Ina Pohlmann

Suchtfaktor Liebe


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Gang wie ein „unbedingt“ oder ein einfaches „Ja“. Da kann ich noch so sehr beim Universum bestellen, was ich mir glaubhaft und sehnlich wünsche, ich kriege es nicht. Niemals. Weil ich es gar nicht erkennen würde, auch wenn ich damit Ganzkörperkontakt hätte. Wie schade.

      Traurig? Nein, bin ich nicht. Enttäuscht? Ein wenig vielleicht. Und wovon? Von mir und meinem unerbittlichen Selbstboykott. Jegliche Selbsterkenntnis und aufgesogenes Bewusstsein kann niemals ersetzen, was ein tief sitzendes Ego bereits versaut hat. Und ich falle immer wieder darauf herein. Beratendes Ego – von wegen. Es bringt mich immer wieder auf Abwege, die denen meiner Jugend so sehr ähneln, so gewohnt, so stur, so eigen. Ich bin es leid, ich werde alt und das ist auch gut so. Ich werde allein und einsam sterben, irgendwann in 50 Jahren. Was, so lange noch? Ob ich das aushalte, dieses Perpetuum mobile der Selbstgerechtigkeit und unerwiderten Liebe…

      Wer liebt hier eigentlich wen nicht? Ich will gar nicht mehr lieben, wenn es immer nur so läuft. Das kann nicht das Zeichen dieser Zeit sein. Das wäre echt ziemlich traurig. Wir leben Beziehungen zu jeder Zeit – seien es Liebesbeziehungen, freundschaftliche Beziehungen, familiäre Beziehungen, geschäftliche Beziehungen u. v. m.. Ob wir das wollen oder nicht, wir kommen aus diesen Verpflichtungen nicht heraus. Ich jedenfalls nicht. So sehr wünschte ich mir gewisse Bindungen komplett eliminieren und beenden zu können. Funktioniert nicht. Distanz ja, Ende nein. Und warum? Weil ich mich zum Zeitpunkt X eingelassen habe auf eine Beziehung. Ganz einfach. Und die geht nicht zu Ende wenn ich das will, sondern wenn sie ganzheitlich aus und nutzlos ist. Ich wollte diesen Mann, ich wollte diese Mutter, der Vater mit im Gepäck - und meine Freunde und Feinde hab ich mir schließlich selber ausgesucht und mein Job ist auch nicht einfach so vom Himmel gefallen. Auch wenn ich mir andauernd etwas anderes einreden möchte. Geht nicht. Ist so und bleibt so. Aus die Maus.

      Was tun, wenn nicht lieben – dann eben so weiter leben wie bisher. Und was ist mit Beziehung? Führe ich doch sowieso, hab ich mich doch von überzeugt. Aber doch nicht so! Was hindert mich denn an der ultimativen Lovestory? Ich? Wer sonst. Ich schiebe alles vor, erst dies erledigen, dann das fertig stellen, dann, später, danach, kommt schon noch. Nichts kommt, ich komme nie wieder, wenn ich nicht langsam loslege die zu sein, die ich wirklich bin. Und wer ich bin, das habe ich wohl erkannt. Ich bin ich und nicht Du. Es wäre schön, wenn Du ich wärest. Es reicht aber völlig aus, wenn du du bist und auch bleibst, damit ich ich sein kann. Am liebsten allerdings solltest Du zumindest wie Ich sein. Nicht so tun, sondern wirklich sein. So viele wie ich laufen da draußen nicht herum und da ist es schon wichtig, ob ich suche oder finde. Eins ohne das andere geht wohl nicht. Ich hab’s mit jedem einzeln versucht, mal suchen, mal finden, hat nicht geklappt. Ich trau mich. Ich mach’s anders, ich mach beides. Ich hab nichts mehr zu verlieren. Und irgendwo bist Du, das weiß ich, und wir finden uns, wenn auch Du suchst UND findest.

      Es könnte alles so schön sein. Ist es aber nicht – alles Theorie. Versuch es doch mal! Trau Dich. Das sage ich mir immer wieder, aber irgendetwas hält mich ab davon, wieder ein erfülltes und bereicherndes Liebesleben zu führen. Ich bin bis jetzt noch nicht dahinter gestiegen welchen Sinn und Zweck dieses Unterfangen hat. Jedoch eines ist mir mittlerweile klar – ich will es genauso haben.

      Habe ich denn wirklich genug von all den Verrenkungen, die man in Partnerschaften zu bewerkstelligen hat und kann ich dieser Verrenkung wirklich aus dem Weg gehen? Wenn ich mich verrenke, dann richtig – wo ist der Unterschied, ob ich mich verrenke eine Liebe zu leben, oder ob ich mir einen Nerv einklemme. Richtig, es gibt keinen. Beides hat mit mir zu tun und der Unfähigkeit geradlinig durchs Leben zu wandeln. Permanente Eingebungen aus den Kindertagen sorgen regelmäßig für belustigende Szenarien, die, wüsste ich es nicht besser, anmuten, als wäre ich nicht ganz normal. Ich weiß doch genau, ob ich jemanden tatsächlich begehre oder eben nicht. Und warum mache ich dann immer wieder solch blödsinnige Sachen – liierte Männer, deren Beziehung zu einer anderen Frau mir erst am Ende eines schönen Abends mitgeteilt wird. Als ob ich das nicht merken würde, und trotzdem. Männer, die noch ihrer alten Liebe hinterher hängen, es springt einen förmlich an.

