Paul-Heinz Schwan

DIE LETZTE KUGEL


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bleibt in jeder Agonie (Qual, Kampf) und Überspannung um sie, wie ein geometrischer Schutzengel, eine unverletzlich exakte Alliierte. Angesichts dieser Kugel ist der Denkende zum Optimismus verdammt: einem exakten Optimismus.

      Optimist – das war nun keine Charakter- oder Stimmungsfrage mehr.

      Das Eine Sein ist reich, d.h. reich an Differenzen die zu einer Hermeneutik (erklären, auslegen‚ übersetzen) der Fülle zwingt. Nicht das Ressentiment (Neid, Groll) gehört an den Anfang, wie es die Psychoanalyse mit Kastration und Mangel tut. Die Fülle gehört dorthin und schaltet ein aristokratisches Licht auf sie. Das Zufiel erklärt das Seiende im Ganzen.

      Sieben exakte Prahlereien verschafften ihr den Rang einer „Kugel des Seienden im Ganzen und brachte sie so in die Vorlage einer theologie- ermöglichenden Funktion.

      Es waren die sieben Rühmungen über:

      die Kugel sei nichts anderes als der Gott

      sie sei deshalb das Schönste

      sie sei die Größte, kein Staubkorn sei außerhalb

      sie sei das weiseste

      sie sei erfüllt vom Schnellsten: dem Geist

      sie sei das Stärkste, durch die Kraft der Notwendigkeit

      sie sei das Göttliche das weder Anfang noch Ende hat

      Das Hinzukommen des Menschen ist überflüssig, macht sie nicht mehr runder, trägt zu dieser ursprünglichen Rundheit nicht bei. Ihm bleibt nur, sich in kontemplativer Dankbarkeit in dieses Optimum einzuordnen.

      Aber auch das Optimum unterlag der Entropie, dem "eingebauten" Wandel" Das An- und Eingebundensein Aller in Allem hielt zwar immerhin ein Weltalter lang das alte Europa mit göttlich- Beauftragten, die die Kugel in Händen oder im Wappen trugen in Atem. Aber auch die Zeit brach in die Kugel eine und rief nun den Seinen zu: Spielt weiter.

      Es muss doch auch Neues zum Guten geben, wenn die bisherigen Kugelhalter ihren Pflichten zur Pflege des Runden nicht mehr nachkamen?

      Wie zum letzten Mal erstellt 1777 ein Dichter in seinem Garten in Weimar einen „Altar des guten Glücks“. Wie? Natürlich als Kugel, die ein Rätsel für die Nachkommenden aufgibt: Was wird aus einer Welt ohne Könige, was aus Königen ohne Kugel?

      Gewidmet ist dieses Denkmal der Tyche Agathe. Tyche ist die antike Göttin des guten oder bösen Schicksals, des Zufalls, des Launischen.

      Die Kugel ruht auf dem Quader. Er steht für Ruhe, Beständigkeit, Verlässlichkeit, Ausgeglichenheit, die Kugel für das Unbeständige, die rast- und ruhelose Bewegung, das Wechselhafte. Wer wird diese Kombination balanciert in die Zukunft tragen?

      poetische einleitung geometrie im ungeheuren

      lernziel: wie die globalisierung vor 2500 Jahren metaphysisch startet

      wie philosophen für „menschen in der welt“ ein „sicherungs-gerüst“ denkend-bauen

      wie die gezügelte vernunft eine affäre mit dem weltganzen eingeht

      und theologen ihre göttliche kugel sprengen die immerhin fast zweitausend Jahre hält

      das projekt der metaphysischen globalisierung

      globalisierung das herrschende motiv

      frühen europäischen denkens

      metaphysiker mathematiker kosmologen

      definierten

      den menschen als

      kugelnschaffendes kugelnbewohnendes tier

      globalisierung wird geometrisierung

      des unermesslichen

      mensch und natur eine technische kooperation

      globalisierung oder sphäropoiese

      ist kernstück des denkens

      mathematische globalisierung

      geht seit 2500 jahren

      der terrestrischen voraus

      sein ist nicht die zeit zum tode

      sondern die zeit die es braucht

      zu begreifen was der raum ist:

      die allerwirklichste kugel

      sie ist der repräsentant

      des weltganzen

      das wurde die entscheidende

      erkenntnistat früher aufklärer

      jede intelligenz ist gezwungen

      ihre lage zum mittelpunkt

      zu überprüfen

      bloße umgebung soll kugel werden

      geometrie läuft ins ethische

      das runde wird der befreundete raum

      die sphaira hieroglyphe des weltganzen

      inlusive himmel

      so werden macht und rund

      ein herrschersignal

      setzt man das kreuz

      auf der kugel

      läuft das bild

      in sakramentale überhöhung

      römische münzen

      liefen um die welt

      wurden zu globalisierungsboten

      sobald die kugel stand

      stand die frage nach

      ihrem herrn und regenten

      wahlweise waren es

      siegesgöttinnen fortunen imperatoren

      gerne missionare

      mit christus als kosmokreator

      danach gruppierten wissenschaftler

      ihr besteck für wendekreise

      meriane und äquator

      später wird der globus

      vom logos und reklame umzogen

      wird spitzensymbol von macht und geist

      doch auf welchem fundament

      steht sie

      wo wäre sie einzubetten

      wer oder was soll sie tragen

      oder hält das umfassende sich selbst

      schwebt ohne anhalt

      im äußeren im leeren

      so entstanden trägerideen

      und lastübernahmebereite figuren

      wie atlas

      von zeus bestellte olympier

      wahlweise auch säulen

      berggipfel

      prometheus tantalos sysyphos philoktet

      alle unlösbar

      an leidvolle überanstregung gefesselt

      ihr können ist ihr leiden

      es wächst die pflicht stark zu sein

      in rom zeugen gladiatoren

      wie es für die mächtigen

      keine erleichterung

      für die schwachen

      keine nachsicht gibt

      parmenideischer augenblick