Geri Schnell

Raus aus der Krise


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verschwinden sie im Hauseingang. Durch die offenen Fenster im Hausgang kann Susi genau beobachten, in welcher Wohnung Mutter und Kind verschwinden. Nun hat sie vorerst genug gesehen. Sie macht mit ihrem Handy einige Fotos vom Block und schickt sie ihrem Redaktor.

      «Na endlich! Du hast Nerven, mich so lange warten zu lassen! Gibt es wenigstens was Neues?»

      «Ja, sie haben das Mädchen nach Hause gebracht. Ich weiss jetzt, wo es wohnt und habe bereits Fotos vom Haus und vom Mädchen. Sie ist sehr hübsch und schon recht gut entwickelt, kein Wunder, wenn es da einen packt, so wie die herumläuft. Was glaubst du, können wir die Story schon bringen, oder brauchen wir zuerst eine offizielle Stellungnahme der Polizei?»

      «Das ist eine heikle Frage», Paul denkt angestrengt nach, «was haben wir bis jetzt, ein Mann, welcher schon seit Tagen beobachtet wurde und er wollte mit einem Teenager in einem Wald verschwinden. Die Adresse des Mädchens und einige Hinweise für grössere Nervosität auf dem Polizeiposten. Nicht sehr viel, aber auch nicht wenig. Der Name des Täters wäre nicht schlecht, nur das wird schwierig werden. Ein Interview mit dem Mädchen ist rechtlich nicht zulässig, diese Information sollten wir im jetzigen Zeitpunkt noch für uns behalten. Ihr Name wird von der Polizei nicht so ohne weiteres preisgegeben und später können wir mit den Eltern vielleicht ins Geschäft kommen, aber nur, wenn wir die Einzigen sind, welche wissen wo sie wohnt. Aber zuerst muss der Täter einwandfrei feststehen.»

      «Ich glaube, das Beste ist, wenn ich den Polizeiposten weiter beobachte, wenn sie ihn heute nicht mehr freilassen, so ist das doch eine recht handfeste Tatsache. Man kann ja nicht jemand über Nacht einbuchten, wenn nichts dahintersteckt. Bis einundzwanzig Uhr haben wir noch Zeit, dann müsste der Bericht geschrieben werden.»

      «Also, du gehst zurück zum Posten und beobachtest weiter. Ich setzte inzwischen einen ersten Artikel auf, welchen wir ab zehn Uhr den grossen Zeitungen anbieten, wenn diese noch nicht selber draufgekommen sind. Also, zurück an die Arbeit, du meldest dich weiter jede Stunde zu einem Zwischenbericht. Viel Glück!»

      Sie hängt ein und fährt ihr Auto wieder zurück zum Polizeiposten. Am liebsten wäre sie einfach hineingegangen und hätte gefragt, was an der Sache dran ist, aber so etwas verbieten die Spielregeln. Wo bleibt eigentlich Max. Sie ruft ihn an, doch das Handy ist ausgeschaltet, dann ruft sie zuhause an, nichts Max ist nicht erreichbar. Sucht er sie, oder ist er auf eigene Faust am recherchieren? Max ist alles zuzutrauen.

      Inzwischen wartet Max immer noch, dass Bewegung in die Sache kommt. Auch wenn er nicht ängstlich ist, so wird er doch nervös und gereizt. Es ist schon eine Frechheit, was die sich mit ihm erlauben. Er sitzt nun sicher schon eine Stunde allein in diesem Zimmer. Dann endlich, nach einer weiteren Viertelstunde, öffnet ein Beamter die Tür: «Kommen sie mit!»

      Er wird in ein anderes Zimmer geführt. Am grossen Schreibtisch sitzt ein uniformierter Beamter und weist ihn an, Platz zu nehmen. Er hat seinen Computer vor sich und ist damit beschäftigt, eine Datei zu eröffnen. Endlich beginnt das Verhör, jedoch nicht so, wie es Max erhofft hat.

      «Name, Vorname», fragt der Beamte.

      «Max Meier.»

      «Max ist der Vorname?»

      «Ja.»

      «Name des Vaters?»

      «Hans Meier.»

      «Geboren?»

      «27. 7. 67».

      «Heimatort? Zivilstand?»

      «Geschieden.»

      «Aa-, geschieden, seit wann», muss der Beamte nachfragen. Das ist wieder ein Minuspunkt, denkt Max für sich.

      «Adresse?»

      «Max Meier, Postlagernd Olten.»

      «Machen sie keine Witze. Wo wohnen Sie.»

      «Bei meiner Freundin, Susi, pardon, Susanne Walter.»

