»Bei Jove,« brummte Grover, »der tolle Jones kämpft mit den Schurken. Wäre ich doch bei ihm geblieben, kann ihm schlecht bekommen, dem Hitzkopf, sind ihrer nur drei gegen vier gute Büchsen.«
Sie hatten sich schon beim ersten Schusse erhoben und standen, durch Bäume gedeckt, zum Kampfe bereit da.
Jetzt brausen auf zu rasendem Laufe angespornten Pferden vier Reiter aus den Büschen, ihnen gegenüber auf die Savanne, dem Waldsaum zu, wo der Hinterhalt lauert.
Noch ist die Entfernung zu weit, um zu feuern.
Sie kommen mit großer Schnelligkeit näher, Grover liegt im Anschlag, seine lange Rifle an den Baum lehnend. Der Mann ist aufgeregt und sein Finger berührt unabsichtlich den Drücker. Krach entlud sich die schwere Waffe ohne daß die Kugel ein Ziel findet.
»Damned my eyes!« flucht er grimmig, »schäme dich, Grover, zitterst wie ein Knabe, der zum erstenmal auf einen Hirsch anlegt,« macht sich aber sofort daran, die Büchse wieder zu laden.
Die Reiter stutzen halten, sie sind immer noch außer Schußweite.
Drei ledige Rosse brechen drüben aus dem Walde, es sind Pferde von Jones.
Die Verfolgten haben augenscheinlich eine kurze Beratung gehalten jetzt wenden sie und reiten in wilder Flucht dem Norden zu.
»Zu Pferde!« ruft Grover, der durch sein Mißgeschick in grimmige Wut versetzt war, und in größter Eile besteigen alle die Rosse.
»Warum du schießen, Grover?« fragt der Indianer.
»Weil ich ein Esel bin. Vorwärts! Das muß ausgeglichen werden, sonst lacht mich ganz Michigan aus, so lange ich lebe.«
Kaum ritten sie in die Savanne, als von derselben Seite, von welcher die Verfolgten gekommen waren, auch Jones mit dem einen seiner Begleiter aus dem Walde brach und in vollem Rosseslauf mit lautem Huppih! und seine Büchse schwingend den Flüchtigen nachsetzte.
Als er an die Gruppe herannahte, schrie er Grover zu: »Wir haben sie, Grover sie nehmen die Prairie, wir haben sie Huppih!«
»Wo ist Miller?« fragte Grover, Miller war der zweite Begleiter von Jones »ist er verwundet?«
»Nein, er fängt die Pferde ein. Huppih! Huppih!« Und die abgematteten Rosse strengen ihre letzten Kräfte an. Die Tiere der Verfolgten sind noch mehr erschöpft, die Verfolger kommen näher, doch schon sind die eilends Flüchtenden dicht am Walde.
Der Graf reitet neben Heinrich und fragt: »Trägt deine Büchse bis zu den Bäumen dort?«
»Ja, Herr Graf.«
»So halte und schieße eines der Pferde an.«
Heinrich zügelt sein Roß, und kaum steht es, so entlädt sich auch seine Büchse und eines der Pferde stolpert, eilt aber doch mit den andern weiter.
»Gut gemacht, Deutscher!« schreit Jones dem, nachdem er mit Blitzesschnelle geladen, heranjagenden Deutschen zu.
Jetzt winkt der Indianer mit der Hand und ruft: »Halt! Halt!« Sie halten.
Eben verschwinden die gehetzten Diebe in dem Dickicht.
»Was heißt das, Indianer?« fragt Jones. »Was gibt's?«
»Willst du Kugel im Leibe haben, Jones? Werden gleich schießen.«
»Du hast recht, Rothaut; das kommt von der Wut. Es wäre kindisch, alter Grover, gegen den Wald dort anzureiten. Die Schurken legen sich natürlich in den Hinterhalt und schießen uns herunter, als ob wir Sperlinge wären.«
»Hierher reiten,« sagt Athoree und lenkt sein Roß gegen eine Bodenanschwellung, welche gegen Kugeln vom Walde her Deckung bietet. Da blitzt auch schon eine Büchse auf, doch die Entfernung ist für die Rifle noch zu groß, nur eine matte Kugel pfeift an ihnen vorüber.
