi, manche verknotet, andere noch offen! Die offenen erschienen innen grünlich, wohl wegen des Odels, der eingedrungen war. In den zugeknoteten schwabbelte noch die Originalabfüllung. Wir spießten ein paar mit Haselstecken auf und beförderten sie über den Stacheldraht auf die Nachbarwiese, um einen freien Platz für unsere Decke direkt am Ufer