      Munter geht das Frage- und Antwortspiel weiter. Adresse von Susanne, Telefonnummer, Alter der Freundin, Beruf und so. Später ist Max wieder an der Reihe.

      «Beruf?»

      «Elektro-Ingenieur HTL.»

      «Arbeitgeber?»

      «Keiner?»

      «Also, arbeitslos, bei welchem Arbeitsamt?»

      «Nein, ich bin nicht arbeitslos, ich war arbeitslos, nun verdiene ich als Arbeitsloser zu viel und habe kein Anspruch auf eine Entschädigung.»

      Das bringt den Beamten aber ganz schön ins Schwitzen. «Können sie sich nicht genau ausdrücken?»

      «Nein, leider ist es ein wenig kompliziert. Ich kann auch nichts dafür, dass ich in etwas komischen Verhältnissen lebe, welche nicht in ihr Formular passen.»

      «Bitte werden sie nicht frech, dies ist ein Verhör und ich bin nicht zum Vergnügen hier.»

      Also versucht es Max, ihm zu erklären, dass er Susanne bei ihrer journalistischen Tätigkeit unterstützt, ohne dass er irgendwo bei einer Zeitung als Journalist gemeldet ist, alle Einnahmen laufen über Susanne Walter. Nach einer langwierigen Diskussion macht der Beamte bei Beruf seine Eintragung: «Kompliziert, siehe Vernehmungsprotokoll.»

      «Darauf kommen wir später zurück, ich weiss nicht, ob sie sich da strafbar gemacht haben, das ist nicht mein Spezialgebiet. Machen wir weiter.»

      Jetzt gibt es nur noch einige Fragen über Fahrausweis, letzte Stelle, Schulbildung, Gesundheit, und ob in seiner Familie jemand Geisteskrank sei und ähnliche Fragen. Seit dem Intermezzo mit seinem Beruf und seinen Wohnverhältnissen, ist der Beamte wesentlich unfreundlicher geworden. Man merkt, dass er innerlich überzeugt ist, dass Max ein Verbrecher ist und dass er einen grossen, wenn auch nicht einfachen, Fang gemacht hat.

      «Meier, komm mit», kommandiert der Beamte.

      «Für sie immer noch, Herr Meier», wehrt sich Max, auch wenn er weiss, dass er sich nicht beliebter macht.

      «Also, Herr Meier, folgen sie mir.»

      Jetzt muss er sich auf einen Stuhl setzen, ein zweiter Beamter macht die berühmten Verbrecherfotos, von vorn, von der Seite und noch normal. Dann werden noch die Fingerabdrücke abgenommen und seine Grösse genau festgestellt. Die Augen und Haarfarbe werden aufgeschrieben.

      Auf die Frage von Max: «Ist das denn nötig, kann ich nicht vorher das ganze Missverständnis aufklären», erhält er die Antwort: «Hier bestimmen wir, was, wann, zu geschehen hat. Ist das klar? Wir haben da unsere Vorschriften. Sie können nachher immer noch einen Antrag stellen, dass ihre Akten im Archiv gelöscht werden müssen, aber ein anständiger Bürger muss eigentlich keine Angst haben, wenn seine Fingerabdrücke registriert sind. Da müssen sie mir doch Recht geben.»

      Max gibt es auf, es hat keinen Wert, sich gegen die Behandlung zu wehren, er nimmt sich vor, alles genau in Erinnerung zu behalten und dann, wenn er wieder frei ist, wird er das ganze Prozedere in einem Artikel beschreiben und gross in die Zeitung bringen, er wird es ihnen heimzahlen.

      «Darf ich noch kurz jemand anrufen», fragt Max, als das Verhör unterbrochen wird.

      «Wollen sie ihren Anwalt anrufen?»

      «Eigentlich nicht, ich hoffe nicht, dass ich einen brauche, aber meiner Freundin hätte ich gerne Bescheid gesagt, die macht sich sicher Sorgen.»

      «Diese Mühe können sie sich sparen, da haben wir schon versucht anzurufen, aber sie ist nicht zu Hause, es nimmt niemand ab», erklärt ihm der Beamte.

      Diese Meldung macht Max stutzig, wieso dürfen die Beamten einfach bei seiner Freundin anrufen, ohne es ihm zu sagen? So langsam wird ihm bewusst, dass er da ein grosses Problem hat. Vielleicht wäre es doch besser einen Anwalt beizuziehen, aber er kennt nur den Anwalt, welcher die Scheidung durchgezogen hatte, aber mit dem will er lieber nichts mehr zu tun haben. Es wird sich schon alles aufklären, wenn er doch nur endlich jemandem erklären dürfte, wieso er Rebekka verfolgt hat. Aber die Beamten wollen Zeit gewinnen, damit sie sich ein besseres