»Jones,« sagt hastig der Indianer, »du oben auf Hügel schleichen, legen in Gras.«
»Was willst du tun?«
»Will nach Wald sehen, ob Morris fortreitet.«
»John, das ist gewagt.«
»Denke, sie reiten schon jetzt, wollen uns nur glauben machen, daß mit Büchse im Anschlag.«
»Dann geh mit Gott.«
Der Indianer warf sich zu Boden und glitt mit der Gewandtheit und Schnelligkeit einer Schlange durch das hohe dürre Gras, während Jones, der Graf und Heinrich abstiegen und die Bodenanschwellung hinaufkrochen, um sich dort mit den Büchsen im Anschlage im Grase niederzulegen und den Wald zu beobachten, während Grover und der Farmer unten die Pferde hielten.
Nach ganz kurzer Frist trat Athoree ganz offen aus dem Walde hervor und winkte mit der Hand.
Schnell bestiegen die Abgesessenen die Pferde wieder und Athorees Roß mit sich führend, bewegten sie sich eilig auf den Indianer zu. Dieser sprang in den Sattel und sagte dabei: »Wie ich denken, er gleich weiter reiten er nehmen Prairie, ihn jetzt fassen.«
So rasch es anging, eilten sie in breiter Front durch den Wald.
Graf Edgar hatte einigen riesenhaften, wahrscheinlich von einem Sturm entwurzelten Baumstämmen ausweichen müssen und war dadurch, daß er gezwungen ward, sie zu umreiten, wohl an hundert Schritte ins Hintertreffen gekommen. Niemand, selbst sein treuer Heinrich nicht, hatte ihn innerhalb der belaubten Wälder vermißt.
Während die andern bereits in die Prairie einritten und sich nach ihren Opfern umsahen, weilte der Graf noch im Walde.
Als er an einer uralten Eiche vorbeiritt, sprang plötzlich Morris dahinter hervor, faßte mit der einen Hand die Zügel und stieß gleichzeitig mit der messerbewehrten Rechten nach dem jungen Manne.
So plötzlich und unerwartet dieser Angriff auch war, so führte der ebenso gewandte als entschlossene Offizier doch einen so kräftigen Stoß mit dem Kolben seiner Büchse nach der Brust des Angreifers, daß dieser zurückwankte und sein Messer den Grafen nicht erreichte.
Morris, ein riesenstarker und zugleich behender Mann, ließ das Messer fallen, faßte mit beiden Händen des Grafen Bein und riß ihn, ehe er auch nur Maßregeln zur Abwehr treffen konnte, herab, so daß er zur Erde stürzte und ihm die Büchse entfiel. Augenblicklich war der Graf aber wieder auf den Beinen und faßte den Gegner fest mit beiden Händen.
Ein wildes Ringen entstand. Der Jüngling besaß außergewöhnliche Körperkraft und er wußte, es galt das Leben; aber sein zur Verzweiflung getriebener Gegner, welcher sich durch die Verwundung seines Pferdes des letzten Rettungsmittels beraubt fand, war ihm überlegen, das fühlte er.
»Hallo! Herr Graf! Herr Graf! Hallo!« ertönte Heinrichs Stimme in nicht großer Entfernung.
Todesangst verdoppelte bei dem Nahen eines zweiten Feindes des Banditen herkulische Kraft und er schleuderte den jungen Mann mit solcher Wucht zu Boden, daß er fast betäubt dalag, unfähig, sich gleich wieder zu erheben. Dann ergriff er seine Büchse, haschte mit wenig Mühe des Grafen Roß, schwang sich darauf und ritt davon, als eben Heinrich sein Pferd auf den Schauplatz drängte. Nur die im Angesichte des Feindes gebotene schnelle Flucht und die Notwendigkeit, einen Schuß in der Büchse zu haben, verhinderten es, daß er dem Grafen eine Kugel zusandte. Mächtig erschrak Heinrich, als er seinen Herrn am Boden liegen sah, und sprang aus dem Sattel.
Doch schon erhebt sich Graf Edgar, »Sei unbesorgt, Heinrich, es ist mir außer einigen Quetschungen nichts geschehen,« und erzählt dem erregten Mann, wie der Bandit ihn überfallen hatte.
Der Jäger half dann dem Grafen auf sein Pferd und führte es durch den Wald nach der Prairie, wo die andern harrten.
Ein Schrei der Wut ließ sich hören, als der junge Offizier den Ueberfall und diesen Ausgang mitteilte.
»Damned his soul!« schrie Jones.
»Ist der größte Schurke entkommen. Was nun? Sollen wir dem Morris nachsetzen oder die Hunde vor uns jagen?«
»Geh,