Ina Pohlmann

Suchtfaktor Liebe


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Lustiges abgewinnen? Könnte ich darüber lachen, wenn ich involviert wäre? Macht es mir und anderen wirklich Freude? Das sind die neuen Fragen, die ich mir stelle, anstatt mir den Kopf zu zerbrechen über die vorherrschende komplexe Problematik der zwischenmenschlichen Konfliktsituation, oder mich einzumischen in Dinge für die ich nicht verantwortlich zeichne. Das ist nicht ignorant, viel besser, es ist egoistisch. Und das ist gut so.

      Die Zeiten sind vorbei, als dass ich mir meine Freude selbst vorenthalte, nur weil andere es nicht hinkriegen. Das ist meine Verantwortung mir selbst gegenüber und letztlich auch gerecht und gerechtfertigt für die beobachteten Szenarien. In der Normalität des Wahnsinns unseres Lebens ist höchst selten Einspruch zu erheben. Extremsituationen erfordern sicherlich unseren Einsatz, manchmal mit Hilfe extremer Mittel. Der Rest jedoch sollte seinen gewohnten Gang gehen. Einflussnahme wird überbewertet, zumal sie selten belohnt und meist als unangebrachte Einmischung verstanden wird.

      Da haben wir’s – ich tue anderen keinen Gefallen damit. Also lasse ich sie in Ruhe lernen. Nicht zwingend lernen, was ich bereits glaube zu wissen. Wir lernen zwar miteinander, aber ganz oft auch in der Distanz zur Situation ebenfalls übergeordnet. Ich muss nicht zwingend involviert sein, um zu beobachten, zu partizipieren und davon zu profitieren, meine Schlüsse zu ziehen und zu lachen. Ja, lachen!

      Wenn ich Freude empfinden kann bei allem was mir begegnet, den Funken Humor in allem erkenne, dann wird mein Herz gesund und bleibt es auch. Denn das ist es worauf es ankommt. Unser Herz ist das Zentrum der Freude, das im direkten Zusammenhang steht mit unserer Liebe. Ich kann doch nicht den lieben der mich ärgert. Zumindest spüre ich die Liebe dann nicht mehr unmittelbar und entferne mich ganz weit von meiner Freude. Der Motor meines Herzens, der die Liebe erzeugt. Ganz bildlich und anschaulich formuliert, aber so ist es nun mal. Wenn ich keine Freude im Herzen habe kann ich nicht lieben – und lachen schon mal gar nicht. Weiß ich ganz genau, habe ich meine Liebsten lange mit geärgert. Man kann sich ja auch nicht freuen, wenn der Mann nichts Besseres zu tun hat, als Dich bis zur Weißglut zu provozieren. Lachen? Nein, das ging damals gar nicht. Diskussionen um jeden Preis, dem DU erklären, dass es so nicht weitergehen kann, alles verkehrt ist, er und es sich ändern muss, weil ansonsten alles keinen Sinn mehr hat. Wie blöd. Hätte ich drüber gelacht, hätte ich meine Eigenverantwortung übernommen, wäre in mir glücklich gewesen, hätte eventuell sogar dazu beigetragen die gesamte Situation friedlich und frei lösen zu können. Von wegen – zeigt mir den Menschen, der das hinkriegt. Ich schreibe gerade von einem, denn ich habe mir zur Midlife-Lebensaufgabe gemacht:

      Ich ärgere mich nicht mehr über nichts und niemand. Es ist schwierig, zugegeben, aber nicht völlig unmöglich. Hin und wieder scheint es mir zu gelingen, ich nehme verändert wahr, und vor allem fühle ich mich wesentlich besser damit. Und das ist es ja wohl, worum es geht. Ich sorge gut für mich und, wenn ich das gut hinkriege, dann kann ich das auch im WIR üben. Aber auf gar keinen Fall, niemals, nimmer, gestrichen, geteert und gefedert, ganz klares nein – nicht im Du. Da habe ich nichts verloren. Das ist nämlich der Grund, warum es immer wieder Ärger gibt, man selbst sich ärgert und das Gegenüber stresst. Verstehen wir das eigentlich nicht, oder wollen wir es nicht verstehen? Jeder will seine eigenen Erfahrungen machen bevor er sie teilen kann, wenn überhaupt. Und wozu überhaupt teilen? Was soll das für einen Sinn ergeben? Wie kann ich etwas teilen, wenn es untrennbar nur mit meiner eigenen Person verbunden ist? Kann ich Freude wirklich teilen, oder besteht ausschließlich die Möglichkeit sie zu spenden? Im Du kann ich sie teilen, wenn ich da aber nicht hingehöre ins Du, sollte ich sie spenden. Und wie tue ich das? Die Frage stellt sich doch wohl nicht wirklich. Indem ich ich bin und das am Besten in glücklich. In unglücklich gibt es schon genug auf der Welt – wollen mal sehen, ob wir unsere individuelle und freie Welt nicht auf Vordermann kriegen. Mit Humor in Liebe. Das klingt unmöglich – ist es auch. Denn wir sind alle gleich und wo würde das hinführen, wenn jeder nur an sich selber denkt. Dahin, wo wir hingehören – in die Freude! Wir denken zu oft an uns selbst, aber aus den falschen Gründen, anderen Motivationen und mit katastrophalen Auswirkungen auf uns und unser Umfeld, weil wir versäumen, dem Ganzen eine gehörige Portion Freude beizumengen. Freude ist wie das Salz in der Suppe. Die winzige aber wichtige Kleinigkeit, damit alles schmackhaft wird. Jetzt könnten sie sagen – ich kann eine Suppe ja auch versalzen. Was sagt dann der Volksmund? Genau – der Koch ist verliebt! So hätten wir den Kreislauf geschlossen – Freude und Liebe. So kann ich auch kulinarisch meine Erfahrungen untermauern.

