Bine Thunder

Zwölf sind einer zu viel


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Deutschland. 1634 und 1652 brannte Pyritz erneut ab und die Schweden hielten diesen Teil Pommerns nach dem 30ig jährigen Krieg, noch bis 1720 bzw. sogar einen Teil bis 1815 besetzt und gaben dieses Gebiet erst dann an Preußen zurück.

      1684 hatten sich unsere Vorfahren in Woltersdorf einen Bauernhof erbaut, laut der Jahreszahl an der alten Scheune, auf dem Hof meiner Großeltern, noch Heute gibt es in Schweden den Familienname meiner Großeltern.

      Viele Schweden sind in Pommern beheimatet, deren Ursprung aus der hundert jährigen Besetzung herrührt.

      Heute ist Pommern ein Teil des Landes Polen und wahrscheinlich für Immer verloren …?

      Die Großmutter erzählte oft aus ihrer Jugendzeit im Kaiserreich, von den großen Flottenparaden in der nahen Hauptstadt von Pommern, in Stettin, vor der Hakenterrasse. Die Oder war dort sehr breit und sehr tief, dahinter lag das bekannte Haff, bis kurz vor der Ostsee und war durch einen Fluss verbunden.

      Hier konnten damals schon große Handelsschiffe und natürlich auch Kriegsschiffe in Stettin anlegen und ein- und ausfahren.

      Im Dezember 1882 hatten meine Großeltern in Woltersdorf geheiratet und den Hof übernommen. Es war noch ein richtiger Bauernhof mit Hühnern, Enten, Gänsen, Schweinen, und Schafen, vielen Rindern und Kühen, Zugpferden aus dem schweren Oldenburger Kaltblut-Geschlecht und schöne Reitpferde aus der eigenen Zucht am Hof. Es gehörte wohl zur Tradition, dass am Hof Reitpferde gezüchtet wurden und diese Pferde waren zum Großteil für die Schwedter Garnison.

      In Schwedt leisteten auch viele Männer ihre Dienstzeit für Kaiser und Vaterland ab, wie es damals wohl so hieß.

      Zwei große Schäferhunde und ein Bernhardiner-Paar bewachten den Hof und für die Schafe gab es noch einige Hüter-Hunde.

      Für dies alles und hundert fünfundzwanzig Hektar Land mussten meine Großeltern Sorge tragen. Sie hatten in den Jahren zwischen 1882 und 1900 vier Söhne und drei Töchter.

      Im ersten Weltkrieg verloren die Großeltern den ältesten Sohn und Hoferben, zwei Söhne kehrten verwundet heim.

      1912 heiratete meine Tante Martha einen Bauernsohn aus dem Nachbarort und mit ihrem Erbe kauften sie noch eine Bäckerei in Pyritz. Mein Onkel war hier Bäckermeister und Konditor, uns allen als Opa Wendt bekannt.

      Mein Großvater starb 1916 an einem Herzschlag während des ersten Weltkrieges, Großmutter führte mit einem Verwalter den Hof weiter, ihre zwei Töchter und einige Arbeiter halfen tatkräftig mit.

      Meine Mutter starb kurz nach meiner Geburt und mein Vater starb 1925, als ich vier Jahre alt war. Ich war nun Vollwaise …

      … nach dem Tod meiner Eltern kam ich zu meiner Tante Martha und Onkel Paul Wendt, sie hatten zwei Söhne Günther und Werner. Für mich wurden sie zu meiner Familie und zu meinen Eltern und die Buben zu meinen Brüdern, alle Welt hielt mich in Pyritz für ihre Tochter und für die Schwester meiner neuen Brüder.

      Unsere Mutter ging dann mit fünf Jahren in die Schule, damals war sie schon sehr wissbegierig, vor allem sehr lebhaft. In der Volksschulzeit muss sie ihre Lehrer schon sehr strapaziert haben, denn sie wurde schon in der siebten Klasse für den Übertritt in die Aufbau-Schule freigegeben. So kam es, dass sie vor ihren gleichaltrigen Mitschülern zwei Jahre Vorsprung hatte. 1938 war für sie die Schulzeit beendet und sie musste, wie alle anderen Abiturienten zum Reichs-Arbeitsdienst.

      Drei Monate blieben noch bis zu ihrem Geburtstag, danach ging es drei Monate auf die Handels-Hochschule in Stettin, um die Verwaltungs-Tätigkeit zu erlernen.

      Am 1. Juli 1939 berief sie der Reichs-Arbeitsdienst in das 750 Kilometer entfernte erste Lager in Ortelsburg, ganz im Süden von Ostpreußen. In dem Lager waren sie insgesamt fünfundvierzig Mädchen, diese wurden zur Hilfe bei den Bauern und im Kinder-Garten eingesetzt.