      Warum nur versetze ich mich vornehmlich selbst immer wieder in die Lage diese wesentlichen Fakten geflissentlich zu übersehen – ein Glas Rotwein zu viel. Schöne Ausrede, aber wahr. Benebelte Sinne lassen einen die absurdesten Dinge tun, die wir bei klarem Verstand nun wahrlich vollkommen auszuschließen wüssten. Ich habe da so eine Theorie der selbstlosen Aufopferung an die Liebe, die uns dazu bringt etwas entgegen unserem Gemeinwohl zu tun, wider besseren (un)bewussten Wissens. Von wegen – wir wollen das partout, was wir da gerade tun. Sonst würden wir ja nicht. Ich weiß, es ist nur ein winziger Grad, ein Millimeter bis zum Abgrund – und ich springe. Was für ein befreiendes Gefühl!

      Was bitte ist daran befreiend, wenn ich mit einem Glas Rotwein zu viel Dinge tue, die ich mir normalerweise verweigere. Oder verweigere ich mir durch das Glas Rotwein die Möglichkeit mir wirklich gut zu tun? Letzteres und beides gleichzeitig. Es ist gut, wenn ich mir Dinge verweigere, die mir langfristig nicht gut tun. Was aber, wenn diese Dinge mir eine Erfahrung bescheren können, die mir in meiner bewussten und ganzheitlichen Sicht- und Lebensweise völlig abgeht, weil nicht erfahrbar? Heißt das, ich drifte bewusst durch die Ebenen und Zeiten wie ein Reisender und zwischendurch mal blitzt eine andere Welt auf, die Erfahrungen für mich bereithält, denen ich nicht widerstehen kann? Ja, genauso ist es. Ich will manchmal einfach nicht widerstehen, brav sein oder solide – will mich spüren, meine Grenzen, meine Sehnsüchte, mein altes Ich. Aber nur, damit ich am nächsten Morgen mit einem Schädel aufwache und mir sage – Gott sei Dank ist das nicht mein Leben.

      Doch, ist es. Dieses und kein anderes. Selbst gewählt und deshalb auch, ohne Schimpfwörter zu gebrauchen, gefälligst zu ertragen. Was denke ich denn bloß, warum ich hier bin? Ein Zufall? Nein, der Rotwein wurde mir bereits im Mutterleib in die Wiege gelegt beim Versuch meines Vaters meine Mutter in der heißen Badewanne mit Rotwein abzufüllen, damit man das ungeplante Kind nun doch nicht bekommen müsse. Was für eine Zeit. Rührt dieses Thema mich im Erwachsenenleben wirklich noch an? Das Wissen um diesen Umstand hat sicherlich obige Spuren hinterlassen und die Vaterfigur, in dem Zusammenhang ebenfalls das Männerbild, geprägt. Ich wollte da durch, auf diese Welt, in mein Leben. Ich wollte leben und dazu gehörte natürlich auch der hin und wieder gelebte Exzess! Wein und Mutterliebe. Leben macht süchtig nach mehr – nach mehr Liebe? Klar, von allem nur das Beste, als erste am Ziel, die großartigsten Leistungen waren die, die durch möglichst wenig Einsatz das bestmögliche Ergebnis erzielten. Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

      Ich habe keine Ahnung, wie ich hierhin gekommen bin, aber ich bin da! Zurzeit ohne Männerliebe, aber was soll’s – jetzt weiß ich auch endlich mal was es heißt ein Single-Dasein zu führen. War ich doch immer in Beziehungen mehr oder weniger glücklich verliebt und verstrickt. Er sei mir gegönnt der Single-Status. Es gibt Schlimmeres, sehr viel Schlimmeres… Obwohl, wenn ich’s so recht bedenke habe ich selten so viel geweint, Rotz und Wasser, schlimmer mit mir als mit jedem Mann. Mit Ihnen kann ich nicht, ohne sie noch weniger. Albern aber wahr. Dass ich das jetzt erst erkenne ist ein riesiger Fortschritt, der mich aus der Single-Welt hinauskatapultieren kann – so ich es signalisiere. Ich brauche euch, das sogenannte starke Geschlecht. Erst dadurch werde ich vollständig – was sollte ich ohne Euch anfangen. Wer hätte mich gezeugt, wer meinen Sohn. Mit wem sollte ich die Erfüllung meiner Weiblichkeit feiern? Momentan kein Interesse, denn es gibt Wichtigeres – zum Beispiel dieses Buch. Würde ich es schreiben, wenn es mir wirklich gut ginge? Ja, denn es geht mir gut, sogar sehr gut. Und ich bin sehr glücklich mit mir und meinem Leben und ich schreibe.

      Sehr spannend die zwei Gesichter, die wir alle haben. Wenn ich mich mit den beiden arrangiert habe und die selbstauferlegten Regeln befolge, dann kann mir nichts passieren und ich bin auch in Beziehungen glücklich. Aber ich kann mich einfach nicht damit abfinden: Meine Mutter ist ein herzensguter Mensch, nur im unmittelbaren Kontakt für mich kaum erträglich und es gibt immer wieder Streit, drohender Kontaktabbruch, Dramen und Szenarien. Ich kann das alles schon herunterbeten. Ich werde nie wie meine Mutter, unerbittlich egoistisch, glaubt daran die jüngere Schwester von Mutter Theresa zu sein, aufopfernd und leidensfähig… Ach was rede ich – ich bin genauso geworden und das ist es was mich am meisten zu frustrieren scheint. Was habe ich im Du zu suchen? Verändert Mutter etwas, wenn ich nur lange genug herumstochre? Nein. Jahrzehnte,