      Ich bemühe mich nicht zu versalzen und alles gut abzuschmecken, ausgewogen aber schmackhaft – aber womit? Ein wenig Schärfe dazu, ein bisschen Kräuter hier, Gewürze dort. Jeder favorisiert bestimmte Geschmacksrichtungen, Gaumenfreuden, die einem entgegenkommen. Wie, sie kochen nicht gerne? Das kann ich gar nicht glauben, dieser wesentliche Aspekt von Genuss und Freude, die ein leckeres Mahl bereiten kann, interessiert sie nicht? Oder bevorzugen Sie die Küche von Muttern? Genuss bedeutet genießen ohne selbst Hand anzulegen – also bekocht werden. Soweit kommt das noch. Beurteilen Sie Genuss nach Aufwand, oder können sie nicht genießen, wenn sie selbst involviert sind. Ich persönlich koche gerne und am liebsten gemeinsam. Wer beim Kochen harmoniert muss sich um die Beziehung nicht sorgen. So wie man einen gemeinsamen Urlaub gemacht haben sollte, bevor man sich intensiv zusammen tut, genauso ist gemeinsames Kochen einzuordnen. Liebe geht durch den Magen und das macht Freude. Wenn kochen nicht ihr Steckenpferd ist, müssen sie nicht zwangsläufig davon ausgehen, sie bleiben alleine. Auf jeden Topf gibt es schließlich einen Deckel und essen gehen ist auch was sehr Schönes.

      Genauso wichtig wie die Kochkunst selbst ist die Art und Weise des Verzehrs. Ist mir mein Gegenüber hierbei angenehm ist dies ein großer Pluspunkt. Nichts muss, aber alles kann, wobei nur Einigkeit herrschen sollte. Es gibt nichts schlimmeres, als vom Benehmen des Partners ab geturnt zu sein. Das macht keine Freude. Was nicht ist, kann niemals werden. Vergessen sie es, es wird nicht besser, eher schlimmer. Was aus Liebe und Freude anfangs toleriert wird, wird später zum K.O.-Kriterium. So war es, so ist es und so wird es immer sein. Machen wir uns nichts vor, alles was uns Freude bereitet, wird uns langfristig erfreuen. Alles was Stein des Anstoßes ist, wird mit der Zeit unweigerlich unseren gemeinsamen Abstieg besiegeln. Also orientieren wir uns doch einfach an unserem Lachen und nicht an unserem erstickten Hüsteln aufgrund des Kloßes, der nicht rutschen will. Er wird nicht rutschen, er wird dicker. Nicht nur der Kloß, sondern auch mein Hals. So ’nen Hals… Was hat das mit Freude zu tun? Nichts und deshalb ist es ja so wichtig. Wenn ich sehe was mich ärgert, was ich verdränge, versuche klein zu halten oder zu verniedlichen, wird es mir unweigerlich zum Verhängnis – es holt mich ein und zwar potenziert um ein Vielfaches. Es wird geballte Frustration, die in ihrer Destruktivität kaum zu toppen und vor allem nicht zu stoppen ist. Was hat das mit kochen zu tun – gar nichts mehr. Das kriegt doch nun wirklich keiner runter. Was habe ich schon gelacht zum Thema kochen: Mein Ex aus jüngeren Tagen, der mich in die Kochschule Mama, seine natürlich, schickte, damit sie mir beibringen möge, wie man die einmalige kulinarische Köstlichkeit „Champignon auf Toast“ oder Ragout Fin aus der Dose in fertigen zu erwärmenden Blätterteigbehältnissen zubereitet – von Anrichten war hier nicht die Rede. Ich tat es mir an, zumal mein köstliches „Tagliatelle al Salmone“ nur einen Kommentar zuließ: Nudeln und Fisch – das geht ja gar nicht… Ich hätte es wissen müssen – die Grünkohl-Fraktion war von mir unerreicht, konkurrenzlos und vor allem bah. Genuss sagt viel aus, wenn man es denn sehen will. Damit wir uns nicht falsch verstehen, nichts gegen gutbürgerliche deutsche Hausmannskost, aber das ging gar nicht. Verkorkste spanische Casanova Musik-Fans mit Hang zum Spießbürgertum und dem Geschmack einer verrotzten Bratpfanne – ein Desaster. In deren Augen natürlich ich. Aber wir wissen es jetzt besser – gemeinsames schlemmen war nicht unser Ding und diese Familie nicht meine Welt. Dann lieber mit Freude gegangen, als mit gerümpfter Nase verweilt. Man muss kein Gourmet sein um beurteilen zu können, ob wir einander schmecken oder nicht.

      Das sich riechen können funktioniert ebenso – wenn ich Dich gut riechen kann, dann erfreut mich das bis hin zur absoluten Ekstase. Umgekehrt ist es natürlich dasselbe – ich kann Dich absolut nicht riechen… Was passiert? Du nervst mich, es ärgert der Kontakt mit Dir, Kleinigkeiten lassen aufbrausen, Eskalation programmiert. Vorprogrammiert? Genau. Denn der andere kann mir nicht wirklich auf die Nerven gehen oder Ärger verursachen, denn ich trage es in mir, den Ärger oder die angespannten Nerven. Es umgibt mich selbst, sodass ich mich