      Es gefiel uns ganz gut, nur die Sprache mit dem harten Dialekt war sehr schwer verständlich und der Herr Pfarrer predigte seinen „Schandteil“ von der Kanzel gleich mit, „… wo der Herrgott sein Haus hin baut, da stellt der Teufel seins daneben …“. Mit diesem Ausspruch meinte dieser „Glaubensvertreter“, sicherlich nur uns?

      Am 1.September 1939 wurde scharf geschossen, der 2. Weltkrieg begann mit dem Überfall auf Polen, es brannte im Ort und wir verließen das Lager im Grenzland und es ging nach Blaustein zurück.

      Hier herrschte wieder der Alltag, fernab der Kriegseinsätze, an den Feiertagen ging es lustiger zu, es gab Musik und fröhliche Unterhaltung, am Abend konnte jeder seine Sachen richten, lesen oder seine Freizeit nach Geschmack verleben. Auch gab es Besuchs-Nachmittage im Lager, Verwandte und Freunde konnten gerne das Lager besichtigen, Heute sagt man wohl „Tag der offenen Tür“.

      Vorher musste zwar alles hübsch aufgeräumt werden, was weniger den Mädchen gefiel.

      … an einem dieser Tage lernte unsere Mutter ihren späteren Mann, unseren Vater kennen.

      Mit Schokolade versuchte er meine Gehilfinnen zu „bestechen“, damit ich schneller oder leichter zu erreichen war. Einige Male fuhr sie auch mit dem Fahrrad nach Rastenburg in meiner Freizeit, wir trafen uns dann im Café oder auf der Dienststelle. Für den folgenden Monat bekam sie eine Abkommandierung nach Lötzen auf die Verwaltungsschule, denn es gab immer neuere Verordnungen, dieses Mal für den Kriegsfall.

      Dort in Lötzen hatten sie sich für einen Kinobesuch verabredetet, danach ging es in eine Weinstube, von dort rief unsere Mutter dann ihren Vormund an und teilte ihm mit, dass sie sich mit Karl verloben wollte. Der Onkel meinte nur, „… was man sich einbrockt, das muss man auch gemeinsam auslöffeln …“.

      Am 29.November 1939 hatten sich unsere Eltern in Lötzen verlobt …

      … sie planten einen gemeinsamen Weihnachtsurlaub, zuerst wollten sie bei ihren Verwandten in Pommern einige Tage verbringen und dann mit ihrem Verlobten bei seinen Eltern Weihnachten feiern, seine Familie kennen lernen und zum Silvesterabend wollten sie wieder in Pyritz sein.

      Aber manchmal geht es ebend nicht nach der Planung, zu Mal der Wettergott nicht mitspielte. Es wurde alles durch einander gewirbelt, mit Verspätungen, sie lernten die gegenseitige Verwandtschaft kennen und kamen zum Schluss zu Karls Eltern. Die zukünftige Schwiegermutter warnte unsere Mutter, „diesen Hallodri nicht zu heiraten …“ und bot ihr, ihre anderen Söhne als Ersatz an …?

      … unsere Mutter blieb bei ihrer ersten Wahl, unseren Vater!

      Unsere Mutter erbat von ihrer Dienststelle in Ostpreußen für die geplante Hochzeit am 24. und 25. Februar 1940 einen Sonderurlaub und um ihre Versetzung nach Pommern, der Urlaub wurde genehmigt, die Versetzung nicht!

      Meine zwei Vetter bekamen keinen Urlaub, denn es war bereits Kriegszustand und es gab für alles schon Bezugsscheine und Verpflegungsmarken. Diese Auflagen verhinderten größere Feste und Feiern …

      Es kamen aber doch viel mehr Gäste als gerechnet! Unsere Mutter war ja dort geboren und wuchs dort bei ihrem Onkel und ihrer Tante auf, die wie ihre Eltern waren …

      … die Hochzeit war sehr schön, es ging mit Kutschen, anstelle von Autos, in die Kirche und gefeiert wurde im Gasthaus Viktoria bei sehr guten Freunden der Familie. Von unserem Vater kamen die Eltern und ein Bruder, trotz der weiten Anreise zur Hochzeit. Die Musik stellte der Kommandeur von unserem Fliegerhorst und auch einige sehr guten Tänzer, sie waren Flieger bei dem berüchtigten Stuka-Geschwader aus der Stadt.

      Nach der Hochzeit ging es zurück nach Rastenburg, kalt war der Winter, aber auch das Bett im Hotel. Unsere Mutter musste noch einen Monat im Lager arbeiten, ihre Sachen übergeben und dann erfolgte die Entlassung zu Ende März.

      Bis zum 15.April 1942 blieben unsere jungen Eltern dann noch zusammen, dann musste unser Vater zu den Soldaten nach Allenstein, die Uniform des Reichs-Arbeitsdienstes wurde getauscht und das Soldatenleben nahm seinen Lauf …

      … Mutter erwartete ihr erstes Kind und es sollte im Oktober geboren werden. Es herrschte trotz der Kriegswirren und der doch spürbaren Einschränkungen im alltäglichen Bereich, große Freude.

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